BGH Beschluss v. - XI ZR 53/18

(Informationspflichten bei einem Verbraucherkreditvertrag in Bezug auf die Kosten)

Gesetze: § 491a Abs 1 BGB vom , § 492 Abs 2 BGB vom , § 495 Abs 2 BGB vom , Art 247 § 3 Abs 1 Nr 10 BGBEG vom , Art 247 § 9 Abs 1 BGBEG vom , Art 10 Abs 2 Buchst g EGRL 48/2008, Art 10 Abs 2 Buchst k EGRL 48/2008, § 543 Abs 2 S 1 ZPO

Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 4 U 35/17vorgehend Az: 8 O 184/16

Gründe

I.

1Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

21. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, der Fall werfe die für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle zu klärende Frage auf, ob der mit einer Ankreuzoption versehene und auch angekreuzte Hinweis bezüglich der Erstattungspflicht von Aufwendungen gegenüber öffentlichen Stellen den gesetzlichen Anforderungen entspreche, ist der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung schon nicht hinreichend dargetan. Die Beschwerdebegründung zeigt nicht auf, dass zu der von ihr formulierten Frage in Rechtsprechung oder Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten würden, sondern beschränkt sich lediglich auf die pauschale Behauptung der Klärungsbedürftigkeit. Ferner liegt keine Abweichung von der Senatsrechtsprechung vor (vgl. Senatsbeschluss vom - XI ZR 573/17, juris, zu einer praktisch wortgleichen Widerrufsinformation der Beklagten).

32. Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Revision auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Rechtsfortbildung zuzulassen, um zu klären, ob nach § 492 Abs. 2 BGB, § 495 Abs. 2 BGB in der vom bis zum geltenden Fassung (künftig: aF), Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB in der vom bis zum geltenden Fassung (künftig: aF), Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB in der vom bis zum geltenden Fassung (künftig: aF) zu den im Darlehensvertrag anzugebenden Kosten auch ein vom Darlehensgeber übernommenes Entgelt für einen zwischengeschalteten Darlehensvermittler gehöre.

4a) Aus der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom , S. 66, Berichtigungen ABl. L 207 vom , S. 14, ABl. L 199 vom , S. 40 und ABl. L 234 vom , S. 46), insbesondere aus ihren Art. 10 Abs. 2 Buchst. g und k, ergibt sich entgegen der Ansicht der Kläger nicht, dass in den Sollzinssatz einkalkulierte Kosten im Darlehensvertrag gesondert anzugeben wären und damit auch eine von dem Darlehensgeber an einen Vermittler gezahlte Provision, die in den Sollzinssatz eingeflossen und somit (nur) mittelbar vom Darlehensnehmer zu tragen ist, im Darlehensvertrag gesondert auszuweisen wäre.

5Nach Art. 10 Abs. 2 Buchst. g der Richtlinie 2008/48/EG sind im Kreditvertrag anzugeben der effektive Jahreszins und der vom Verbraucher zu zahlende Gesamtbetrag, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages, wobei "alle in die Berechnung dieses Zinses einfließenden Annahmen" anzugeben sind. Nach dem - auch in der englischen und französischen Sprachfassung - eindeutigen Wortlaut ist mit "diesem Zins" im zweiten Halbsatz der effektive Jahreszins und nicht der Sollzinssatz gemeint, dessen Angabe in Art. 10 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie 2008/48/EG geregelt ist. Damit schreibt Art. 10 Abs. 2 Buchst. g Halbsatz 2 der Richtlinie 2008/48/EG aber nur die Angabe der Positionen vor, die in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einfließen. Hierfür genügt, soweit Kosten in Rede stehen, die in die Berechnung des Sollzinssatzes eingeflossen sind, die Angabe dieses Sollzinssatzes. Art. 10 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie enthält seinerseits keine entsprechende Regelung, die die Offenlegung der für die Bestimmung eines festen Sollzinssatzes maßgeblichen Parameter vorschriebe.

6Gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. k der Richtlinie 2008/48/EG sind ferner anzugeben: "gegebenenfalls die Entgelte für die Führung eines oder mehrerer Konten für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge, es sei denn, die Eröffnung eines Kontos ist fakultativ, zusammen mit den Entgelten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sonstige Entgelte aufgrund des Kreditvertrags und die Bedingungen, unter denen diese Entgelte geändert werden können". Auch aus dieser Vorschrift ergibt sich nicht, dass bereits in die Kalkulation des Sollzinssatzes eingeflossene Positionen wie z.B. eine Vermittlergebühr gesondert auszuweisen sind.

7Gegen die von den Klägern vertretene Auslegung sprechen zudem Erwägungsgrund 20 und Art. 3 Buchst. g der Richtlinie. Nach Satz 1 von Erwägungsgrund 20 sollten die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher sämtliche Kosten umfassen, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern, Entgelte für Kreditvermittler und alle sonstigen Entgelte, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat, mit Ausnahme der Notargebühren. Dementsprechend definiert Art. 3 Buchst. g als "Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher" sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art - ausgenommen Notargebühren -, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind. Danach ist maßgeblich, welche Kosten der Darlehensnehmer im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat. Im Fall einer in die Kalkulation des Sollzinssatzes eingeflossenen Vermittlerprovision, die vom Darlehensgeber an den Vermittler gezahlt wird, ergeben sich die vom Darlehensnehmer zu zahlenden Kosten bereits aus der Angabe des Sollzinssatzes.

8b) Eine Vorlage an den EuGH ist auch deshalb nicht geboten, weil der streitgegenständliche Darlehensvertrag nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG fällt. Denn diese gilt nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b nicht für "Kreditverträge, die entweder durch eine Hypothek oder eine vergleichbare Sicherheit, die in einem Mitgliedstaat gewöhnlich für unbewegliches Vermögen genutzt wird, oder durch ein Recht an unbeweglichem Vermögen gesichert sind", und nicht für "Kreditverträge, die für den Erwerb oder die Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude bestimmt sind". Beide Ausnahmen sind hier einschlägig, da nach den von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Darlehensvertrag durch eine Grundschuld gesichert war und der Finanzierung einer privat genutzten Immobilie diente. Zudem überstieg der Kreditbetrag die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2008/48/EG vorgesehene Obergrenze von 75.000 €.

9c) Die Grundsatzbedeutung oder ein Rechtsfortbildungsbedarf ergibt sich auch nicht aus den vom Berufungsgericht und der Beschwerdebegründung zitierten Stimmen in der Literatur, nach denen auch eine Provision, die der Darlehensgeber an den Vermittler entrichtet, aber in Form eines Zinszuschlags an den Verbraucher weitergibt, nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF im Vertrag anzugeben sein soll.

10Die drei Kommentierungen (MünchKommBGB/Schürnbrand, 7. Aufl. 2017, § 491a Rn. 30 [ebenso 7. Aufl. 2016, § 491a Rn. 34 und jetzt Schürnbrand/Weber in der 8. Aufl. 2019]; Nobbe in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 12. Aufl., § 491a Rn. 21 [ebenso in der 13. Aufl.]; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 491a Rn. 18) differenzieren nicht zwischen einer offenen Abwälzung auf den Darlehensnehmer und einem "versteckten packing" (zu dem Unterschied MünchKommBGB/Schürnbrand, 7. Aufl., § 655a Rn. 25) und verweisen zur Begründung ihrer Auffassung nur auf verschiedene Gerichtsentscheidungen. Diese sind jedoch nicht als Begründungsersatz geeignet, wie schon das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat.

11So ist das von Kessal-Wulf und von Nobbe - dessen Kommentierung auf Kessal-Wulf in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 8. Aufl., § 491a Rn. 10 zurückgeht, die von Nobbe mit der 9. Auflage weitergeführt wurde - in Bezug genommene Urteil des OLG Frankfurt am Main vom (21 U 209/98, OLGR 1999, 312, 315) unergiebig, da dort eine vom Darlehensnehmer selbst an den Kreditvermittler gezahlte Provision streitgegenständlich war. Soweit das OLG Frankfurt am Main (aaO) das "packing" erwähnt, handelt es sich nicht um eine für die Entscheidung tragende Erwägung und wird ebenfalls keine Begründung gegeben, sondern nur auf die Kommentierung von Kessal-Wulf in Staudinger, BGB, [13. Bearb. 1998,] § 4 VerbrKrG Rn. 55, Bezug genommen.

12Das von Schürnbrand (in MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 491a Rn. 30) erwähnte , WM 2000, 2191) betraf ebenfalls Vermittlungskosten, die vom Kreditnehmer aufgrund eines von ihm mit dem Kreditvermittler geschlossenen Vertrags an diesen bezahlt worden waren, und nicht den Fall einer vom Darlehensgeber an den Vermittler gezahlten und auf den Kunden durch Einbeziehung in den Sollzinssatz verlagerten Vergütung.

13Nur das OLG Dresden (Urteil vom - 8 U 2694/00, WM 2003, 1802, 1808 unter 2. c) bb) hat ausdrücklich entschieden, dass im Fall eines "packing", in dem der Darlehensgeber für die Vermittlung des Darlehensvertrages eine Provision an den Kreditvermittler zahlt und diese Kosten dadurch an den Darlehensnehmer weiterreicht, dass er dem Darlehensvertrag einen höheren Zinssatz als den zugrunde legt, zu dem er zeitgleich nicht fremdvermittelte Kredite anbietet, die Provision gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1d VerbrKrG in der Fassung vom (künftig: aF) in der vom Verbraucher zu unterzeichnenden Vertragserklärung betragsmäßig angegeben werden muss. Allerdings ist auch dieses Urteil nicht ergiebig für die hier in Rede stehende Auslegung von Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF. Denn abgesehen davon, dass sich seine Begründung auf einen Verweis auf Staudinger/Kessal-Wulf (BGB, 13. Bearb. 1998, § 4 VerbrKrG Rn. 53, 55) beschränkt, ist es zu § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1d VerbrKrG aF ergangen, der ausdrücklich die Angabe "etwaiger vom Verbraucher zu tragender Vermittlungskosten" vorschrieb. Dagegen sind in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF die Vermittlungskosten nicht mehr gesondert benannt, so dass Rechtsprechung und Literatur zu § 4 VerbrKrG aF nicht ohne Weiteres übertragen werden können.

14Schließlich ist auch das von Schürnbrand (in MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 491a Rn. 30) zitierte , WM 2012, 1117) nicht geeignet, die von den Klägern vertretene Auffassung zu stützen. Dieses Urteil befasst sich mit den Pflichten des Darlehensvermittlers aus § 655b Abs. 1 Satz 2 BGB in der vom bis zum geltenden Fassung (künftig: aF) und verneint in diesem Zusammenhang eine Pflicht des Vermittlers, auch Provisionszahlungen des Darlehensgebers an andere Vermittler anzugeben (BGH, aaO Rn. 19). Im Rahmen der Begründung wird zwar darauf abgestellt, dass dem Anliegen des Verbrauchers, über die Darlehenskosten umfassend und zutreffend informiert zu werden, und zwar auch insoweit, als diese aus der Einschaltung etwaiger dritter Vermittler resultieren, die Verpflichtung des Kreditgebers aus Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 8 und 10 und Abs. 2 EGBGB aF gerecht werde, in der vom Darlehensnehmer zu unterzeichnenden Vertragserklärung sämtliche Kreditkosten anzugeben, wodurch der Verbraucher einen zureichenden Überblick über die gesamte ihn treffende Kostenbelastung erhalte. Daraus kann aber nicht entnommen werden, dass der Verbraucher im Vertrag auf in den Sollzinssatz einkalkulierte Vermittlungskosten zusätzlich gesondert hinzuweisen ist. Denn ein Überblick über die gesamte Kostenlast erfordert keine Aufklärung über die Kalkulationsgrundlagen des Darlehensgebers.

15d) Gegen die von den Klägern befürwortete Auslegung von Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF dahingehend, dass auch eine im Wege des "(versteckten) packing" über den Sollzinssatz auf den Darlehensnehmer abgewälzte Vermittlungsprovision im Darlehensvertrag gesondert auszuweisen ist, spricht ferner, dass nach der Gesetzesbegründung der Sinn der in dieser Nummer vorgesehenen Information darin besteht, dem Darlehensnehmer einen Überblick über die sonstigen Kosten eines Darlehensvertrags zu schaffen (BT-Drucksache 16/11643 S. 124, re. Sp.). Für einen solchen Überblick ist es nicht erforderlich, die in den nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB aF anzugebenden Sollzinssatz eingeflossenen Kosten gesondert aufzuführen.

16e) Darüber hinaus lässt die Auffassung der Kläger das Zusammenspiel von Art. 247 § 6 Abs. 1 in der vom bis zum geltenden Fassung (künftig: aF) in Verbindung mit Art. 247 § 3 EGBGB aF und Art. 247 § 13 EGBGB in der vom bis zum geltenden Fassung (künftig: aF) außer Acht. Art. 247 § 13 EGBGB aF unterscheidet in Abs. 1 und Abs. 2 zwischen den Angaben, die einerseits der Darlehensgeber und andererseits der Darlehensvermittler gegenüber dem Verbraucher zu machen hat. Gemäß Art. 247 § 13 Abs. 1 EGBGB aF hat der Darlehensgeber in dem Fall, dass bei der Anbahnung oder beim Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags ein Darlehensvermittler beteiligt ist, die Angaben im Vertrag nach Art. 247 § 6 Abs. 1 EGBGB aF um den Namen und die Anschrift des beteiligten Darlehensvermittlers zu ergänzen. Dagegen ist der Vermittler nach Art. 247 § 13 Abs. 2 EGBGB aF verpflichtet, den Verbraucher über das Entgelt zu informieren, dass der Vermittler von dem Verbraucher und / oder von einem Dritten, zum Beispiel dem Darlehensgeber, erhält. Dies gilt nach Art. 247 § 13 Abs. 2 Satz 2 EGBGB aF auch dann, wenn der Vermittlungsvertrag ausschließlich zwischen Vermittler und Darlehensgeber geschlossen wird. Damit hat im Fall einer vom Darlehensgeber gezahlten und nicht gesondert auf den Darlehensnehmer umgelegten Provision gegenüber dem Verbraucher allein der Vermittler für die notwendige Transparenz hinsichtlich dieser Provision zu sorgen.

17f) Schließlich ergibt sich aus der Nennung der von der Beklagten an den Darlehensvermittler gezahlten Provision in dem dem Darlehensvertrag beiliegenden Europäischen Standardisierten Merkblatt (künftig: ESM) nicht, dass die Beklagte Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF im Rahmen ihrer vorvertraglichen Informationspflichten gemäß § 491a Abs. 1 BGB in der vom bis zum geltenden Fassung anders ausgelegt hätte als in Bezug auf ihre vertraglichen Pflichten nach Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF. Denn die Provision ist im ESM nicht unter den Ziffern 10 und 11 (Zusätzliche einmalige bzw. wiederkehrende Kosten) angegeben, sondern als "Zusätzliche Information" ganz am Ende des Formulars.

183. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:090719BXIZR53.18.0

Fundstelle(n):
NJW-RR 2020 S. 116 Nr. 2
WM 2019 S. 2255 Nr. 48
ZIP 2019 S. 2457 Nr. 51
DAAAH-36987