Online-Nachricht - Donnerstag, 05.12.2019

Erbschaftsteuer | Anwendung von durch den Gutachterausschuss ermittelten Liegenschaftszinssätzen (BFH)

Durch den Gutachterausschuss ermittelte örtliche Liegenschaftszinssätze sind für die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Erbschaftsteuer geeignet, wenn der Gutachterausschuss bei der Ermittlung die an ihn gerichteten Vorgaben des BauGB sowie der darauf beruhenden Verordnungen eingehalten und die Liegenschaftszinssätze für einen Zeitraum berechnet hat, der den Bewertungsstichtag umfasst. Auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung oder der Veröffentlichung der Liegenschaftszinssätze durch den Gutachterausschuss kommt es für ihre zeitliche Anwendung nicht an (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: Liegenschaftszinssätze

Nach § 188 Abs. 1 BewG ist Liegenschaftszinssatz der Zinssatz, mit dem der Verkehrswert von Grundstücken im Durchschnitt marktüblich verzinst wird. Anzuwenden sind nach § 188 Abs. 2 S. 1 BewG die von den Gutachterausschüssen (GA) i.S. der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs (BauGB) ermittelten örtlichen Liegenschaftszinssätze. Soweit von den Gutachterausschüssen keine geeigneten Liegenschaftszinssätze zur Verfügung stehen, gilt ein Zinssatz von 5 % für Mietwohngrundstücke (§ 188 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BewG).

Sachverhalt: Die Kläger sind Miterben des am verstorbenen Erblassers. Zum Nachlass gehört ein mit einem Mietshaus bebautes Grundstück in Berlin, das ausschließlich Wohnzwecken dient.

Der GA hat u.a. Liegenschaftszinssätze 2012 für Mietwohnhäuser am beschlossen und am veröffentlicht. Die Liegenschaftszinssätze 2015 für Mietwohnhäuser wurden durch den GA am beschlossen und am veröffentlicht. Sie wurden für das Jahr 2014 berechnet. Bei der Ableitung der Liegenschaftszinssätze bestimmte der GA die Restnutzungsdauer der Gebäude nach den Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV).

Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts ermittelte das FA einen Grundbesitzwert von 1.446.354 €. Dabei ging er von einem gesetzlichen Liegenschaftszinssatz von 5 % aus. Einspruch und Klage, mit denen die Kläger den Ansatz eines interpolierten Liegenschaftszinssatzes 2012 von 5,90 % für das Jahr 2011 (Kaufvertrag) beantragten, blieben erfolglos ().

Der BFH weist die Revision als unbegründet zurück:

  • Vom GA ermittelte Liegenschaftszinssätze sind für die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Erbschaftsteuer geeignet, wenn der GA bei der Ermittlung die an ihn gerichteten Vorgaben des BauGB sowie der darauf beruhenden Verordnungen eingehalten und die Liegenschaftssätze für einen Zeitraum berechnet hat, der den Bewertungsstichtag umfasst.

  • Sie sind auch dann i.S.d. § 188 Abs. 2 S. 2 BewG geeignet, wenn der GA bei deren Ermittlung die Restnutzungsdauer des Gebäudes nach der ImmoWertV und nicht nach dem BewG bestimmt hat.

  • Die zeitliche Anwendung von Liegenschaftszinssätzen für die Bewertung von Grundstücken für Zwecke der Erbschaftsteuer setzt weiter voraus, dass sie für den Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) ermittelt werden. Auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung oder der Veröffentlichung der Liegenschaftszinssätze durch den GA kommt es hingegen nicht an.

  • Im Ergebnis sind die Liegenschaftszinssätze 2015 heranzuziehen, weil sie für die zutreffende Grundstücksart und den im Streitfall maßgeblichen Bewertungsstichtag ermittelt wurden. Der durch das FA festgestellte Wert kann allerdings mangels Verböserungsmöglichkeit im finanzgerichtlichen Verfahren nicht erhöht werden.

Hinweis:

Die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen hatte die Finanzbehörden im Jahr 2014 angewiesen, bei Bedarfsbewertungen im Ertragswertverfahren nach den §§ 184 ff. BewG nicht die vom GA herausgegebenen Liegenschaftszinssätze 2012, sondern die gesetzlichen Liegenschaftszinssätze nach § 188 Abs. 2 S. 2 Nrn. 1 bis 4 BewG anzuwenden.

Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)

Fundstelle(n):
BAAAH-36927