Einkommensteuer | Mitunternehmereigenschaft trotz Treuhandverhältnisses bei einer OHG (FG)
Der Gesellschafter einer OHG trägt
aufgrund der persönlichen Haftung nach
§ 128 HGB
Mitunternehmerrisiko und entfaltet aus der Geschäftsführungs- und
Vertretungsbefugnis Mitunternehmerinitiative. Bei Ausschluss von der
Geschäftsführung und Vertretung kann er ausreichende Mitunternehmerinitiative
aufgrund des verbleibenden Kontrollrechts nach
§ 118 HGB
ausüben. Etwaige Vereinbarungen im Innenverhältnis, die Einschränkungen der
Initiativrechte bzw. Freistellungen von Risiken beinhalten, stehen der
Mitunternehmerstellung eines persönlich haftenden Gesellschafters nicht
entgegen. (; NZB anhängig, BFH-Az. IV B
26/19).
Die Mitunternehmerstellung des persönlich haftenden OHG-Gesellschafters wird durch die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses am Gesellschaftsanteil nicht beeinträchtigt. Die Grundsätze des sog. Treuhandmodells, nach dem ein Kommanditist, der seinen Kommanditanteil treuhänderisch für den Komplementär hält, nicht als Mitunternehmer anzusehen ist, können nicht auf den als Treuhänder fungierenden OHG-Gesellschafter übertragen werden.
Wird eine Mitunternehmerschaft rückwirkend i.S.v. § 20 Abs. 6 UmwStG auf eine Kapitalgesellschaft verschmolzen und scheidet ein Gesellschafter im Rückwirkungszeitraum aus, hat die Zurechnung des auf diesen entfallenden Gewinnanteils im Rahmen eines gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahrens nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO zu erfolgen.
Hintergrund: Das Treuhandmodell bei der KG
Klassischerweise wird für die Zwecke des Treuhandmodells eine gewerblich tätige Kommanditgesellschaft gegründet, an der eine Kapitalgesellschaft als Komplementär die Mehrheit der Anteile hält. Daneben tritt eine Gesellschaft mit geringer Beteiligungsquote als Kommanditist sowie als Tochtergesellschaft des Komplementärs auf. Weiterhin wird vereinbart, dass der Kommanditist (Treuhänder) seinen Anteil an der Kommanditgesellschaft (Treuhand-KG) treuhänderisch zugunsten des Komplementärs (Treugeber) hält.
Die Treuhandvereinbarung bezweckt, dass der Kommanditanteil des Treuhänders in die Vermögenssphäre des Treugebers verschoben wird (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 erste Alternative AO). So verliert der Treugeber seine Stellung als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und die Treuhand-KG ihre Stellung als Mitunternehmerschaft. Der Treugeber wird zum Einzelunternehmer und die Treuhand-KG zur „Ein-Unternehmer-Personengesellschaft” (vgl. ). Eine Gewerbesteuerpflicht besteht in dieser Konstellation nicht. Damit ist die Treuhand-KG im Ergebnis steuerlich inexistent (weitergehende Informationen finden Sie bei und bei ).
Sachverhalt:
An der A OHG waren die A2 AG mit 99,999% sowie die A1 GmbH mit 0,001% beteiligt, wobei beide die Stellung als persönlich haftende Gesellschafter innehatten. Gegenstand der A OHG war das Halten von Tochter- und Beteiligungsgesellschaften und die Erbringung zentraler Verwaltungsleistungen für diese sowie der Groß- und Einzelhandel.
Zwischen der A2 AG (Treugeberin) und der A1 GmbH (Treuhänderin) bestand eine Treuhand- und Haftungsfreistellungsvereinbarung (aus 1998). Danach hielt die A1 GmbH den Geschäftsanteil an der A OHG im Innenverhältnis für Rechnung der A2 AG. Als Treuhänderin hatte die A1 GmbH nach den Weisungen und Richtlinien des Treugebers (A2 AG) zu handeln. Sie war auf deren Verlangen verpflichtet, ihre Gesellschafterstellung aufzugeben oder auf eine von der A2 AG zu benennende Person zu übertragen. Ansprüche gegen die Gesellschaft, etwa auf Beteiligung an deren Gesellschaftsvermögen oder Gewinn, standen ihr nicht zu. Das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung hatte die A1 GmbH unwiderruflich und auf Dauer auf die A2 AG übertragen. Auf der anderen Seite stellte die A2 AG die A1 GmbH von ihrer unbeschränkten Haftung im Außenverhältnis frei.
Für die Jahre 1998 und 1999 wurde die A OHG als unselbständige Betriebsabteilung der A2 AG nach dem sog. Treuhandmodell qualifiziert. Aus diesem Grund wurden keine Feststellungerklärungen für die A OHG abgegeben und entsprechend keine Feststellungsbescheide erlassen. Dieses Treuhandmodell war bisher seitens der Finanzverwaltung unter der Prämisse akzeptiert worden, dass eine Vollkonsolidierung der Personengesellschaftsabschlüsse in den Einzel-Abschluss der A2 AG erfolgte. Aufgrund von Einwendungen der Wirtschaftsprüfer konnte die Vollkonsolidierung nur noch in der Steuerbilanz erfolgen. Daraufhin einigte man sich mit der Finanzverwaltung, dass das Treuhandmodell nur noch bis Ende 1999 steuerlich anerkannt werden könne.
Im April 2000 wurde die M GmbH gegründet. Diese erwarb - ebenfalls im April 2000 - von der A2 AG sämtliche Anteile an der A OHG und der A1 GmbH. Der Übergang der Anteile wurde schuldrechtlich auf den zurückbezogen.
Mit Verträgen aus August 2000 wurde im Wege einer Kettenverschmelzung zunächst die A OHG auf die A1 GmbH und unmittelbar im Anschluss die A1 GmbH auf die M GmbH verschmolzen. Beide Verschmelzungen erfolgten jeweils mit steuerlicher Rückwirkung auf einen Tag im Jahr 1999 (Verschmelzungsstichtag).
Die folgende Betriebsprüfung kam zu dem Ergebnis, dass auch im Jahr 2000 keine steuerlich anzuerkennende Mitunternehmerschaft vorgelegen habe. Das FA argumentierte, dass die A1 GmbH nicht als Mitunternehmerin der A OHG angesehen werden kann, weil sie lediglich Treuhänderin war.
Die Klägerinnen (M GmbH und Rechtsnachfolgerin der A2 AG) streiten mit dem FA darüber, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt.
Das FG Köln führt dazu Folgendes aus:
Die ausdrückliche Benennung der Rechtsformen OHG und KG in § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG spricht dafür, dass ein Gesellschafter stets als Mitunternehmer anzusehen ist, wenn die Gesellschafterstellung dem Leitbild des HGB entspricht.
Diese Kriterien waren für die A2 AG und die A1 GmbH ab dem erfüllt. Beide Gesellschafter sind damit - unter Außerachtlassung des Treuhandvertrages - als Mitunternehmer anzusehen.
Der Treuhandvertrag spricht ebenfalls nicht gegen die Mitunternehmerstellung.
Die A1 GmbH trägt auch Mitunternehmerrisiko, weil sie nach außen für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber Dritten haftet. Die Haftungsfreistellung im Innenverhältnis ändert daran nichts, da sie keine Auswirkung auf die Haftungssituation im Außenverhältnis hat (, Rn. 15).
Die A1 GmbH konnte trotz ihrer Stellung als Treuhänderin Mitunternehmerinitiative entfalten, weil sie sowohl zur Geschäftsführung als auch zur Vertretung der A OHG befugt war und damit die typischen Rechte eines OHG-Gesellschafters wahrnahm.
Der Ausschluss des Stimmrechts fällt demgegenüber nicht weiter ins Gewicht (vgl. auch , Rn. 17; , BStBl II 2007, 927, Rn. 28).
Das Treuhandmodell ist kein eigenständiges Rechtsinstitut, das stets zur Versagung einer Mitunternehmerschaft führt, sofern seine Bedingungen erfüllt sind.
Die Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung auf den steht der Annahme einer Mitunternehmerschaft nicht entgegen. Denn die Rückwirkung bezieht sich nur auf die Einkünftezurechnung und nicht auf deren Qualifizierung. Vielmehr können die rechtlichen Beziehungen zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft steuerlich nur mit Wirkung für die Zukunft gestaltet werden.
Die Kettenverschmelzung der A OHG auf die A1 GmbH und dann der A1 GmbH auf die M GmbH konnte steuerlich mit Wirkung für die Vergangenheit erfolgen (§ 20 Abs. 6 UmwStG). Trotz der steuerliche Rückwirkung der Verschmelzungen auf den besteht die A OHG als Mitunternehmerschaft fort (Mitunternehmer A1 GmbH und A2 AG). Denn ein ausscheidender Mitunternehmer (hier A2 AG) nimmt an der Rückwirkung nicht teil.
Die A1 GmbH kann jedoch nicht von den steuerlichen Wirkungen der Mitunternehmerschaft betroffen sein, da sie - bedingt durch die sie umfassende Rückwirkung - steuerlich nicht mehr existent war. Für Besteuerungszwecke der A2 AG ist die A1 GmbH als existent mit in die Betrachtung einzubeziehen. Dagegen scheidet eine Besteuerung der A1 GmbH selbst im Zeitraum ab dem wegen der Verschmelzung auf die M GmbH aus.
Im Ergebnis liegt daher dem Grunde nach eine Mitunternehmerschaft (A OHG) für die A2 AG und die A1 GmbH vor (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG).
Hinweis:
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Az. IV B 26/19 anhängig.
Quelle: ; NWB Datenbank (ImA)
Fundstelle(n):
DAAAH-33714