Online-Nachricht - Donnerstag, 10.10.2019

Umsatzsteuer | Steuerfreie Leistungen eines Verfahrensbeistands (BFH)

Ein nach § 158 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) gerichtlich bestellter Verfahrensbeistand kann sich auf die unionsrechtliche Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL berufen (, veröffentlicht am ).

Hintergrund: § 4 UStG regelt im nationalen Recht Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen im Rahmen der Umsatzsteuer. Ein Steuerpflichtiger kann sich jedoch im Hinblick auf die Steuerfreiheit seiner Leistungen mangels hinreichender Umsetzung in nationales Recht nach ständiger Rechtsprechung auf die für ihn günstigere Befreiungsnorm der MwStSystRL unmittelbar berufen.

Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte im Streitjahr 2013 u. a. Leistungen als Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG. Sie vertrat die Auffassung, die von ihr erzielten Umsätze aus der Tätigkeit als Verfahrensbeistand seien nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g) und i) MwStSystRL umsatzsteuerfrei. Das Finanzamt ging dagegen von umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen aus. Die Klage vor dem FG Köln hatte keinen Erfolg. Danach seien die Leistungen der Klägerin weder nach § 4 Nr. 25 UStG noch nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g, h und i der MwStSystRL steuerfrei.

Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Klage statt:

  • Die Leistungen der Klägerin sind zwar nicht nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei. Das FG hat allerdings die Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL zu eng ausgelegt und die Leistungen der Klägerin als Verfahrensbeistand daher zu Unrecht nicht als steuerfrei behandelt.

  • Die Leistungen der Klägerin als Verfahrensbeistand sind „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“. Entgegen der Ansicht des FG ist der Verfahrensbeistand aufgrund einer Gesamtwürdigung der maßgeblichen Kriterien auch als soziale Einrichtung anerkannt.

  • Einer Steuerfreiheit nach Unionsrecht kann nicht entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber in § 158 Abs. 7 Satz 4 FamFG von der Umsatzsteuerpflicht der Vergütung des Verfahrensbeistands ausgeht. Die Gesetzesformulierung („ ... die auf die Vergütung anfallende Umsatzsteuer ...“) ist dahingehend auslegbar, dass die Umsatzsteuer nur dann als Bestandteil der Vergütung anzusehen ist, wenn sie nach geltendem Umsatzsteuerrecht geschuldet wird.

  • Soweit sich aus Abschnitt 4.25.2 UStAE ergeben sollte, dass für gerichtlich bestellte Verfahrensbeistände auch die Berufung auf die Steuerbefreiung nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL ausgeschlossen wird, folgt der Senat dem nicht.

Quelle: (cr)

Fundstelle(n):
DAAAH-32301