Einkommensteuer/Verfahrensrecht | Anwendung von § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG im Feststellungsverfahren (BFH)
Bei der gesonderten und
einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach
§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sind
§ 3 Nr. 40,
§ 3c Abs. 2
EStG anzuwenden, so dass die Einkünfte nach Anwendung
dieser Vorschriften grundsätzlich "netto" festzustellen sind. Zulässig ist aber
auch, die § 3 Nr. 40,
§ 3c Abs. 2
EStG unterliegenden laufenden Einkünfte oder
Veräußerungsgewinne zusätzlich "brutto" festzustellen, soweit aus den weiteren
Feststellungen für einen verständigen Empfänger erkennbar ist, dass zur
Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte ein weiterer Rechenschritt
erforderlich ist. Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst dann,
wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der
nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen
i.S. des § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des
Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf.
einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben
(; veröffentlicht am
).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten u.a. darüber, ob über die Anwendung von § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG im Feststellungsverfahren oder erst im Veranlagungsverfahren zu entscheiden ist.
Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:
Zu den selbständig anfechtbaren Feststellungen gehört auch die Feststellung, ob und in welcher Höhe in den Veräußerungsgewinnen (i.S. des § 16 EStG) solche enthalten sind, die unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG fallen.
Die Frage, ob über die Anwendung von § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG im Feststellungsverfahren oder erst im Veranlagungsverfahren zu entscheiden ist, ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt und wird im Fachschrifttum unterschiedlich beantwortet. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist hierüber zwingend im Feststellungsverfahren zu entscheiden.
Die Regelungen betreffen die Höhe der - festzustellenden - steuerpflichtigen Einkünfte der Mitunternehmerschaft i.S. des § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO; die Einkünfte bzw. die diesen zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen sind daher "netto" festzustellen.
Dem in § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO enthaltenen normativen Befehl, die "steuerpflichtigen" Einkünfte festzustellen, wird aber auch dann entsprochen, wenn nicht der Nettobetrag, sondern zusätzlich die in den festgestellten Einkünften bzw. Einkunftsbestandteilen enthaltenen, unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG fallenden Einkünfte "brutto" als "andere Besteuerungsgrundlage" bindend festgestellt werden (sog. modifizierte Bruttomethode).
Endgültig einnahmelos ist eine Kapitalbeteiligung erst dann, wenn feststeht, dass Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen aus der nämlichen Beteiligung niemals als Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen i.S. des § 3 Nr. 40 EStG einer bestandskräftigen Veranlagung des Steuerpflichtigen oder einer bestandskräftigen gesonderten und ggf. einheitlichen Feststellung seiner Einkünfte zugrunde gelegen haben.
Anmerkung von Walter Bode, Richter im IV. Senat des BFH, München:
Die Frage, ob bei Personengesellschaften über die Anwendung von § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG bereits im Feststellungsverfahren oder erst im Veranlagungsverfahren der Gesellschafter zu entscheiden ist, hatte der BFH bislang offengelassen und eine überwiegende Auffassung im Fachschrifttum i.d.S. bejaht, dass nur die steuerpflichtigen Einkünfte nach Anwendung der genannten Steuerfreistellungen "netto" festzustellen sind.
Der BFH hat nun entschieden, dass die Steuerfreistellungen bereits bei Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte der Mitunternehmerschaft zu berücksichtigen sind, wobei die Einkünfte bzw. die diesen zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen grundsätzlich "netto" festzustellen sind.
§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO lässt es aber auch zu, dass die in den festgestellten Einkünften bzw. Einkunftsbestandteilen enthaltenen, unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG bzw. § 8b KStG fallenden Einkünfte "brutto" als "andere Besteuerungsgrundlage" bindend festgestellt werden. Denn bei mehrstöckigen Personengesellschaften soll das Feststellungs-FA keine Ermittlungen zur Rechtsform der Obergesellschafter (natürliche Personen, Körperschaften, Personengesellschaften) anstellen müssen. Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids beschränkt sich in dieser Situation darauf, dass die Einkünfte entweder unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG oder unter § 8b KStG fallen.
Deutlicher konturiert hat der BFH außerdem, wann eine endgültig "einnahmelose" Kapitalbeteiligung, welche die Anwendung des § 3c Abs. 2 EStG ausschließt, vorliegt (2. Leitsatz). Damit soll vermieden werden, dass es zur Prüfung der nämlichen Frage in unterschiedlichen Veranlagungs- bzw. Feststellungszeiträumen mit ggf. unterschiedlichen Ergebnissen kommt.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
IAAAH-31845