Zu § 11 BewG
R B 11.4 Bewertung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft in Sonderfällen
(1) 1Besondere Umstände, die bei der Ermittlung des gemeinen Werts im vereinfachten Ertragswertverfahren und beim Ansatz mit dem Substanzwert nicht hinreichend zum Ausdruck gekommen sind, können nicht durch Zu- und Abschläge berücksichtigt werden. 2Dazu zählen insbesondere
die nachhaltig unverhältnismäßig geringen Erträge bei einem großen Vermögen des Unternehmens,
die schwere Verkäuflichkeit der Anteile,
eine Zusammenfassung aller oder mehrerer Anteile in einer Hand,
die bei einem Verkauf der Anteile bzw. einer Liquidation der Gesellschaft anfallenden Ertragsteuern,
eine Unterkapitalisierung,
das Fehlen eigener Betriebsgrundstücke und -gebäude und
die Vorteile, die eine Kapitalgesellschaft aus der Verbindung zu anderen Unternehmen der Anteilseigner zieht.
3Als besondere Umstände, die bei der Ermittlung des gemeinen Werts nach allen Bewertungsverfahren nicht zu berücksichtigen sind, sind auch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse anzusehen (> R B 9.2).
(2) 1Liegt der besondere Umstand darin, dass die Anteile an der Gesellschaft keinen Einfluss auf die Geschäftsführung gewähren, kommt bei der Ermittlung des Werts im vereinfachten Ertragswertverfahren und beim Ansatz des Substanzwerts kein Abschlag in Betracht. 2Entsprechendes gilt für den Paketzuschlag (> R B 11.8 Absatz 2).
(3) 1Wegen der Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im vereinfachten Ertragswertverfahren bei Neugründungen > R B 199.1 Absatz 4 und 6 Satz 1 Nummer 2 und Satz 2. 2Beim Ansatz des Substanzwerts bleibt der Umstand, dass es sich um eine Neugründung handelt, unberücksichtigt.
(4) 1Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist grundsätzlich auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Gesellschaften anwendbar, zu deren Vermögen Anteile oder Beteiligungen an nachgeordneten Gesellschaften gehören. 2Allerdings ist bei komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen dessen Anwendung grundsätzlich ausgeschlossen (> R B 199.1 Absatz 4 und 6 Satz 1 Nummer 1). 3Sofern das vereinfachte Ertragswertverfahren angewendet wird, sind Anteile und Beteiligungen an nachgeordneten Gesellschaften mit ihrem eigenständig ermittelten gemeinen Wert anzusetzen (§ 200 Absatz 2 und 3 BewG). 4Entsprechendes gilt bei der Ermittlung des Substanzwerts, der jedoch nur anzusetzen ist, wenn die Prüfung ergibt, dass er höher ist als der im vereinfachten Ertragswertverfahren oder unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten des Unternehmens oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelte Wert (§ 11 Absatz 2 Satz 2 und 3 BewG).
(5) 1Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist grundsätzlich auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an Organgesellschaften oder Organträgergesellschaften anwendbar. 2Allerdings ist bei komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen dessen Anwendung grundsätzlich ausgeschlossen (> R B 199.1 Absatz 4 und 6 Satz 1 Nummer 1). 3Sofern das vereinfachte Ertragswertverfahren bei der Organgesellschaft angewendet wird, sind dabei deren Betriebsergebnisse anzusetzen. 4Bei der Ermittlung der Betriebsergebnisse sind der Aufwand aus Gewinnabführungen an den Organträger und der Ertrag aus Verlustübernahmen des Organträgers nicht zu berücksichtigen (§ 202 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 BewG). 5Die Betriebsergebnisse sind um den darauf entfallenden pauschalen Ertragsteueraufwand zu kürzen (§ 202 Absatz 3 BewG). 6Sofern das vereinfachte Ertragswertverfahren bei der Organträgergesellschaft angewendet wird, ist dabei die Beteiligung an der Organgesellschaft mit ihrem eigenständig ermittelten gemeinen Wert anzusetzen (§ 200 Absatz 2 und 3 BewG). 7Die Betriebsergebnisse der Organträgergesellschaft sind um den Aufwand aus der Übernahme von Verlusten der Organgesellschaft zu erhöhen (§ 202 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe f BewG) und den Ertrag aus Gewinnabführungen der Organgesellschaft zu kürzen (§ 202 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe f BewG). 8Die verbleibenden Betriebsergebnisse sind um den pauschalen Ertragsteueraufwand zu kürzen (§ 202 Absatz 3 BewG). 9Ein zusätzlicher Abzug von Ertragsteueraufwand auf die Erträge der Organgesellschaft ist bei der Organträgergesellschaft ausgeschlossen. 10Absatz 4 Sätze 3 und 4 gelten entsprechend.
(6) 1Das vereinfachte Ertragswertverfahren ist auch bei der Ermittlung des gemeinen Werts von Anteilen an einer GmbH, die Komplementärin einer GmbH & Co. KG ist, anwendbar. 2Bei Anteilen an einer Komplementär-GmbH liegt jedoch regelmäßig ein Fall von geringer Bedeutung vor, wenn sie zusammen mit der (anteiligen) Beteiligung an der GmbH & Co. KG übertragen werden und die Komplementär-GmbH neben der Kostenerstattung für die Geschäftsführung der KG nur ein Entgelt für die Übernahme des Haftungsrisikos erhält, aber keine Geschäfte im eigenen Namen betreibt. 3Ist in der Feststellungserklärung der KG der Substanzwert der Anteile an der Komplementär-GmbH angegeben, kann dieser grundsätzlich übernommen werden.
(7) 1Bei Anteilen an einer Gesellschaft in Liquidation ist als gemeiner Wert in der Regel der Substanzwert anzusetzen. 2Es bestehen keine Bedenken, den Liquidationswert anzusetzen (> R B 11.5 Absatz 9).
(8) 1Sind Anteile an einer Gesellschaft mit ungleichen Rechten ausgestattet, ist deren Berücksichtigung weder im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens noch beim Substanzwert möglich. 2Bei der Aufteilung des Gesamtwerts der Gesellschaft auf die Anteile können diese jedoch berücksichtigt werden (> R B 97.6).
(9) 1Hält die Kapitalgesellschaft, deren Anteile zu bewerten sind, eigene Anteile, wirkt sich dies nicht auf die Bewertung der Gesellschaft aus. 2Die eigenen Anteile sind erst im Rahmen der Aufteilung des Werts der Kapitalgesellschaft zu berücksichtigen. 3Sie mindern den Wert des gesamten Nennkapitals um ihren Nennwert (> R B 97.6 Absatz 1).
(10) 1Der gemeine Wert nicht notierter Anteile an einer Kapitalgesellschaft kann aufgrund der Haftungsbeschränkung des Gesellschafters nicht negativ sein, auch wenn der Wert des Betriebsvermögens der Gesellschaft, der sich aus einem Gutachten, nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren oder als Substanzwert ergibt, negativ ist. 2Der Wert nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften ist in diesem Fall mit 0 EUR festzustellen. 3Soweit die Einlage des Gesellschafters noch nicht oder noch nicht vollständig erbracht wurde, hat dies keine Auswirkung auf den gemeinen Wert der Anteile. 4In Erbfällen liegt bei unmittelbarer Beteiligung hinsichtlich der ausstehenden Einlage eine Nachlassverbindlichkeit im Sinne des § 10 Absatz 5 Nummer 1 ErbStG vor und bei Schenkungen eine Gegenleistung, unabhängig davon, ob diese bereits eingefordert wurde. 5Bei mittelbaren Beteiligungen ist im mehrstufigen Feststellungsverfahren die ausstehende Einlage im Rahmen der Bewertung der übergeordneten Gesellschaft zu berücksichtigen.
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VAAAH-28560