BSG Beschluss v. - B 13 SF 7/16 S

Kostenerhebung für eine Anhörungsrüge im sozialgerichtlichen Verfahren trotz vorangegangener Bewilligung von Prozesskostenhilfe

Gesetze: § 1 Abs 5 GKG 2004, § 21 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 22 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 29 Nr 1 GKG 2004, § 35 GKG 2004, § 66 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 66 Abs 5 S 1 GKG 2004, § 66 Abs 6 S 1 GKG 2004, § 178 SGG, § 178a SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG, § 202 S 2 SGG, § 154 Abs 2 VwGO, § 198 GVG, § 119 Abs 1 S 1 ZPO, § 122 Abs 1 Nr 1 Buchst a ZPO

Gründe

1I. Der 10. Senat des BSG hat auf Beschwerde des Klägers und Erinnerungsführers mit Beschluss vom (B 10 ÜG 8/14 B - SozR 4-1720 § 198 Nr 8) einen aufgehoben und die zugrunde liegenden Streitsachen - 138 Entschädigungsklagen gemäß § 198 GVG wegen angeblich überlanger Verfahrensdauer - zur Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Die vom Kläger und Erinnerungsführer hiergegen erhobene Anhörungsrüge hat der 10. Senat mit Beschluss vom (B 10 ÜG 12/15 C) als unzulässig verworfen; dabei hat er dem Kläger gemäß § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens auferlegt.

2Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in der Schlusskostenrechnung vom die vom Kläger als Kostenschuldner zu zahlenden Gerichtskosten für das Anhörungsrügeverfahren gemäß Nr 7400 des Kostenverzeichnisses (KV - Anlage 1; zu § 3 Abs 2 GKG) auf 60 Euro festgesetzt. Der Kläger hat hierzu in einem am eingegangenen Schriftstück mitgeteilt: "Erinnerung gg obigen Kostenansatz u. Antrag gem § 21 GKG - Die Verfahren sind kostenfrei!"

3Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht abgeholfen. Der Kostenprüfungsbeamte ist dieser Entscheidung beigetreten.

4II. Zur Entscheidung über die Erinnerung ist der 13. Senat des BSG gemäß § 66 Abs 1 S 1 GKG iVm RdNr 13 Ziffer 2 des Geschäftsverteilungsplans des BSG für das Jahr 2016 berufen. Er entscheidet durch den zuständigen Berichterstatter als Einzelrichter (§ 66 Abs 6 S 1 iVm § 1 Abs 5 GKG).

5Die Erinnerung, deren Einlegung abweichend von § 73 Abs 4 SGG keine Vertretung durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten erfordert (§ 66 Abs 5 S 1 iVm § 1 Abs 5 GKG), bleibt ohne Erfolg. Die Festsetzung der Gebühr für ein erfolgloses Anhörungsrügeverfahren iHv 60 Euro zu Lasten des Erinnerungsführers ist nicht zu beanstanden.

6Insbesondere liegt kein Fall unrichtiger Sachbehandlung iS von § 21 Abs 1 S 1 GKG vor. Der Erinnerungsführer irrt, wenn er meint, dass Entschädigungsklagen wegen angeblich überlanger Verfahrensdauer gemäß § 202 S 2 SGG iVm § 198 GVG kostenfrei seien. Das Gegenteil ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG ("… oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens <§ 202 Satz 2>, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden."). Dementsprechend sind für eine erfolglose Anhörungsrüge in Bezug auf ein solches Entschädigungsverfahren gesondert für diesen Verfahrensabschnitt (s hierzu Mutschler in Mutschler <Herausgeber>, Kostenrecht in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, 2003, § 1 RdNr 55) die Kosten von demjenigen zu tragen, der das Verfahren beantragt hat bzw dem sie - wie hier dem Kläger und Erinnerungsführer - durch gerichtliche Entscheidung auferlegt wurden (§ 22 Abs 1 S 1, § 29 Nr 1 GKG).

7Nichts anderes ergibt sich daraus, dass dem Kläger und Erinnerungsführer mit Beschluss vom (B 10 ÜG 3/14 BH) für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BSG Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung bewilligt wurde. Zwar bewirkt die Bewilligung von PKH gemäß § 122 Abs 1 Nr 1 Buchst a) ZPO, dass die Bundeskasse entstehende Gerichtskosten nur nach Maßgabe der vom Gericht bei der Bewilligung getroffenen Bestimmungen geltend machen kann. Solche Bestimmungen - insbesondere zu Ratenzahlungen - fehlen hier. Die genannte Freistellung von Gerichtskosten gilt aber nur in dem Umfang, wie PKH bewilligt wurde. Das betraf hier ausweislich des PKH-Bewilligungsbeschlusses vom nur das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, das mit dem in der Hauptsache ergangenen, die Zurückverweisung der Sache an das LSG anordnenden Beschluss vom beendet war. Die gleichwohl vom Kläger selbst (dh nicht von seiner beigeordneten Rechtsanwältin) gegen diese Entscheidung erhobene Anhörungsrüge nach § 178a SGG eröffnete einen eigenständigen Rechtszug iS von § 119 Abs 1 S 1 ZPO (vgl § 35 GKG), da in Nr 7400 KV eine gesonderte Gerichtsgebühr speziell für das Anhörungsrügeverfahren normiert ist (vgl Motzer in Münchener Komm zur ZPO, 4. Aufl 2013, § 119 RdNr 2; Fischer in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl 2015, § 119 RdNr 3). Für dieses gerichtskostenrechtlich eigenständige Verfahren der Anhörungsrüge hätte daher PKH gesondert beantragt werden müssen (vgl - Juris). Das ist hier nicht geschehen und hätte im Übrigen im Fall einer Antragstellung auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt, wie sich aus dem die Anhörungsrüge als unzulässig verwerfenden Beschluss des 10. Senats vom im Einzelnen ergibt. Mangels Bewilligung von PKH auch für das Anhörungsrügeverfahren kann sich der Kläger und Erinnerungsführer mithin nicht darauf berufen, dass er auch von den Gerichtskosten für das Anhörungsrügeverfahren freigestellt sei.

8Die Höhe der Gerichtskosten für das erfolglose Anhörungsrügeverfahren ergeben sich unabhängig vom Streitwert des zugrunde liegenden Verfahrens unmittelbar aus dem Gesetz (60 Euro gemäß Nr 7400 KV).

9Die Kostenentscheidung für das Verfahren der Erinnerung beruht auf § 66 Abs 8 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2016:020316BB13SF716S0

Fundstelle(n):
WAAAH-26996