BSG Beschluss v. - B 1 KR 50/12 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - Zurückweisung eines Befangenheitsantrags gegen Sachverständigen - eingeschränkte Prüfbefugnis des Revisionsgerichts

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 177 SGG, § 202 SGG, § 406 Abs 5 ZPO, § 557 Abs 2 ZPO

Instanzenzug: Sozialgericht für das Saarland Az: S 1 KR 402/05 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht für das Saarland Az: L 2 KR 30/09 Urteil

Gründe

1I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger ist mit seinem Begehren auf Krankengeld (Krg) für die Zeit vom bis im Verwaltungsverfahren und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, der Anspruch auf Krg habe bis geruht. Danach sei der Kläger nicht mehr arbeitsunfähig krank gewesen (Urteil vom ).

2Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG.

3II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG.

41. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf den Zulassungsgrund des Verfahrensfehlers stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36).

5Soweit der Kläger sich sinngemäß gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gegen den Sachverständigen I im wendet, bezeichnet er einen Verfahrensmangel nicht hinreichend. Im Hinblick auf § 557 Abs 2 ZPO (iVm § 202 SGG) unterliegen die dem Endurteil vorausgehenden Entscheidungen der Beurteilung des Revisionsgerichts grundsätzlich dann nicht, wenn sie ihrerseits unanfechtbar sind. Diese Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Revisionsgerichts ist bei Beschlüssen, durch die ein Ablehnungsgesuch gemäß § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 406 Abs 5 ZPO zurückgewiesen wird, gegeben, wenn sie - wie hier - von einem LSG erlassen werden und deshalb gemäß § 177 SGG der Anfechtung mit der Beschwerde entzogen sind. Dies hat zur Folge, dass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich auch nicht als Verfahrensfehler des angefochtenen Urteils iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend gemacht werden kann. Die Bindung des Revisionsgerichts fehlt lediglich, wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs auf willkürlichen oder manipulativen Erwägungen beruht, die für die Fehlerhaftigkeit des als Mangel gerügten Vorgangs bestimmend gewesen sind, oder wenn die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs darauf hindeutet, dass das Gericht Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 Abs 1 S 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl zum Ganzen im Falle der Richterablehnung - Juris RdNr 6; - Juris RdNr 11 mwN; BSG SozR 4-1100 Art 101 Nr 3 RdNr 5 mwN). Entsprechende Darlegungen des Klägers lassen sich seiner Beschwerdebegründung nicht entnehmen.

62. Der Kläger rügt zudem eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention). Der Kläger macht sinngemäß geltend, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei dadurch verletzt, dass das LSG die Beweisfragen in der Beweisanordnung vom abweichend von denen in der Beweisanordnung vom formuliert habe. Er bezeichnet damit keinen Verfahrensmangel in zulässiger Weise. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt Beteiligten schon kein Recht, dem Gericht die zu stellenden Beweisfragen vorzuschreiben. Der Kläger rügt aber im Kern lediglich die Verletzung des § 109 SGG. Er macht nämlich geltend, dass das LSG auf seine Anregung im Schreiben vom nicht eingegangen sei, die Beweisfragen entsprechend zu ändern und er deswegen nicht den Kostenvorschuss geleistet habe, so dass das LSG seinem Antrag nach § 109 SGG, den Facharzt für Orthopädie Dr. D gutachtlich zu hören, nicht entsprochen habe. Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein Kläger indes eine Revisionszulassung nicht auf eine fehlerhafte Anwendung des § 109 SGG stützen, unabhängig davon, worauf dieser Verfahrensmangel im Einzelnen beruht ( - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 5; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 9 RdNr 4; B 9a V 14/05 B - Juris RdNr 9; - Juris RdNr 7; BSG SozR 1500 § 160 Nr 34 S 31; ebenso BVerfG <Kammer> vom - 1 BvR 1425/88 - SozR 1500 § 160 Nr 69 S 76). Selbst das Übergehen eines rechtzeitig gestellten, formgültigen Antrags nach § 109 SGG rechtfertigt keine Zulassung der Revision.

73. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2013:240513BB1KR5012B0

Fundstelle(n):
XAAAH-25172