BGH Beschluss v. - 2 StR 212/18

Konkurrenzverhältnisse bei Betäubungsmitteldelikten: Aufzucht von Marihuanapflanzen zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes und unerlaubtes Handeltreiben

Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 52 StGB, § 53 StGB

Instanzenzug: LG Wiesbaden Az: 3311 Js 15613/16 - 3 KLs

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten S.    wegen „gemeinschaftlichen“ bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bewaffnetem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubtem Besitz zweier halbautomatischer Kurzwaffen zum Verschießen von Patronenmunition und unerlaubten Besitzes von Munition zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Den Angeklagten H.    hat es wegen „gemeinschaftlichen“ bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Entziehung elektrischer Energie zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Angeklagten B.   und Bö.  hat es wegen „gemeinschaftlichen“ unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen, davon in fünf Fällen bandenmäßig begangen, jeweils in Tateinheit mit Entziehung elektrischer Energie verurteilt, den Angeklagten B.   zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und drei Monaten, den Angeklagten Bö.  zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren. Hinsichtlich aller Angeklagten hat das Landgericht jeweils eine Einziehungsentscheidung getroffen.

2Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben Erfolg (§ 349 Abs. 4, §§ 353, 354 Abs. 2 StPO) und führen zu einer Erstreckung der Aufhebung auf die nicht revidierenden Mitangeklagten (§ 357 Satz 1 StPO).

I.

3Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

41. Die Angeklagten und die nichtrevidierenden Mitangeklagten schlossen sich mit weiteren Personen zwischen 2011 und Januar 2017 sukzessive zusammen, um gemeinsam Indoorplantagen aufzubauen, einzurichten und zu betreiben, die der Aufzucht von Marihuana dienten, welches fortlaufend abgeerntet, in 250g-Packungen verpackt und gewinnbringend weiterverkauft wurde. Die Plantagen wurden teils in Wohngebäuden der Angeklagten, teils in eigens dafür erworbenen Gebäuden errichtet und betrieben, wobei in den insgesamt sieben Objekten jeweils elektrische Anlagen mittels Leitern gelegt wurden, die den verbrauchten Strom an den jeweiligen Stromzählern der Energieversorger vorbeiführten, so dass der in den Plantagen durch Lampen, Lüfter und andere Elektrogeräte verbrauchte Strom nicht erfasst und damit auch nicht abgerechnet werden konnte. Es wurden unterschiedlich viele Lampen verwendet, stets aber zwölf Pflanzen pro Lampe angebaut und in Zyklen von acht oder zwölf Wochen abgeerntet, wobei es vereinzelt zu Ernteausfällen kam.

5a) Der Mitangeklagte P.   war Kopf der Gruppierung, organisierte und plante teilweise die Plantagen, teilweise finanzierte er sie und war beratend tätig. In seinem Wohnhaus in Hü.      (Fall II.1. der Urteilsgründe) baute er ab dem Jahr 2011 eine Plantage auf und betrieb diese mit einer wechselnden Anzahl von Lampen bis Mitte des Jahres 2015. Der Angeklagte B.   übernahm dort ab Februar 2014 die Pflege und Ernte (mit Ausnahme der drei letzten Ernten) für ein monatliches Entgelt und war in der Folgezeit im Auftrag von P.   für verschiedene Plantagen „in unterschiedlicher Intensität“ tätig, überwiegend mit „gärtnerischen“ Arbeiten. Auf einem Grundstück in H.  -N.       (Fall II.3. der Urteilsgründe), welches der Angeklagte B.   mit ihm von P.   überlassenem Geld im Oktober 2013 erwarb, baute P.   im Jahr 2014 zusammen mit B.   und dem gesondert Verfolgten Sz.     eine weitere Plantage auf, welche ihren Betrieb im Jahr 2015 aufnahm. In einem Achtwochenzyklus wurde dort bis August 2015 unter Berücksichtigung eines Ernteausfalls zweimal geerntet und das Marihuana über den Angeklagten B.   verkauft, der sich auch regelmäßig auf der Plantage aufhielt, Pflanzen goss, Stecklinge aufzog, Wasserstände kontrollierte und Insektizide versprühte. Nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte B.   hier Partner des Mitangeklagten P.   war. Der Angeklagte Bö.  brachte Erde und Dünger zur Plantage, transportierte Pflanzenreste ab und übernahm zeitweise Tätigkeiten des Angeklagten B.  , wofür er eine Vergütung von 20 € pro Stunde erhielt.

6b) Der Angeklagte Bö.  baute ab Anfang des Jahres 2012 bis zur Aufdeckung der Plantage Ende Januar 2017 in insgesamt vier zeitlich aufeinanderfolgenden Ausbaustufen auf einem ererbten Grundstück in R.  -H.      (Fall II.2. der Urteilsgründe) - beraten durch P.  , der auch die Errichtung vorfinanzierte und organisatorische Hilfe leistete - in einem Zwölfwochenzyklus Marihuana an, welches zunächst über P.  , sodann von Bö.  selbst gewinnbringend verkauft wurde.

7c) Der Mitangeklagte P.   und der anderweitig Verfolgte Sz.     erwarben „im Jahr 2013/2014“ eine Immobilie in N.           (Fall II.4. der Urteilsgründe) und errichteten dort zusammen mit dem Angeklagten Bö.  eine Indoorplantage. Der Angeklagte B.   mietete, als Sz.     nach Beendigung des Aufbaus „aus dieser Plantage“ ausgestiegen war, von diesem die Immobilie und nahm dort im September 2015 seine Tätigkeit (Kontrolle, Pflege und Gießen der Pflanzen) gegen eine monatliche Vergütung von 7.000 € auf. Spätestens zu diesem Zeitpunkt nahm die Plantage ihren Betrieb auf und wurde in der Folge mehrfach erweitert. Der Angeklagte P.   war für die Organisation der Anlage und den Vertrieb verantwortlich; der Erlös kam ihm zugute. Aufgabe des Angeklagten Bö.  war der Materialtransport und einmal auch die Pflege der Pflanzen. Die Mitangeklagten A.   und T.     übernahmen teilweise die Ernte und wurden hierfür mit 73 € pro Lampe vergütet. Der Angeklagte S.    , der ohne gesonderte Vergütung fünf- bis sechsmal die Pflanzen pflegte, übernahm ab September 2015 in Höhe von jedenfalls zwei bis drei kg pro Monat den Verkauf, wobei er das Marihuana, das ihm der Angeklagte B.   übergab, auf Kommission für 4.000 €/kg kaufte und an gesondert verfolgte Abnehmer für 4.400 €/kg verkaufte, und das erwirtschaftete Geld unter Abzug seines Gewinnanteils an B.   gab, der es an P.   weiterleitete. Insgesamt fünf- oder sechsmal verkaufte B.   Marihuana, das er ohne Wissen des Mitangeklagten P.   „abgezweigt hatte“, an den Angeklagten S.    zum Preis von 2.000 €/kg. Als der Angeklagte S.    am festgenommen wurde, konnte in seiner Wohnung verkaufsfertig verpacktes Marihuana aufgefunden werden, in unmittelbarer Nähe dazu in einem nicht verschlossenen Koffer „zwei scharfe nicht geladene“, „funktionsfähige“ Pistolen sowie dazugehörige Patronen.

8d) In M.         -D.      (Fall II.5. der Urteilsgründe) erwarb der Angeklagte B.   im Dezember 2014 - wiederum mit ihm von P.   überlassenem Geld - ein weiteres Grundstück, das gegen eine stundenweise Entlohnung vom Angeklagten Bö.  und dem gesondert Verfolgten Sz.     für den Betrieb einer Plantage umgebaut wurde, die im Herbst 2016 ihren Betrieb aufnahm. Über wen der Verkauf erfolgte, konnte nicht festgestellt werden. Der Angeklagte B.   war auch hier für die Aufzucht und Pflege der Pflanzen sowie die Ernte zuständig, dem Angeklagten Bö.  oblag neben dem Umbau der Transport von Erde und Dünger zur und von Pflanzenresten von der Plantage.

9e) In einem vom Angeklagten H.    im Jahr 2000 erworbenen Haus in L.      (Fall I.6. der Urteilsgründe) betrieben der Angeklagte P.   und der Angeklagte H.    „in einer Partnerschaft zu 50%“ seit Anfang des Jahres 2015 eine ebenfalls fortlaufend erweiterte Plantage. Der Mitangeklagte P.   war auch hier Ideengeber und Mitorganisator. Der Angeklagte H.    führte die Pflanzenpflege durch und übernahm den Verkauf des geernteten Marihuanas. Die Mitangeklagte A.  , die hierfür pauschal entlohnt wurde, und weitere Personen nahmen die Ernte vor. Der Angeklagte B.   holte auf dieser Plantage Stecklinge für die Plantage in N.           ab, der Angeklagte Bö.  belieferte die Plantage „ca. zweimal“ mit Dünger, fuhr Erde hin und transportierte Müll ab, wobei er pro Transportfahrt 200 € erhielt.

10f) Anfang des Jahres 2016 begann der Mitangeklagte He.  , der vom Mitangeklagten P.   hierzu Informationen und Stecklinge erhalten hatte, in W.    -E.   (Fall II.7. der Urteilsgründe) den Betrieb einer Plantage, versorgte die Pflanzen, erntete, verpackte das Marihuana und entsorgte Erde und Pflanzenreste. Der Verkauf des dort gewonnenen Marihuanas erfolgte über den Angeklagten B.  , der es selbst veräußerte oder - in einem Fall - an den Angeklagten S.    zum Weiterverkauf gab, und der vom erzielten Verkaufserlös 200 €/kg einbehielt und 4.200 € an den Mitangeklagten P.   gab, der es in voller Höhe He.   gab. Der Angeklagte Bö.  lieferte einmal Dünger und hatte außerdem einen Schlüssel zum Anwesen, um den Mitangeklagten He.   in dessen Urlaub zu vertreten.

112. Die Strafkammer hat zu jeder Plantage Feststellungen zum Gesamtertrag (Gewicht und THC-Anteil) und - soweit von Relevanz - zu sichergestelltem Marihuana und sichergestellten Pflanzen getroffen. In den Fällen II.4. bis II.7. der Urteilsgründe hat die Strafkammer eine bandenmäßige Begehung angenommen. „Pro Plantagenbetrieb“ sei zugunsten der Angeklagten „von jeweils einer Tat auszugehen“. Insoweit sei „zugunsten der Angeklagten von einem diesbezüglichen allumfassenden Gesamtvorsatz und einer Bewertungseinheit aufgrund der vorliegenden Struktur der Tätergruppierung“ auszugehen.

II.

12Die Rechtsmittel der Angeklagten haben Erfolg. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Strafkammer hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand (1.). Dies beschwert in vorliegendem Fall die Angeklagten. Es ist zu besorgen, dass die rechtlich unzutreffende Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses die rechtliche Bewertung der jeweiligen Tatbeiträge der einzelnen Angeklagten zu deren Nachteil beeinflusst hat (2.). Dies führt hier zur Aufhebung des Urteils insgesamt.

131. Die Annahme jeweils einer alle Verkäufe aus einer Plantage umfassenden einheitlichen Tat (pro Plantage) in Bezug auf jeden Angeklagten ist durchgreifend rechtsfehlerhaft.

14a) Erfolgt die Aufzucht von Marihuanapflanzen zum Zwecke des späteren gewinnbringenden Absatzes der geernteten Pflanzen, geht der Anbau als unselbständiger Teilakt in der Bewertungseinheit des Handeltreibens auf (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom - 2 StR 228/11, NStZ 2012, 43; − 4 StR 318/18, NStZ 2019, 82 jeweils mwN). Gesonderte Anbauvorgänge sind dann grundsätzlich als für sich selbständige, zueinander in Tatmehrheit stehende Taten des Handeltreibens zu bewerten (st. Rspr.; vgl. , juris Rn. 14 [in BGHSt 58, 99 insoweit nicht abgedruckt]). Es kommt nicht darauf an, ob die Pflanzen sukzessive oder gleichzeitig in einer oder mehreren Plantagen angebaut werden. Maßgeblich ist allein der jeweilige Verkaufsvorgang. Dieser stellt die Zäsur des Anbaus dar. Mit ihm konkretisiert sich die Tat des Handeltreibens und trennt die zur Erzeugung des verkauften Betäubungsmittels notwendigen Anbauvorgänge von denen ab, die der Herstellung der nächsten Lieferung und damit der nächsten Tat des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dienen (vgl. − 3 StR 546/14, juris Rn. 10). Nichts anderes gilt, wenn Betäubungsmittel aus einer Plantage mit Pflanzen unterschiedlicher Reifungsgrade, die sukzessiv nach ihrer Reife geerntet werden, verkauft werden oder die Aufzucht der Pflanzen aus dem nachfolgenden Anbauvorgang noch vor der Ernte der zuvor gezüchteten Pflanzen begonnen wurde. Denn daraus folgt nur eine Gleichzeitigkeit der Anbauvorgänge im Sinne einer zeitlichen Überschneidung, die für eine tateinheitliche Verbindung als solche nicht ausreicht (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschluss vom − 2 StR 176/17 mwN). Der bloße gleichzeitige Besitz der bereits abgeernteten, zum Verkauf bei Erreichen einer entsprechenden Menge bereitliegenden Blüten einerseits und der noch auf dem Halm befindlichen Blüten hat nicht die Kraft, die getrennten Handelstätigkeiten zur Tateinheit zu verbinden (vgl. , juris Rn. 6).

15b) Gemessen daran sind nach den Feststellungen der Strafkammer bei jeder Plantage jeweils mehrere selbständige Taten des Handeltreibens gegeben. Der Anbau diente bei allen Plantagen allein dem späteren Verkauf des gewonnenen Marihuanas, welches in Anbauzyklen von acht oder zwölf Wochen abgeerntet und sodann in 250g-Packungen verpackt und gewinnbringend veräußert wurde. Weder ist ein einheitliches Umsatzgeschäft bzgl. der aus einzelnen Anbauvorgängen erzielten Erträge festgestellt, welches zu einer Teilidentität der jeweiligen tatbestandlichen Ausführungshandlungen führen und diese verknüpfen könnte (vgl. , juris Rn. 5), noch ein gleichzeitiger Besitz mehrerer für den Verkauf bestimmter Vorräte in einer Art und Weise, die über eine bloße Gleichzeitigkeit hinausgeht und die Wertung rechtfertigt, dass - etwa wegen eines räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs - die tatsächliche Ausübung des Besitzes über die eine Menge zugleich die tatsächliche Verfügungsgewalt über die andere darstellt (vgl. − 3 StR 95/18, juris Rn. 6). Der Umstand, dass der Anbau mit zuvor aus Mutterpflanzen gezogenen Setzlingen erfolgte, die nach und nach gezogen wurden, führt nicht dazu, dass die an sich getrennten Anbau- und Verkaufsvorgänge im Wege der Bewertungseinheit miteinander verknüpft werden können (Patzak/Goldhausen, NStZ 2014, 384, 387). Eine Bewertungseinheit, bei der eine Mehrzahl auf den Vertrieb von Betäubungsmitteln gerichteter Tätigkeiten tatbestandlich zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden, liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn die verschiedenen Betätigungen, die jeweils von dem pauschalierenden, verschiedene Tätigkeiten umfassenden Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln umfasst werden, sich im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes auf den Vertrieb einer einheitlichen Rauschgiftmenge beziehen ( − 3 StR 487/16, NStZ 2017, 711, 712 mwN). Da das bei jedem Erntevorgang gewonnene Marihuana jeweils eine eigene Handelsmenge darstellt, scheidet eine Bewertungseinheit schon deshalb aus, weil die den Vertrieb fördernden Tätigkeiten hinsichtlich der Einzelmengen jeweils nicht denselben Güterumsatz betreffen (vgl. − 3 StR 95/18, juris Rn. 5). Auf einen „Gesamtvorsatz“, der hier zudem nicht festgestellt sondern lediglich unterstellt ist, kommt es nicht an. Auch der Zweifelssatz gebietet nicht die Annahme einer Bewertungseinheit (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55; , juris Rn. 11, jeweils mwN).

16c) Eine andere Beurteilung ist auch nicht durch die in jeder Plantage vorgenommene Manipulation bei der Stromzufuhr gerechtfertigt. Zwar belegen die Feststellungen eine Verurteilung der Angeklagten wegen Entziehung elektrischer Energie (§ 248c StGB), denn Täter kann nicht nur derjenige sein, der - zu eigenen Gunsten oder zugunsten Dritter - den Leiter, mittels dessen Strom entzogen wird, selbst angebracht hat, sondern auch derjenige, der in Kenntnis des Leiters einer elektrischen Anlage oder Einrichtung Strom entnimmt. Der Tatbestand des § 248c StGB vermag aber nicht die tatmehrheitlich begangenen Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge) zur Tateinheit im Sinne des § 52 StGB zu verklammern, denn zwischen dem Handeltreiben und der Entziehung elektrischer Energie besteht weder annähernde Wertegleichheit noch stellte das verbindende Delikt die schwerste Straftat dar.

172. Die rechtsfehlerhafte konkurrenzrechtliche Bewertung muss hier zur Aufhebung des Urteils führen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich der Rechtsfehler - zumindest teilweise - zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt hat. Die Urteilsgründe lassen besorgen, dass sich die Strafkammer durch ihre auch den Gesamtertrag der Plantage in den Vordergrund stellende „Gesamtbetrachtung“ den Blick auf die jeweiligen Tatbeiträge der einzelnen Angeklagten verstellt, dadurch zuungunsten einzelner Angeklagter von deren Täterschaft und folglich auch von einem unzutreffenden Schuldumfang ausgegangen ist.

18Nach den bislang getroffenen Feststellungen waren einzelne Angeklagte teilweise nur mit unterstützenden Tatbeiträgen und zum Teil nur zeitabschnittsweise tätig, ohne dass ihr Tatbeitrag alle Einzeltaten der Tatgenossen gleichzeitig hätte fördern können. Dies lässt es möglich erscheinen, dass einzelne Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung der Taten lediglich als Gehilfe hinsichtlich einzelner Anbau- und Verkaufsvorgänge und nicht - wie geschehen - als Mittäter aller auf eine Plantage bezogenen Handelstätigkeiten anzusehen sein könnten, sich mithin die von der Strafkammer „für alle Angeklagten“ angenommene Bewertungseinheit tatsächlich nicht „zu deren jeweiligen Gunsten“ ausgewirkt haben könnte. Die Mitgliedschaft in einer Bande bedeutet nicht automatisch ein täterschaftliches bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; die Frage nach einer Bandenmitgliedschaft ist streng von der Frage nach der Beteiligungsform zu trennen (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 30 Rn. 55). Die Feststellung der Bandenmitgliedschaft vermag daher konkrete Feststellungen, welche die Annahme mittäterschaftlicher Mitwirkung an der einzelnen Bandentat tragen, nicht zu ersetzen (Senat, Urteil vom - 2 StR 22/16, NStZ-RR 2016, 375, 376). Zu den wesentlichen Anhaltspunkten für die Beurteilung, ob ein Tatbeteiligter beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Mittäter oder nur Gehilfe ist, zählt auch der Umfang der Tatbeteiligung (vgl. − 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121, 122), wobei vor allem darauf abzustellen ist, welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt (vgl. , juris Rn. 5, mwN). Es ist nicht erkennbar, dass die Strafkammer dies ausreichend in den Blick genommen hat.

193. Der Senat hebt das Urteil insgesamt (auch hinsichtlich der für sich genommen rechtsfehlerfrei festgestellten Waffendelikte) auf, um dem neuen Tatrichter umfassende eigene, widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen. Die Aufhebung ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf die nichtrevidierenden Angeklagten zu erstrecken, weil der dargelegte Rechtsfehler sie gleichermaßen betrifft.

204. Das angefochtene Urteil gibt zu folgenden ergänzenden Hinweisen Anlass:

21a) Die bandenmäßige Begehung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 30a Abs. 1 BtMG, die - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - bislang nicht für alle ausgeurteilten Taten hinreichend festgestellt ist, setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen voraus, die sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbständige, im Einzelnen noch ungewisse der im Gesetz genannten Betäubungsmitteldelikte zu begehen. Ob jemand Mitglied einer Bande ist, bestimmt sich allein nach der deliktischen Vereinbarung, der so genannten Bandenabrede. Die Begründung der Mitgliedschaft folgt nicht aus der Bandentat, sondern geht dieser regelmäßig voraus. Mitglied einer Bande kann auch derjenige Tatbeteiligte sein, dem nach der Bandenabrede nur Aufgaben zufallen, die sich bei wertender Betrachtung als Gehilfentätigkeit darstellen (vgl. , BGHSt 47, 214, 216). Dass sämtliche Angeklagten sich untereinander kennen und gemeinsam an der Abrede beteiligt waren, ist dafür ebenso wenig erforderlich wie ein bestimmender Einfluss eines jeden auf die Aufzucht der Pflanzen sowie den An- und Verkauf (vgl. − 3 StR 407/12, NStZ 2013, 546, 547 mwN). Auch bei untergeordneten Hilfstätigkeiten kann das wiederholte deliktische Zusammenwirken - wenn auch nicht ohne Weiteres - für eine zumindest stillschweigende Bandenabrede sprechen (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 4 StR 499/01, BGHSt 47, 214, 220; vom - 3 StR 355/11, NStZ 2012, 518). Kauft allerdings ein am Betäubungsmittelhandel Beteiligter das von anderen geerntete und verkaufsfertig verpackte Marihuana „auf Kommission“ (wie es hier für den Angeklagten S.    festgestellt ist), bedarf die Annahme einer mit diesem getroffenen Bandenabrede regelmäßig näherer Feststellungen. Gleiches gilt für die Mitgliedschaft eines Beteiligten in einer Bande, von der er (wie es für den Angeklagten B.   bei Fall II.6. der Urteilsgründe festgestellt ist) lediglich Setzlinge für die Aufzucht in einer anderen Plantage abholt.

22b) Der Verbrechenstatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass es vereinzelt zu Ernteausfällen kam. Der Tatbestand ist verwirklicht, wenn mit der Aufzucht der Pflanzen eine nicht geringe Menge des Betäubungsmittels erzielt werden soll ( − 3 StR 407/12, BGHSt 58, 99, 100 f.). Leistet allerdings ein Mittäter oder Gehilfe bei einer Deliktsserie, an der mehrere Personen beteiligt sind, einen nur bestimmte Einzeltaten fördernden Tatbeitrag, so sind ihm nur diese Taten - tateinheitlich oder tatmehrheitlich - zuzurechnen (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 176/17, juris Rn. 11; , juris Rn. 4).

23c) Die Einziehung des zur Tatbegehung genutzten Grundstücks eines Angeklagten kann rechtlich zutreffend auf § 74 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom (BGBl. I, 872) gestützt werden (vgl. , NStZ 2018, 526). Bei der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c StGB) wird aber in den Blick zu nehmen sein, worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat, dass zwar die Erlöse aus Betäubungsmittelgeschäften einzuziehen sind, soweit der Täter selbst wenigstens faktische Mitverfügungsgewalt erlangt hat, dass aber nur ein durch die Straftat tatsächlich erlangter, nicht indes ein aus sichergestellten Ernten lediglich erzielbarer Vermögenszuwachs der Einziehung unterliegt (vgl. − 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:220119B2STR212.18.0

Fundstelle(n):
VAAAH-23236