OFD Nordrhein-Westfalen

Ertragsteuerliche Behandlung von virtuellen Währungen (Kryptowährungen)

Virtuelle Währungen wie z.B. Bitcoins basieren auf der Idee einer staatlich nicht kontrollierten Ersatzwährung mit begrenzter Geldmenge. Die Verwaltung und Schöpfung neuer Werteinheiten erfolgt über ein vorbestimmtes mathematisches Verfahren in einem dezentralen Rechnernetz. Eine Zentralbank, die diese Aufgabe bei realen Währungen wahrnimmt, existiert nicht. Durch diese kryptografischen Berechnungen kann prinzipiell jeder Teilnehmer an der „Geldschöpfung“ (sog. Mining) teilhaben. Mit virtuellen Währungen können inzwischen zahlreiche Waren, Dienstleistungen etc. erworben werden.

Bitcoins und andere Kryptowährungen stellen zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel dar, wurden aber durch die BaFin als Rechnungseinheit i.S. des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG qualifiziert. Da diese Rechnungseinheiten mit Devisen vergleichbar sind, gelten für den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen dieselben Grundsätze, die auch für Fremdwährungsgeschäfte maßgeblich sind.

Kauf und Verkauf von Bitcoins und anderen Kryptowährungen im Privatvermögen

Daraus ergibt sich, dass die Anschaffung und Veräußerung von Bitcoins und anderen Kryptowährungen ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG darstellt, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Wenn mehrere Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge zu verschiedenen Zeitpunkten getätigt wurden, findet gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG die sog. FiFo-Methode (first in, first out) Anwendung. Der Tausch in eine andere Kryptowährung löst dabei ebenso einen Anschaffungs- bzw. Veräußerungstatbestand aus wie der Umtausch in Euro bzw. der Einsatz der Kryptowährung als Zahlungsmittel (z.B. bei einem Einkauf im Internet).

Hinsichtlich der Berechnung des steuerpflichtigen Gewinns, der Freigrenze und der Behandlung von Verlusten wird auf die Ausführungen im Kapitel 2 des Praxishandbuchs „Private Veräußerungsgeschäfte (§ 23 EStG)“ verwiesen, die hier Anwendung finden.

Wenn die Summe aller privaten Veräußerungsgeschäfte i.S. des § 23 Abs. 1 EStG (einschließlich der Veräußerung von Grundstücken und Rechten) nicht die Freigrenze von 600 EUR im jeweiligen Kalenderjahr überschreitet (§ 23 Abs. 3 Satz 5 EStG), sind diese steuerfrei. Sobald diese Freigrenze überschritten wurde, sind sämtliche Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerpflichtig.

Verluste, die bei der Anschaffung und Veräußerung von Kryptowährungen entstehen, dürfen gem. § 23 Abs. 3 Satz 7 EStG nur mit Gewinnen aus anderen privaten Veräußerungsgeschäften desselben Kalenderjahres verrechnet werden. Soweit eine Verrechnung nicht möglich ist, können die Verluste gem. § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG im unmittelbar vorangegangenen Kalenderjahr (Rücktrag) oder in den Folgejahren (Vortrag) mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden.

Anschaffungs- und Veräußerungsvorgänge von Kryptowährungen im Betriebsvermögen unterliegen nicht den vorstehend erläuterten Regelungen des § 23 EStG, sondern den allgemeinen Bewertungs- und Bilanzierungsgrundsätzen. Gewinne und Verluste in diesem Bereich sind im Rahmen der jeweiligen Gewinneinkunftsart zu berücksichtigen. Insb. ist hierbei zu beachten, dass die Jahresfrist und die Freigrenze nicht anwendbar sind.

Mining von Kryptowährungen und Veräußerung selbst geschöpfter Rechnungseinheiten

Kryptowährungen, die durch sog. Mining selbst erzeugt wurden, bzw. die Veräußerung von selbst erzeugten Kryptowährungen unterliegen nicht den Regelungen des § 23 EStG, da kein Anschaffungsvorgang vorliegt. Mittlerweile ist aufgrund der erforderlichen Anfangsinvestitionen (insb. hohe Rechnerleistungen sowie laufend hohe Stromkosten) insoweit regelmäßig von Einkünften aus Gewerbebetrieb auszugehen.

Das Tatbestandsmerkmal der selbstständigen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist in den betreffenden Fallkonstellationen jedenfalls dann erfüllt, wenn der Steuerpflichtige über den Umfang der eingesetzten Rechnerleistung eigenständig entscheidet. Wegen der in der Regel erforderlichen hohen Rechnerleistung, der immer komplexeren kryptografischen Aufgaben sowie der damit zusammenhängenden Investitionen ist von einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zudem dann auszugehen, wenn die durch Mining gewonnenen Kryptowährungen veräußert, gegen andere Kryptowährungen getauscht oder als Zahlungsmittel eingesetzt werden. Liegen hohe Anfangsinvestitionen (aufgrund hoher Rechnerleistungen) vor, kann überdies auf eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG des Steuerpflichtigen geschlossen werden.

Weiteres Vorgehen

Die im Zusammenhang mit der ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen bestehenden Fallgestaltungen und weiteren Problemfelder werden derzeit auf Bund-Länder-Ebene diskutiert.

Vor diesem Hintergrund wird gebeten, steuerrechtliche Fragen und/oder bestehende Praxisprobleme dem jeweils zuständigen Fachreferat der OFD NRW zu melden.

Ferner wird gebeten, Fälle des gewerblichen Minings von Kryptowährungen zu berichten und dabei insb. Angaben zu eventuellen Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsermittlung sowie Gewinn- bzw. Verlusthöhe zu machen.

OFD Nordrhein-Westfalen v.

Fundstelle(n):
LAAAH-23099