Fortbildung des Rechts notwendig
Nicht jeder Fehler lässt sich nachträglich korrigieren
Mit seiner Fahrschul-Entscheidung v. hat der EuGH das bisherige (weite) Verständnis von der Steuerbefreiung auf Bildungsleistungen völlig neu geordnet und damit – in Abkehr zu seiner früheren Rechtsprechung – den unionsrechtlichen Begriff des „Schul- und Hochschulunterrichts“ stark eingeschränkt. Wesentliches Merkmal ist nunmehr, dass der Unterricht nicht lediglich einen spezialisierten Bereich abdeckt, sondern eine Vielzahl von Unterrichtsinhalten umfasst, mithin allgemeinbildend ist. Mit dieser strengen Interpretation der Anforderungen an die Umsatzsteuerbefreiung von gewerblichen Bildungsleistungen hat das höchste EU-Gericht zugleich der seit einiger Zeit festzustellenden Tendenz in der nationalen Finanzrechtsprechung, den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung sehr weit zu fassen, eine Absage erteilt. Durch den am veröffentlichten Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften hat nun (endlich) auch das BMF auf die EuGH-Rechtsprechung reagiert und eine Anpassung der nationalen Regelung in § 4 Nr. 21 UStG an die unionsrechtlichen Vorgaben vorgeschlagen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen unterzieht Hartman auf die bislang zur Steuerfreiheit von Bildungsleistungen ergangenen BFH- und Finanzgerichtsurteile einer kritischen Würdigung, inwieweit diese weiterhin Geltung beanspruchen können.
Eine Fortbildung des Rechts ist angesichts der unterschiedlichen Sichtweisen der Finanzgerichte auch hinsichtlich der Frage, ob die Nichtberücksichtigung einer Einzahlung in die Kapitalrücklage im Rahmen der Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos eine offenbare Unrichtigkeit darstellt, dringend notwendig. Zu diesem Ergebnis kommen Hohage/Schäfer im Rahmen ihrer Analyse der bisher entschiedenen Streitfälle zum Änderungspotenzial der in § 129 AO geregelten Korrekturmöglichkeiten eines fehlerhaft festgestellten Einlagekontos. Während einige Finanzgerichte den Anwendungsbereich des § 129 AO eher großzügig sehen und eine nachträgliche Änderung zugelassen haben, lehnen andere dagegen – bei gleicher Fallkonstellation – eine Berichtigung des bestandskräftigen Feststellungsbescheids ab. Die Revisionszulassung durch das bietet nunmehr die Gelegenheit zu einer wünschenswerten Klarstellung für diese bisher offensichtlich nicht eindeutig zu verstehende Korrekturnorm. Im Streitfall war die Unrichtigkeit zwar durch die Erläuterungen in der eingereichten Bilanz ersichtlich, jedoch haben die GmbH-Gesellschafter die Einzahlungen in die Kapitalrücklage teilweise in Schweizer Franken vorgenommen, so dass die konkrete Höhe nicht ohne weiteres erkennbar war. Es bleibt zu hoffen, dass der BFH die Gelegenheit nutzt und in diesem Bereich etwas Rechtssicherheit schafft.
Beste Grüße
Claudia Kehrein
Fundstelle(n):
NWB 2019 Seite 1569
NWB UAAAH-15466