BGH Urteil v. - IV ZR 59/18

Auslegung der Risikoausschlussklausel einer Rechtsschutzversicherung betreffend Kapitalanlagegeschäfte

Leitsatz

Die in einer Rechtsschutzversicherung enthaltene Ausschlussklausel für "Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung" erfasst auch die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

Gesetze: § 3 Abs 2 Buchst g ARB, § 5a VVG

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 2 S 1925/17 Urteilvorgehend AG Hersbruck Az: 5 C 1009/16

Tatbestand

1Der Kläger nimmt seinen beklagten Rechtsschutzversicherer auf Gewährung von Rechtsschutz für eine Auseinandersetzung mit seinem Lebensversicherer um die Rückzahlung von Versicherungsprämien in Anspruch.

2Er unterhält bei der Beklagten seit dem eine Rechtsschutzversicherung, der Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung - gültig ab - (im Folgenden nur: ARB) zugrunde liegen. Darin heißt es unter anderem:

"§ 2 - Für welche Rechtsangelegenheiten gibt es Rechtsschutz?

Je nach Vereinbarung ... umfasst der Versicherungsschutz folgende Leistungsarten:

...

d) Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht

um Ihre rechtlichen Interessen wahrzunehmen, aus privatrechtlichen Schuldverhältnissen und dinglichen Rechten.

...

§ 3 - Welche Rechtsangelegenheiten umfasst der Rechtsschutz nicht?

In folgenden Fällen haben Sie keinen Versicherungsschutz: ...

(2) ...

g) Streitigkeiten aus Kapitalanlagegeschäften aller Art und deren Finanzierung; ...

§ 4 - Wann entsteht der Anspruch auf eine Rechtsschutzleistung?

(1 )Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls, der nach Beginn des Versicherungsschutzes gemäß § 7 und vor dessen Ende eingetreten ist.

Der Rechtsschutzfall tritt ein:

a) im Schadenersatz-Rechtsschutz gemäß § 2 a) ...

b) im Beratungs-Rechtsschutz für Familien-, Lebenspartnerschafts- und Erbrecht gemäß § 2 k) ...

c) in allen anderen Fällen von dem Zeitpunkt an, in dem Sie oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll; ...

...

(4) Es besteht kein Rechtsschutz, wenn

a) eine Willenserklärung oder Rechtshandlung, die vor Beginn des Versicherungsschutzes vorgenommen wurde, den Verstoß nach Absatz 1 c) ausgelöst hat; ...

..."

3Der Kläger hatte mit Versicherungsbeginn eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen, für die er nachfolgend Prämienzahlungen in Höhe von 9.550,50 € leistete, ehe er mit anwaltlichem Schreiben vom den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. erklärte und von seinem Lebensversicherer die Erstattung der eingezahlten Prämien nebst Nutzungen begehrte. Mit Schreiben vom wies der Lebensversicherer den Widerspruch und das Zahlungsbegehren zurück.

4Der Kläger bat daraufhin die Beklagte um Deckungsschutz für die erstinstanzliche Geltendmachung des Anspruchs und die vorgerichtliche Auseinandersetzung.

5Die Beklagte lehnte die erbetene Kostenzusage ab. Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Kapitalanlagegeschäften aller Art sei vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Zudem sei der in der Verweigerung der Rückabwicklung der fondsgebundenen Lebensversicherung liegende Verstoß bereits durch die im Jahr 2004 und damit vor Beginn der Rechtsschutzversicherung erteilte Widerspruchsbelehrung "ausgelöst" worden.

6Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet sei und ihn ferner von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen freizustellen habe.

7Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat ihr mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Nebenforderungen stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Gründe

8Über die Revision der Beklagten ist, da der Kläger trotz ordnungsgemäßer Ladung im Termin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des Antrags (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom - VI ZR 93/10, BGHZ 191, 219 Rn. 8 m.w.N.).

9Die Revision hat Erfolg und führt zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

10I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Entscheidung in r+s 2018, 248 veröffentlicht ist, hat der Kläger im versicherten Vertragsrechtsschutz Anspruch auf Versicherungsschutz. Der Rechtsschutzfall liege in versicherter Zeit. Er sei in der Weigerung des Lebensversicherers zu sehen, das Widerspruchsrecht des Klägers anzuerkennen und ihm den geforderten Betrag zurückzuzahlen.

11Die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Lebensversicherungsvertrag unterliege hierbei nicht dem Ausschluss des § 3 Abs. 2 lit. g) ARB. Nach der gebotenen engen Auslegung dieses Ausschlusses sei der Versicherungsvertrag - möge er auch bedeutende Züge einer Kapitalanlage tragen - kein Kapitalanlagegeschäft im Sinne der Klausel. Eine fondsgebundene Lebensversicherung erfülle zwar bei wirtschaftlicher Betrachtung die Kriterien einer Kapitalanlage. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nehme einen Vertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung aber nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - als Kapitalanlage, sondern wesentlich - jedenfalls auch - als Versicherungsvertrag wahr. Dass ein "Mitwirken" eines Kapitalanlagegeschäfts - also eine Mischform - ausreichen solle, werde für den Versicherungsnehmer nicht deutlich.

12An diesem Ergebnis ändere auch der Zusatz "aller Art" nichts. Diesen werde ein verständiger Versicherungsnehmer so interpretieren, dass zunächst überhaupt ein Kapitalanlagegeschäft im Sinne der Ausschlussklausel anzunehmen sein müsse und erst dann in einem zweiten Schritt klargestellt werde, dass es für den Ausschluss nicht darauf ankomme, welcher "Art" das Kapitalanlagegeschäft sei. Mit der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel sei ein Verständnis dahingehend, dass schon der Begriff des Kapitalanlagegeschäfts Geschäfte "aller Art" umfassen solle, also solche, die "irgendwie" Kapital zum Gegenstand hätten, nicht zu vereinbaren. Auch einen in der Rechtssprache umfassenden, in seinen Konturen eindeutigen Begriff des "Kapitalanlagegeschäfts", gebe es nicht.

13II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

141. Allerdings ist der Rechtsschutzfall - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - erst in versicherter Zeit durch die Weigerung des Lebensversicherers eingetreten, das Widerspruchsrecht des Klägers anzuerkennen und ihm die verlangten Prämien nebst gezogener Nutzungen zu erstatten (vgl. Senatsurteil vom - IV ZR 23/12, r+s 2013, 283 Rn. 12 ff.). Der Deckungsanspruch des Klägers scheitert entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daran, dass bereits die in vorvertraglicher Zeit im Jahr 2004 erteilte Widerspruchsbelehrung des Lebensversicherers den ihm angelasteten Verstoß "ausgelöst" habe und deshalb nach § 4 Abs. 4 lit. a) ARB kein Versicherungsschutz bestehe. Denn die Beklagte kann sich auf die so genannte Vorerstreckungsklausel in § 4 Abs. 4 lit. a) ARB nicht berufen, weil diese Klausel intransparent und mithin nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, wie der Senat mit seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urteil vom (IV ZR 200/16, r+s 2018, 425 Rn. 23 ff.), dem eine wortgleiche Klausel zugrunde lag, entschieden und im Einzelnen begründet hat.

152. Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das angefochtene Urteil sei in dem letztgenannten Punkt nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr. 6 ZPO). Zwar hat sich das Berufungsgericht mit dem Einwand der Beklagten nicht auseinandergesetzt. Dennoch greift die Rüge nicht durch. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 547 Nr. 6 ZPO aus prozesswirtschaftlichen Gründen nicht heranzuziehen, wenn - wie hier - das nicht erörterte Verteidigungsmittel zur Abwehr der Klage ungeeignet ist (vgl. , NJW 2012, 1356 Rn. 27; zu § 551 Nr. 7 ZPO a.F.; vom - III ZR 269/88, NJW 1990, 2199 unter VII 1 [juris Rn. 39], insoweit in BGHZ 110, 104 nicht abgedruckt; vom - II ZR 208/88, VersR 1989, 761 unter 2 [juris Rn. 9]; vom - IVb ZR 351/81, NJW 1983, 2318 unter A I 7 [juris Rn. 18]; , BGHZ 39, 333, 338 f.). Mangels Entscheidungserheblichkeit greift auch die Rüge der Revision aus Art. 103 Abs. 1 GG nicht durch.

163. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Deckungsschutz aber nach § 3 Abs. 2 lit. g) ARB ausgeschlossen. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.

17a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. , r+s 2018, 373 Rn. 16; vom - IV ZR 151/15, r+s 2017, 478 Rn. 26; vom - IV ZR 245/15, r+s 2016, 462 Rn. 22; vom - IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 17; vom - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 [juris Rn. 14]; st. Rspr.).

18Dieser Grundsatz erfährt nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verbindet. In diesen Fällen ist im Zweifel anzunehmen, dass auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen darunter nichts anderes verstehen wollen. Ein von der Rechtssprache abweichendes Verständnis kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn das allgemeine Sprachverständnis von der Rechtssprache in einem Randbereich deutlich abweicht oder wenn der Sinnzusammenhang der Versicherungsbedingungen etwas anderes ergibt (, r+s 2017, 421 Rn. 16; vom - IV ZR 245/15 aaO; jeweils m.w.N.).

19b) Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, ist der Begriff "Kapitalanlagegeschäft" kein fest umrissener Begriff der Rechtssprache in diesem Sinn. Er verweist zwar auf rechtliche Kategorien; die Rechtssprache verbindet mit ihm aber keinen fest umrissenen, begrifflich festgelegten Inhalt (so auch Buschbell in ders./Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 6. Aufl. § 7 Rn. 103; Lensing in Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 4. Aufl. § 27 Rn. 415; jeweils zum Begriff "Kapitalanlage").

20Eine abschließende, gewissermaßen allgemeingültige Bestimmung dessen, was ein "Kapitalanlagegeschäft" ausmacht, gibt es nicht. Schon der ihm innewohnende Begriff der "Kapitalanlage" ist in seinen rechtlichen Konturen nicht eindeutig festgelegt. Zwar verwenden ihn verschiedene gesetzliche Vorschriften allein oder als Bestandteil eines anderen Begriffs ("Kapitalanlagegesellschaft", "Kapitalanlagebetrug"), wie etwa § 341d HGB, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 EStG, § 21 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 KStG, das Kapitalanlagegesetzbuch in seinem Titel, § 54b Abs. 1 Nr. 1 VAG in der bis zum geltenden Fassung und § 264a StGB in der amtlichen Überschrift. Er wird aber je nach dem besonderen Regelungsgegenstand des Gesetzes unterschiedlich verstanden. Weder existiert eine einheitliche gesetzliche Definition des Begriffs noch hat sich ein für alle Rechtsgebiete gleichermaßen geltendes Begriffsverständnis herausgebildet. Der Begriff ist damit im Bereich der Rechtssprache nicht genügend fest umrissen (a.A. OLG Düsseldorf r+s 2015, 18, 20 [juris Rn. 35]).

21c) Demgemäß kommt es für die Auslegung der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel auf die Verständnismöglichkeiten und auch auf die Interessen des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Versicherteninteresse bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin geht, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (vgl. nur , r+s 2013, 382 Rn. 41; vom - IV ZR 226/01, BGHZ 153, 182, 187 f. [juris Rn. 24]; vom - IV ZR 89/98, VersR 1999, 748 unter 2 a [juris Rn. 10]; jeweils m.w.N.). Auch nach diesem engen Maßstab greift die Klausel im Streitfall jedoch ein.

22aa) Ein verständiger Versicherungsnehmer, der den Wortlaut der Klausel zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nimmt, wird dem Begriff "Kapitalanlagegeschäft" zunächst schon aufgrund des allgemeinen Sprachgebrauchs entnehmen, dass es dabei um Verträge geht, die eine Kapitalanlage zum Gegenstand haben (ebenso OLG Düsseldorf r+s 2015, 18, 20 [juris Rn. 34]). Er wird weiter erkennen, dass als Anlage von Kapital allgemein jeglicher Einsatz von zur Verfügung stehendem Geldvermögen angesehen wird, der nicht zum Verbrauch, sondern zum Zwecke des Erhalts oder der Vermehrung dieses Vermögens erfolgt (ähnlich OLG Düsseldorf aaO [juris Rn. 35]; Maier in Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 236).

23Jedenfalls die Verknüpfung des Begriffs "Kapitalanlagegeschäft" mit dem Zusatz "aller Art" verdeutlicht ihm sodann, dass der Risikoausschluss nicht auf Rechtsgeschäfte, die sich auf bestimmte Gegenstände beziehen, oder auf bestimmte Vertragstypen - z.B. auf den Erwerb typischer Finanzanlagen oder spezieller Anlageprodukte, deren Zweck sich in einer Vermögensanlage erschöpft - beschränkt sein soll. Danach kann sich auch der Abschluss eines Versicherungsvertrages als Anlagegeschäft darstellen, soweit er über eine bloße Risikoabsicherung hinaus auch der Vermögensbildung dient.

24bb) Eine Begrenzung der Reichweite der Klausel ist allerdings aufgrund ihres dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Sinns und Zwecks geboten. Dieser besteht darin, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen Risiken und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten im Bereich der Kapitalanlagegeschäfte von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen Versicherungsnehmer ein solches Risiko entstehen kann (vgl. MünchKomm-VVG/Obarowski, 2. Aufl. Rechtsschutzversicherung Rn. 203; ders. in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 37 Rn. 334; Hillmer-Möbius in van Bühren/Plote, ARB 3. Aufl. ARB 2012 Rn. 51; vgl. auch , r+s 2008, 376 Rn. 10; vom - IV ZR 170/03, VersR 2004, 1596 unter II 2 b [juris Rn. 30]; jeweils zur sog. Baurisikoklausel; Senatsbeschluss vom - IV ZR 17/10, r+s 2012, 23 Rn. 17 zum Ausschluss von Bergbauschäden; Maier in Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 3 ARB 2010 Rn. 1). Im Wortlaut des § 3 Abs. 2 lit. g) ARB findet dies seinen Niederschlag darin, dass die vom Rechtsschutz ausgeschlossene Streitigkeit gerade "aus" einem Kapitalanlagegeschäft herrühren muss.

25Dem wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer entnehmen, dass in Bezug auf Verträge, die neben dem Kapitalanlagezweck auch anderen Zwecken dienen, nur solche Streitigkeiten unter den Ausschluss fallen, die ihren Ursprung jedenfalls auch in dem Anlagecharakter des Geschäftes haben. Diese Einschränkung beugt zugleich einer uferlosen Ausdehnung der Klausel vor und trägt dem Grundsatz enger Auslegung von Risikoausschlussklauseln Rechnung.

26cc) In dieser engen Auslegung ist die Klausel nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Nr. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Intransparenz oder der Aushöhlung des Leistungsversprechens des Versicherers unwirksam (vgl. zu entsprechenden Bedenken: BeckOK-BGB/H. Schmidt, § 307 Rn. 168 [Stand: ]; Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, 3. Aufl. § 37 Rn. 333; Looschelders in ders./Paffenholz, ARB [2014] § 3 Rn. 130; die Wirksamkeit der Klausel ebenfalls bejahend dagegen OLG Düsseldorf r+s 2015, 18).

27dd) Gemäß diesen Grundsätzen wird der im Streitfall vom Kläger verfolgte Anspruch gegen seinen Lebensversicherer vom Ausschlusstatbestand des § 3 Abs. 2 lit. g) ARB erfasst.

28In der Rechtsprechung des Senats ist auch in anderem Zusammenhang anerkannt, dass Lebensversicherungsverträge bei wirtschaftlicher Betrachtung im Einzelfall als Anlagegeschäfte angesehen werden können (grundlegend Senatsurteil vom - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 53; zur fondsgebundenen Versicherung: Senatsurteil vom - IV ZR 437/15, VersR 2017, 677 Rn. 15 ff.). Ebenso hat der Senat bereits ausgeführt, dass die mit Gewinnchancen, aber auch mit Verlustrisiken verbundene Kapitalanlage neben der Risikoabsicherung ein wesentlicher Gesichtspunkt für den Versicherungsnehmer ist, wenn er sich für eine fondsgebundene Lebensversicherung entscheidet (vgl. , r+s 2018, 233 Rn. 16; vom - IV ZR 513/14, r+s 2016, 20 Rn. 37). Nicht anders als bei der unmittelbaren Beteiligung an Fondsgesellschaften, die im allgemeinen Sprachgebrauch wie in der Rechtsprechung als Kapitalanlagegeschäft bezeichnet wird (vgl. etwa , BKR 2013, 386 Rn. 29), wohnt einer solchen Beteiligung deshalb das spezifische Risiko inne, das der Erwerber insbesondere bei einem mangelnden wirtschaftlichen Erfolg des Fonds nach rechtlichen Lösungsmöglichkeiten vom Vertrage Ausschau hält. Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rückabwicklung eines derartigen Vertrages nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. stellt sich daher als Streitigkeit aus einem Kapitalanlagegeschäft im Sinne der hier in Rede stehenden Ausschlussklausel dar.

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:100419UIVZR59.18.0

Fundstelle(n):
NJW 2019 S. 2172 Nr. 30
WM 2019 S. 1011 Nr. 22
ZIP 2019 S. 1125 Nr. 23
AAAAH-15383