Reform Radar - Dienstag, 17.12.2019

"Jahressteuergesetz 2019"

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Hintergrund: Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ("JStG 2019") enthält Maßnahmen zur weiteren steuerlichen Förderung einer umweltfreundlichen Mobilität, sieht weitere begünstigende und entlastende Maßnahmen und Maßnahmen zur Gestaltungsbekämpfung und Sicherung des Steueraufkommens sowie zwingend notwendige Anpassungen an das EU-Recht und an die Rechtsprechung des EuGH vor. Zudem wird weiterem fachlich gebotenem Regelungsbedarf im Steuerrecht nachgekommen. Dazu gehören insbesondere die Klarstellung von Zweifelsfragen sowie Folgeänderungen, Fehlerkorrekturen und sonstige redaktionelle Änderungen.

Aktueller Stand:

  • : JStG 2019 im BGBl 2019 I S. 2451 veröffentlicht

  • : Verabschiedung Bundesrat

  • : 2./3. Lesung Bundestag

  • : 1. Lesung Bundestag

  • : Stellungnahme Bundesrat

  • 31.7.2019: Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf

  • : BMF veröffentlicht Referentenentwurf

Wesentlicher Inhalt des Gesetzes:

I. Maßnahmen zur Förderung der umweltfreundlichen Mobilität

  • Einführung einer Sonderabschreibung für Elektronutzfahrzeuge i.H.v. 50 Prozent im Jahr der Anschaffung - zusätzlich zur regulären Abschreibung, § 7c EStG-E. Von der Regelung sind auch E-Lastenfahrräder umfasst. Die Regelung wird von 2020 bis Ende 2030 befristet, § 52 Abs. 15b EStG-E.

  • Um die Akzeptanz eines Jobtickets zu erhöhen, kann der Arbeitgeber anstelle der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 15 EStG (unter Anrechnung auf die Entfernungspauschale) die Lohnsteuer mit einem Pauschalsteuersatz von 25 % erheben. Für diese pauschal besteuerten Bezüge unterbleibt eine Minderung des Werbungskostenabzugs in Form der Entfernungspauschale beim Arbeitnehmer, § 40 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 EStG-E;

  • Verlängerung der Halbierung der Bemessungsgrundlage bei der Dienstwagenbesteuerung bei privater Nutzung eines betrieblichen Elektro- oder extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugs nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 2 und Satz 3 Nr. 2 EStG bis Ende 2030, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 und 4 EStG-E. Zusätzlich soll bei der Bewertung der Entnahme für Kraftfahrzeuge, die pro gefahrenem Kilometer keine CO2-Emissionen haben, nur ein Viertel der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden (BMG bis 40.000 €).

  • Verlängerung der Steuerbefreiung von Diensträdern bis Ende 2030, § 52 Absatz 4 Satz 7 EStG-E.

  • Einführung einer Pauschalbesteuerungsmöglichkeit für Fahrräder in § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 EStG-E. Vorgesehen ist die Möglichkeit den geldwerten Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übereignung von betrieblichen Fahrrädern an den Arbeitnehmer pauschal mit 25 Prozent Lohnsteuer zu besteuern. Die Regelung soll am in Kraft treten.

  • Verlängerung der Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers oder eines verbundenen Unternehmens und für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung nach § 3 Nr. 46 EStG bis zum Ablauf des Jahres 2030, § 52 Absatz 4 Satz 14 EStG-E;

  • Abgrenzung zwischen Geldleistung und Sachbezug sowie Gutschein und Geldkarte wird in § 8 Absatz 1 Satz 2 und 3 sowie Absatz 2 Satz 11 EStG-E aufgenommen. Die Regelung soll am in Kraft treten.

  • Halbierung der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- oder Leasingaufwand für reine Elektrofahrzeuge und extern aufladbare Hybridelektrofahrzeuge mit Mindestreichweite, § 8 Nr. 1 Buchst. d Satz 2 GewStG-E, letztmals anzuwenden für den Erhebungszeitraum 2030, § 36 Abs. 3 GewStG-E.

  • Erweiterung der Lohnsteuer-Anmeldung wird ab dem in § 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG-E geregelt.

  • Einführung der beschränkten Steuerpflicht bei Kapitalerträgen nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 4 durch § 49 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a EStG-E ab dem .

II. Maßnahmen zur steuerliche Entlastungen für Arbeitnehmer und Verfahrenserleichterungen für Arbeitgeber und unterstützende Maßnahmen zur Entspannung am Wohnungsmarkt u.a.

  • Nach § 3a Absatz 3 wird folgender Absatz 3a eingefügt: „(3a) Bei Zusammenveranlagung sind auch die laufenden Beträge und Verlustvorträge des anderen Ehegatten einzubeziehen.“

  • Einführung eines neuen Pauschbetrages für angestellte und selbständige Berufskraftfahrer in Höhe von 8 € täglich, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5b EStG-E (angestellte Berufskraftfahrer, § 4 Abs. 10 EStG-E (selbständige Berufskraftfahrer). Anwendung: erstmals für VZ 2020, § 52 Abs. 1 EStG;

  • Anhebung der Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen von 24 € auf 28 € und von 12 € auf 14 €, § 9 Abs. 4a Satz 3 EStG-E ab dem VZ 2020, § 52 Abs. 1 EStG;

  • Vollautomatische Fristverlängerung im Einkommensteuerrecht, § 109 Absatz 4 AO-E (bislang ist nach § 155 Absatz 4 AO lediglich ein vollständig automationsgestützter Erlass von Steuerbescheiden und gleichgestellten Bescheiden möglich);

  • Einführung eines neuen gesetzlichen Bewertungsabschlags bei Mitarbeiterwohnungen von einem Drittel vom ortsüblichen Mietwert (z.B. der niedrigste Mietwert der Mietpreisspanne des Mietspiegels für vergleichbare Wohnungen zuzüglich der nach der BetrKV umlagefähigen Kosten, die konkret auf die überlassene Wohnung entfallen) zur Abmilderung von möglichen Steuerbelastungen bei niedrigen Bestandsmieten (Mietobergrenze: 25 €/qm, bezogen auf den ortsüblichen Mietwert ohne die nach der BetrKV umlagefähigen Kosten), § 8 Absatz 2 Satz 12 EStG-E, erstmals anzuwenden für den VZ 2020, § 52 Abs. 1 EStG;

  • Ermöglichung des Abzugs von Sonderabschreibungen nach § 7b EStG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als WK, § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 Satz 1 EStG-E. Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7b EStG kann bereits im VZ 2018 erfolgen.

  • Ermäßigter Umsatzsteuersatz für E-Books und Datenbanken ab 2020, § 12 Absatz 2 Nummer 14 UStG-E.

  • Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Erzeugnisse für Zwecke der Monatshygiene (bisher 19 Prozent) ab 2020, Nummer 55 der Anlage 2 zu § 12 Absatz 2 Nummer 1 und 2 UStG.

III. Maßnahmen zur Gestaltungsbekämpfung und Sicherung des Steueraufkommens

  • Haftung der Organgesellschaft bei mehrstufiger Organschaft, § 73 Satz 1 AO-E. Mit der Neuregelung soll sichergestellt werden, dass ein Haftungsbescheid gegenüber der (nachrangigen) Organgesellschaft erlassen werden kann, die eine Steuerschuld wirtschaftlich verursacht hat beziehungsweise bei der ein Haftungsanspruch durchsetzbar erscheint;

  • Aktualisierung der Regelungen zum Kapitalertragsteuerabzug, §§ 43, 44 EStG (u.a. Einführung eines neuen Kapitalertragsteuertatbestandes für sog. Crowdlending-Geschäfte in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nummer 7 Buchstabe c Satz 1 EStG-E) ab 2020 (s. Artikel 35 "JStG 2019") ,

  • Klarstellung der Verpflichtung zur Angabe von Kapitalerträgen, die bisher nicht der Kapitalertragsteuer unterlegen haben in der Steuererklärung, § 32d Absatz 3 Satz 3 EStG-E ab Inkrafttreten des Änderungsgesetzes,

  • Die im Referentenentwurf ursprünglich vorgesehene Eindämmung von Steuergestaltungen mittels Share Deals wurde aus dem Regierungsentwurf des "JStG 2019" gestrichen. Das Vorhaben wird nun mit einem separaten Gesetzentwurf (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes) weiterverfolgt, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 31.7.2019 sowie Jahn, .

IV. Weitere Änderung

  • Einführung eines neuen § 13b EStG zur gemeinschaftlichen Tierhaltung z.B. bei Genossenschaften, Mitunternehmerschaften und Vereinen. Erstmals anzuwenden für das Wirtschaftsjahr, dass nach dem beginnt.

  • Einführung eines neuen § 17 Abs. 2a EStG zur Ermittlung der Anschaffungskosten für den Erwerb von Anteilen i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG. Der neue Absatz 2a sieht u.a. vor, dass auch die Nebenkosten und die nachträglichen Anschaffungskosten zu den Anschaffungskosten rechnen. Nachträgliche Anschaffungskosten in diesem Sinne sind: offene oder verdeckte Einlagen, bestimmte Darlehensverlust und teilweise auch Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen.

V. Reaktion auf BFH-Rechtsprechung

  • Gewerbliche Abfärbung auch bei Verlusten, § 15 Absatz 3 Nr. 1 EStG-E (Reaktion auf , s. hierzu : die Änderung soll die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung wiederherstellen und absichern, wonach auch eine land- und forstwirtschaftlich, freiberuflich oder vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte bezieht, wenn sie daneben nur negative gewerbliche (Beteiligungs-)Einkünfte erzielt); anwendbar auch für VZ vor 2019 (§ 52 Abs. 23 Satz 1 EStG-E).

VI. Anpassungen an das EU-Recht und an die Rechtsprechung des EuGH

  • Einführung einer neuen Konsignationslagerregelung, § 6b UStG-E;

  • Definition des umsatzsteuerlichen Reihengeschäfts, § 3 Absatz 6a UStG-E;

  • u.a. Versagung der Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung, wenn der liefernde Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) nicht, nicht vollständig und richtig nachgekommen ist, § 4 Nummer 1 Buchstabe b UStG-E. Darüber hinaus Normierung weiterer Voraussetzungen für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung in § 6a Absatz 1 Satz 1 UStG-E;

  • Umsetzung des zur Margenbesteuerung bei Reiseleistungen durch Aufhebung des § 25 Absatz 3 Satz 3 UStG;

  • Umsetzung des zur Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder durch Einführung einer Steuerbefreiung für sonstige Leistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke ihrer nicht steuerbaren oder ihrer nach § 4 Nummer 11b, 14 bis 18, 20 bis 25 oder Nummer 27 UStG steuerfreien Umsätze, § 4 Nummer 29 UStG-E;

  • Umsetzung des in Bezug auf die Regelung zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Dividendenerträgen u.a. durch Streichung der einschränkenden Tatbestandsvoraussetzungen für ausländische Kapitalgesellschaften des bisherigen § 9 Nummer 7 Satz 1 erster Halbsatz GewStG.

Nachrichten

Beiträge

  • Korn/Strahl, Steuerliche Hinweise und Dispositionen zum Jahresende 2019 – Teil 2: Anhängige Steuergesetzgebungsverfahren im Jahr 2019,

  • Kühn, Geplante Änderungen durch das "Jahressteuergesetz 2019",

  • Bolik/Gauß/Zawodsky, Die umsatzsteuerliche Seite des JStG 2019: Keine Förderung der Elektromobilität,

  • Hörster, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität - Teil 3: Änderungen des Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuergesetzes,

  • Hörster, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität - Teil 2: Änderungen des Einkommensteuergesetzes,

  • Hörster, Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität - Teil 1: Steuerliche Förderung der Elektromobilität und andere entlastende Maßnahmen,

  • Huschens, Geplante Änderungen des Umsatzsteuergesetzes durch das "JStG 2019",

  • Wischott/Graessner, Referentenentwurf zur Änderung der Grunderwerbsteuer Konkretisierung der Verschärfungen für Share Deals im Grunderwerbsteuerrecht,

Gesetzesmaterialien

Quelle: BMF online (il)

Fundstelle(n):
SAAAH-13984