Strafverfahren: Anforderungen an den Revisionsvortrag bei Geltendmachung eines Beweisverwertungsverbots wegen rechtswidriger Beweismittelgewinnung
Gesetze: § 105 Abs 1 StPO, § 261 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO
Instanzenzug: Az: 2 StR 247/18 Urteilvorgehend LG Erfurt Az: 131 Ss 54/18nachgehend Az: 2 StR 247/18 Urteil
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Die Verfahrensrügen, mit denen die Angeklagten die Verwertung der durch die Polizei sichergestellten Videoaufzeichnungen beanstanden, sind nicht in zulässiger Weise erhoben (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil es dem Senat auf der Grundlage des insoweit unvollständigen Revisionsvortrags nicht möglich ist, die erforderliche eigene umfassende Überprüfung des Verfahrens im Hinblick auf die behaupteten Rechtsfehler vorzunehmen.
1. Gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss jeder Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (st. Rspr.; vgl. nur , Rn. 8; vom - 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318, 319; Beschluss vom - 5 StR 383/06, NJW 2007, 3010, 3011, jeweils mwN; vgl. auch LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 372; SSW-StPO/Sättele, 4. Aufl., § 244 Rn. 249; KK-StPO/Krehl, 7. Aufl., § 244 Rn. 224). Diese Anforderungen gelten auch dann, wenn, wie hier, ein Beschwerdeführer rügt, das Gericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines Verwertungsverbotes für ein Beweismittel verneint, das auf Grund einer Durchsuchung erlangt wurde (vgl. , Rn. 16; vom - 2 StR 131/18, Rn. 9). Zwar kann das Revisionsgericht die für das Vorliegen eines Verwertungsverbotes in tatsächlicher Hinsicht entscheidungserheblichen Fragen gegebenenfalls im Wege des Freibeweises überprüfen; dies kann jedoch wie auch sonst bei behaupteten Verletzungen von Verfahrensvorschriften nur auf der Grundlage eines entsprechenden zulässigen Revisionsvortrags erfolgen (, Rn. 16 mwN). Wird das Beweisverwertungsverbot darauf gestützt, dass das Beweismittel in rechtswidriger Weise ohne ermittlungsrichterliche Anordnung erlangt worden sei, wird also die Rechtmäßigkeit der Beweisgewinnung konkret in Zweifel gezogen, sind nicht nur die in der Hauptverhandlung hierzu gestellten Anträge und Beschlüsse vollständig und zutreffend mitzuteilen, sondern es ist regelmäßig auch die Verdachts- und Beweislage, die im Zeitpunkt der beanstandeten Beweisgewinnung gegeben war, anhand der Aktenlage zu rekonstruieren und mitzuteilen (vgl. , Rn. 17; Urteil vom - 3 StR 140/14, aaO). Denn erst auf dieser Grundlage kann das Revisionsgericht das Vorliegen eines Beweisverwertungsverbots umfassend beurteilen. Dies erfordert zunächst, die Rechtmäßigkeit der Beweismittelgewinnung zu prüfen, ob also eine richterliche Anordnung der Ermittlungsmaßnahme entbehrlich gewesen sein könnte, weil eine richterliche Anordnung nicht eingeholt werden konnte, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wurde, etwa weil der Verlust der Beweismittel drohte (§ 105 Abs. 1 StPO; vgl. , BGHR StPO § 105 Abs. 1 Durchsuchung 6). War die Beweisgewinnung rechtswidrig, ist sodann zu prüfen, ob hieraus im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt (vgl. , NStZ 2011, 103, 104; ).
2. Diesen Anforderungen genügen die Revisionen nicht. Sie teilen, wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausführt, schon den für die Verfahrensbeanstandung bedeutsamen Gang der Hauptverhandlung unvollständig mit; die Revision des Angeklagten M. beschränkt sich überdies auf die Mitteilung von Verfahrenstatsachen aus der Hauptverhandlung. Weitergehende Ausführungen zur beanstandeten Beweisgewinnung waren hier auch nicht deswegen entbehrlich, weil sich die mitgeteilten Anträge und Beschlüsse zu Umständen der Beweisgewinnung verhalten. Grundlage für die umfassende Überprüfung durch das Revisionsgericht können nicht allein die in Anträgen behaupteten oder vom Tatrichter für bedeutend erachtenden Verfahrenstatsachen sein, maßgeblich ist vielmehr das gesamte tatsächliche Geschehen im Zusammenhang mit der Beweisgewinnung und -verwertung. Dies gilt zumal, wenn, wie hier, die Revision auch geltend macht, die Strafkammer hätte den in Verwertungswidersprüchen behaupteten Tatsachen einer rechtswidrigen Beweisgewinnung jedenfalls freibeweislich näher nachgehen müssen und deshalb unklar bleibt, welches tatsächliche Geschehen der Prüfung des Beweisverwertungsverbots vom Revisionsgericht zugrunde zu legen ist.
Franke
Zeng
Meyberg
RiBGH Schmidt ist urlaubsbedingtverhindert zu unterschreiben.
Grube
Franke
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:191218B2STR247.18.1
Fundstelle(n):
FAAAH-13958