BGH Beschluss v. - 2 StR 521/18

Betäubungsmitteldelikt: Voraussetzungen für die Einziehung eines Geldbetrages als Tatertrag; Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Gesetze: § 64 StGB, § 73 Abs 1 StGB, § 267 StPO

Instanzenzug: LG Aachen Az: 61 KLs 4/18

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit „Verstoß gegen das Waffengesetz (unerlaubten Waffenbesitzes)“ zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es die Einziehung von 2.062,38 g Marihuana, zwei Schlagringen sowie 360 € angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuld- und Strafausspruch begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Jedoch hat der Senat den Tenor des Urteils neu gefasst. Soweit der Angeklagte nach dem Waffengesetz strafbar ist, bedarf es der konkreten rechtlichen Bezeichnung der Tat zur Kennzeichnung des begangenen Unrechts (§ 260 Abs. 4 Satz 1 StPO); der bloße Hinweis auf einen Verstoß gegen dieses Gesetz genügt regelmäßig nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 115/18, juris Rn. 2; vom - 4 StR 40/11, NJW 2011, 1979, 1981 mwN).

32. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand. Während die Entscheidung zur Einziehung des sichergestellten Marihuanas und der Schlagringe rechtsfehlerfrei begründet ist, hat diese hinsichtlich der ebenfalls eingezogenen 360 € keinen Bestand. Die von der Strafkammer vorgenommene Einziehung als Tatertrag „im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB“ ist nicht belegt, denn den Urteilsfeststellungen kann nicht entnommen werden, dass dieser Betrag dem Angeklagten aus der ausgeurteilten Tat (vgl. BeckOK StGB/Heuchemer, 40. Edition, § 73 Rn. 7; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 33 Rn. 30), mithin dem allein festgestellten unerlaubten Handel von, vollständig sichergestellten, 2.062,38 g Marihuana, zugeflossen ist. Dass die 360 €, was angesichts der festgestellten Stückelung und der Auffindesituation als gefaltete Geldscheine in der Nähe des portionierten Marihuanas naheliegen könnte, aus vorangegangenen Betäubungsmittelgeschäften des Angeklagten stammten, und daher möglicherweise der erweiterten Einziehung von Taterträgen nach § 73a Abs. 1 StGB unterfielen, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.

43. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet zudem, dass die Strafkammer die Voraussetzungen des § 64 StGB nicht in den Blick genommen hat, obwohl dies angezeigt gewesen wäre. Nach den Feststellungen konsumierte der 23-jährige Angeklagte seit fünf Jahren regelmäßig Marihuana, zuletzt mehrere Joints pro Tag. Er wollte, nach seiner aus Sicht der Strafkammer glaubhaften Einlassung, mit der Tat seinen Eigenkonsum finanzieren. Einer regulären Berufstätigkeit ging er nicht nach und war verschuldet. Er hatte zwar seit seiner Inhaftierung keinen Betäubungsmittelkonsum, während der Haft sich aber bei einer Selbsthilfegruppe angemeldet, die er alle zwei Wochen besuchte, um sich auf eine Therapie vorzubereiten.

5Auf der Grundlage dieser Feststellungen erweist sich die fehlende Erörterung der Anordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB als rechtsfehlerhaft. Soweit die Strafkammer § 64 Satz 1 StGB möglicherweise deswegen nicht erkennbar geprüft hat, weil der Angeklagte nach seinen Angaben seit seiner Inhaftierung nicht mehr konsumierte, hätte sie der Beurteilung ein zu enges Verständnis des Hangs zugrunde gelegt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom - 1 StR 481/18, juris Rn. 4; vom - 4 StR 408/16, juris Rn. 6, jeweils mwN). Ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang und der Anlasstat liegt bei Delikten, die - wie hier - begangen werden, um den Drogenkonsum zu finanzieren, in besonderer Weise nahe (st. Rspr.; vgl. etwa , juris Rn. 4 jeweils mwN). Den Urteilsgründen lassen sich auch keine Umstände entnehmen, welche die Prognose zuließen, dass eine hinreichend konkrete Erfolgsaussicht im Sinne des § 64 Satz 2 StGB nicht bestehe. Hiergegen spricht bereits, dass der Angeklagte während seiner Inhaftierung an einer Selbsthilfegruppe teilnahm, um sich auf eine Therapie vorzubereiten.

64. Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt bedarf daher, ebenso wie eine mögliche Einziehung der 360 €, neuer tatrichterlicher Prüfung und Entscheidung. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht einer Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht entgegen (st. Rspr.; vgl. etwa , juris Rn. 9 mwN). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. , juris Rn. 3 mwN).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2019:220119B2STR521.18.0

Fundstelle(n):
YAAAH-12877