BFH Beschluss v. - IX B 99/18

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Verpflichtung zur rechtzeitigen Einlegung eines Rechtsmittels

Leitsatz

NV: Ein Bevollmächtigter versäumt schuldhaft die Beschwerdefrist, wenn er gegen die erstinstanzliche Entscheidung des FG kein Rechtsmittel einlegt, weil er auf den erfolgreichen Ausgang eines weiteren, dasselbe Streitjahr betreffenden Klageverfahrens hofft.

Gesetze: FGO § 56 Abs. 2; BGB § 187 Abs. 1; BGB § 188 Abs. 2; ZPO § 222;

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist unzulässig.

2 1. Die Beschwerdefrist wurde versäumt. Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist ist nicht zu gewähren.

3 a) Nach § 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) einzulegen (§ 116 Abs. 2 Satz 1 FGO). Hierauf wurde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) durch die der angefochtenen Vorentscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung hingewiesen. Das Urteil wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am (Donnerstag) zugestellt. Die einmonatige Beschwerdefrist endete daher gemäß § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 und 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des (Montag). Die erst am beim BFH eingegangene Beschwerde war somit verspätet.

4 b) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 Abs. 1 FGO) ist nicht zu gewähren, da der Prozessbevollmächtigte, dessen Verhalten sich der Kläger zurechnen lassen muss (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO), nicht ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten.

5 aa) Ein Verschulden i.S. des § 56 FGO ist, jedenfalls wenn es sich um die Fristversäumnis eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts handelt, nur dann zu verneinen, wenn dieser die äußerste, den Umständen des Falls angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt angewendet hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 46/15, BFH/NV 2015, 1593, Rz 10). Der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten muss daher alles ihm Zumutbare tun, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird.

6 bb) Demgemäß ist es für die schlüssige Begründung eines Wiedereinsetzungsantrags nicht ausreichend, allein den Umstand darzulegen, man habe anstelle der Einlegung des statthaften Rechtsmittels auf den erfolgreichen Ausgang eines weiteren, dasselbe Streitjahr betreffenden Klageverfahrens gehofft. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers war zur Einlegung eines Rechtsmittels gegen das hier streitige Urteil des Finanzgerichts (FG) befugt und auch in der Lage. In diesem Fall entspricht es den Sorgfaltspflichten eines Prozessbevollmächtigten, fristwahrend zu Gunsten des Mandanten das statthafte Rechtsmittel einzulegen, um so die Rechtskraft der Ausgangsentscheidung zu verhindern. Aus dem Vortrag des Prozessbevollmächtigten lassen sich auch keine anderen Umstände entnehmen, die ihn an einer fristgerechten Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und dem rechtzeitigen Vorbringen der nunmehr verspätet angeführten Zulassungsgründe gehindert haben.

7 2. Auf die vom Kläger in seiner Beschwerdeschrift geltend gemachten Zulassungsgründe kommt es daher nicht an.

8 3. Von einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.

9 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1, § 135 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2019:B.220219.IXB99.18.0

Fundstelle(n):
BFH/NV 2019 S. 573 Nr. 6
DStR 2019 S. 15 Nr. 16
StuB-Bilanzreport Nr. 11/2019 S. 453
AAAAH-11887