Endspurt bei der Rückabwicklung von Bauträgerfällen
Finanzverwaltung beginnt mit der Auszahlung von Erstattungszinsen
Nachdem der V. Senat (V R 49/17) bereits im Herbst entschieden hatte, dass Bauträger einen Anspruch auf Änderung ihrer Steuerfestsetzungen haben, hat sich der XI. Senat dieser Auffassung vollumfänglich angeschlossen (XI R 21/17). Damit biegt das Streitthema der Rückabwicklung von Bauträgerfällen allmählich auf die Zielgerade ein.
So ist auf Seiten der Subunternehmer durch den BFH (V R 16/16 und V R 24/16) geklärt, dass die nachträgliche Festsetzung der Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 19 UStG im Regelfall unionsrechtskonform ist. Denn dem Subunternehmer steht normalerweise ein zivilrechtlicher Nachforderungsanspruch gegenüber dem Bauträger zu, den er ans Finanzamt an Zahlungs statt abtreten kann. Dies hat der BGH bestätigt (VII ZR 157/17). Streitigkeiten ergeben sich hier jedoch dann, wenn beim Subunternehmer bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist. In solchen Fällen hat die Finanzverwaltung zuletzt erneut ihre „Kreativität“ im Bereich der Bauträgerfälle bewiesen und wendet teilweise § 171 Abs. 14 AO auf die Subunternehmer an. Dass dies zulässig ist, scheint mehr als fraglich, sodass insoweit mit weiteren Rechtsstreitigkeiten zu rechnen ist.
Auf Seiten der Bauträger ist geklärt, dass diesen ein Anspruch auf Änderung der Steuerfestsetzung zusteht. Die geänderte Steuerfestsetzung ist auch gem. § 233a AO zu verzinsen. Zwar steht eine Bestätigung dieser Ansicht durch den BFH (V R 15/18) noch aus. Allerdings hat die Finanzverwaltung mit der koordinierten Rücknahme der Revisionen in den Verfahren über die Zinsfestsetzung Anfang des Jahres (u. a. V R 3/18) zu erkennen gegeben, dass sie den Zinsanspruch anerkennt. Dies zeigt sich auch daran, dass die Finanzämter derzeit beginnen, systematisch geänderte Umsatzsteuerbescheide zu erlassen und Erstattungszinsen festzusetzen. Hintergrund dürfte sein, dass die Zinslast mit jedem weiteren Monat des Abwartens um weitere 0,5 % steigt.
Rechtsstreitigkeiten auf Seiten der Bauträger dürften sich somit im Wesentlichen auf die Aufrechnung der Finanzverwaltung mit den abgetretenen zivilrechtlichen Nachforderungsansprüchen der Subunternehmer konzentrieren. In den meisten Fällen ist diese Aufrechnung sicherlich zulässig. Denkbar sind aber Fälle der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft, in denen bereits keine Aufrechnungslage besteht. Zudem ist der zivilrechtliche Nachforderungsanspruch des Subunternehmers in einzelnen Fällen bereits verjährt. Denn die Verjährungsfrist beginnt mit Kenntnis des Subunternehmers vom Erstattungsantrag des Bauträgers (VII ZR 157/17). Hat dieser seine Subunternehmer frühzeitig über seinen Antrag informiert, sind die abgetretenen Nachforderungsansprüche bereits verjährt. Der Bauträger muss die Aufrechnung dann nicht akzeptieren. Wehrt sich der Bauträger in solchen Fällen gegen die Aufrechnung, ist gerichtlich zu klären, ob die Einrede der Verjährung greift.
Es bleibt festzuhalten, dass die wesentlichen Fragen der Rückabwicklung der Bauträgerfälle nach gut fünf Jahren nunmehr geklärt sind. Mit einzelnen Detailfragen werden sich die Gerichte aber vermutlich auch die nächsten Jahre weiter beschäftigen müssen.
Andreas Fietz
Fundstelle(n):
NWB 2019 Seite 993
NWB PAAAH-11039