BGH Beschluss v. - 3 StR 168/18

Zulässigkeit der Anberaumung von Hauptverhandlungen an Feiertagen

Gesetze: § 45 Abs 1 GVG, Art 101 Abs 1 S 2 GG

Instanzenzug: LG Verden Az: 1 Ks 102/17

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat:
Soweit der Beschwerdeführer mit der erhobenen Verfahrensrüge die vorschriftswidrige Besetzung des Landgerichts beanstandet hat, ist diese Rüge unbegründet, weil der Präsident des Landgerichts den in rechtmäßiger Weise als ordentlichen Sitzungstag der Schwurgerichtskammer festgestellt hat.
Es kann offenbleiben, ob die Feststellung der ordentlichen Sitzungstage der Strafkammer gemäß § 77 Abs. 1 und 3, § 45 Abs. 1 GVG einer vollumfänglichen Rechtmäßigkeits- oder einer bloßen Willkürprüfung unterliegt (zur Unterscheidung: BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 581/03, NJW 2005, 2689, 2690; vom - 2 BvR 2023/16, wistra 2017, 187, 189; vom - 2 BvR 2675/17, NJW 2018, 1155, 1156; , BGHSt 59, 75, 79 f.; vom - 3 StR 376/08, BGHSt 53, 268, 274 ff.; Beschluss vom - 2 StR 116/13, NStZ 2014, 226, 227), da sie sich auch bei Anlegung des strengeren Maßstabs als rechtsfehlerfrei erweist.
§ 45 GVG dient der Konkretisierung des gesetzlichen Richters (KK-Barthe, StPO, 7. Aufl., § 45 GVG Rn. 1) und gewährleistet durch die weitgehend generell-abstrakte Vorherbestimmung der Zuständigkeit den "gesetzlichen Schöffen" (MüKoStPO/Schuster, § 45 GVG Rn. 1). Die (vollumfängliche) Überprüfung des Geschäftsverteilungsplans auf Grund einer diesen selbst betreffenden Rüge ist daher an den Gewährleistungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen und richtet sich darauf, ob die angewendete Regelung generell-abstrakt ist (BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 610/12 u.a., NStZ 2012, 458, 459; vom - 2 BvR 2023/16, wistra 2017, 187, 189; vom - 2 BvR 2675/17, NJW 2018, 1155, 1156).
Danach ist gegen die Feststellung von Feiertagen als ordentliche Sitzungstage des Schöffengerichts bzw. der Strafkammern rechtlich nichts zu erinnern, weil sie einfachgesetzlich zulässig ist und die generell-abstrakte Festlegung des gesetzlichen Richters im Voraus gewährleistet. Weder die Strafprozessordnung noch das Gerichtsverfassungsgesetz verbieten grundsätzlich die Anberaumung von Hauptverhandlungstagen an Wochenenden oder Feiertagen (LR/Jäger, StPO, 26. Aufl., § 213 Rn. 6; KK-Gmel, StPO, 7. Aufl., § 213 Rn. 4a); gegebenenfalls kann sie sogar geboten sein (, NJW 2006, 668, 670). Die praktische Durchführung solcher in richterlicher Unabhängigkeit festgesetzten Hauptverhandlungstage wird im vorliegenden Fall durch § 9 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Nds.ArbZVO gewährleistet, der es dem Dienstvorgesetzten des nichtrichterlichen Dienstes ermöglicht anzuordnen, dass an Sonntagen, Feiertagen oder an anderen dienstfreien Tagen Dienst zu leisten ist. Die spätere, tatsächliche Anberaumung eines konkreten Hauptverhandlungstermins obliegt gemäß § 213 Abs. 1 StPO ohnehin dem Vorsitzenden.
Schließlich wird die generell-abstrakte Festlegung des gesetzlichen Richters durch die Feststellung von Feiertagen als ordentliche Sitzungstage in keiner Weise beeinträchtigt, da sie genauso zu im Voraus bestimmten Schöffen führt wie die ausschließliche Feststellung von Werktagen.
Gericke     
        
Spaniol     
        
Berg   
        
Hoch     
        
Leplow     
        

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:161018B3STR168.18.0

Fundstelle(n):
YAAAH-07142