Verbraucherdarlehensvertrag: Anforderungen an die Widerrufsbelehrung für den Fall des Widerrufs bei bereits erhaltener Leistung
Gesetze: § 355 Abs 2 BGB vom
Instanzenzug: Az: 19 U 2665/17vorgehend LG München I Az: 27 O 7616/16
Gründe
I.
1Die Kläger begehren von der beklagten Bank die Rückabwicklung von fünf Verbraucherdarlehensverträgen nach Widerruf.
2Die Kläger schlossen mit der Beklagten am zwei grundpfandrechtlich gesicherte Darlehensverträge über 40.000 € und über 37.500 € sowie am 16./ und am 20./ zwei weitere Darlehen über 100.000 € und 42.500 €, die ebenfalls grundpfandrechtlich gesichert waren. Alle vier Darlehensverträge enthielten folgende gleichlautende Widerrufsbelehrung:
3Schließlich schlossen die Parteien am noch einen weiteren Darlehensvertrag über 10.000 €, der ebenfalls grundpfandrechtlich gesichert war und folgende Widerrufsbelehrung enthielt:
4Die vier Darlehen aus dem Jahr 2004 wurden bis Ende 2014 von den Klägern abgelöst. Mit Schreiben vom erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss aller fünf Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
5Mit der Klage haben die Kläger zunächst hinsichtlich der vier Darlehensverträge aus dem Jahr 2004 die Zahlung von insgesamt 50.833,14 € nebst Zinsen sowie in Bezug auf das Darlehen aus dem Jahr 2007 die Feststellung begehrt, dass sie der Beklagten insoweit aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags nicht mehr als 546,10 € schulden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger, mit der sie nur noch die Rückzahlung von 23.495,80 € nebst Zinsen begehren, hat das Berufungsgericht nach einem entsprechenden Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet:
6Den Klägern stehe der geltend gemachte Rückgewähranspruch nicht zu. Ihnen habe im November 2014 ein Widerrufsrecht nicht mehr zugestanden, weil die ihnen erteilten Widerrufsbelehrungen ordnungsgemäß gewesen seien. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen sei nicht zu beanstanden, auch wenn darin nur die Pflichten des Darlehensnehmers beschrieben würden, nicht dagegen seine Rechte. Der Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrungen stehe auch nicht entgegen, dass als Form des Widerrufs auch das "Internet" genannt sei.
II.
7Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger ist unbegründet, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
81. Das Berufungsgericht hat im Hinblick auf die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrungen zu den vier im Jahr 2004 geschlossenen Darlehensverträgen unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs fehlerfrei angenommen, dass die Belehrung über die Widerrufsfolgen trotz des bloß einseitigen Hinweises auf die Pflichten des Darlehensnehmers, d.h. ohne Nennung seiner Rechte, nicht zu beanstanden ist. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde genügen die bei Verbraucherdarlehensverträgen grundsätzlich entbehrlichen Angaben der Beklagten zu den Widerrufsfolgen (vgl. Senatsurteil vom - XI ZR 432/16, WM 2018, 50 Rn. 9 und Senatsbeschluss vom - XI ZR 294/17, juris Rn. 7) dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB in der hier maßgeblichen, zwischen dem und dem geltenden Fassung (im Folgenden: aF).
9a) Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (, BGHZ 180, 123 Rn. 14 und vom - XI ZR 349/10, WM 2011, 1799 Rn. 31). Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, darf die Widerrufsbelehrung grundsätzlich keine zusätzlichen Erklärungen enthalten, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Belehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken oder den Verbraucher verwirren können. Zulässig sind jedoch inhaltlich zutreffende Ergänzungen, die dem Verbraucher die Rechtslage nach einem Widerruf seiner Vertragserklärung verdeutlichen und die Belehrung nicht unübersichtlich machen (vgl. , BGHZ 172, 157 Rn. 13, vom - XI ZR 317/06, WM 2008, 828 Rn. 13, vom aaO Rn. 18 und vom - I ZR 123/10, WM 2012, 913 Rn. 24).
10b) Nach diesen Maßgaben sind die Erläuterungen der Beklagten zu den Pflichten des Darlehensnehmers im Falle des Widerrufs bei bereits erhaltener Leistung nicht zu beanstanden. Dem Verbraucher wird deutlich gemacht, dass der Empfang der Leistung sein Recht zum Widerruf nicht berührt und welche Pflichten ihn in Bezug auf diese Leistung treffen, wenn er nach deren Empfang widerruft. Aufgrund dieser Erläuterung wird der Verbraucher in die Lage versetzt, eine informierte Entscheidung zu treffen und die Tragweite eines Widerrufs - insbesondere die Pflicht zur vollständigen Rückzahlung der bereits empfangenen Darlehensvaluta - zu überblicken. Der Verzicht auf die Erwähnung der Pflicht der Bank zur Rückgewähr von bis zur Widerrufserklärung erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen hat nicht zur Folge, dass der Darlehensnehmer von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten wird. Durch die hervorgehobene Überschrift und die Formulierung in der "Ich-Form" wird hinreichend deutlich gemacht, dass nicht sämtliche Rechtsfolgen dargestellt werden, sondern nur solche, die sich daraus ergeben, dass der Verbraucher vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung empfangen hat. Ein irreführender Eindruck, wonach die Beklagte hingegen die ihr möglicherweise bereits zum Teil zugeflossenen Zins- und Tilgungsleistungen des Verbrauchers behalten dürfte, entsteht hierdurch nicht (so auch OLG Celle WM 2014, 1421, 1422; OLG Hamm, WM 2015, 920, 921; OLG Frankfurt am Main, BKR 2015, 413 Rn. 55; aA Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7. Aufl. 2011, § 495 Rn. 112a; PWW/Medicus, BGB, 3. Aufl., § 355 Rn. 11a; Soergel/Pfeiffer, BGB, 13. Aufl., § 355 Rn. 47; Rehmke/Tiffe, VuR 2014, 135, 139; Erman/Saenger, BGB, 12. Aufl., § 355 Rn. 10; Soergel/Schreiber, BGB, 13. Aufl., §§ 355 - 360 nF Rn. 27).
11Etwas anderes folgt auch nicht aus den Urteilen des , BGHZ 172, 58 Rn. 11 ff.), vom (VIII ZR 103/10, WM 2011, 474 Rn. 17 ff.) und vom (II ZR 14/10, WM 2012, 1474 Rn. 44 f. und II ZR 233/10, WM 2012, 1620 Rn. 29 f.). Denn diese Urteile beziehen sich auf die Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung für - hier nicht vorliegende - Haustürgeschäfte im Sinne von § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB aF, für die § 312 Abs. 2 BGB ausdrücklich einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB (jeweils in der bis zum geltenden Fassung) anordnete und damit eine einseitige Belehrung nur über die Pflichten des Darlehensnehmers ausschloss.
122. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, hat das Berufungsgericht auch die Belehrung über die Form des Widerrufs in Bezug auf den Hinweis "mittels … Internet" zu Recht für ordnungsgemäß gehalten. Das Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB aF ist nicht verletzt.
13Durch die Einleitung "z.B." hat die Beklagte die Modalitäten des Widerrufs bloß beispielhaft und ohne Ausschließlichkeitsanspruch angeführt. Eine Erläuterung anhand von Beispielen ist aber nicht nur klar und verständlich im Sinne des § 355 Abs. 2 BGB aF, sondern verdeutlicht auch das Gemeinte. Zudem ist der ergänzende Hinweis auf ein "Online-Formular", das "ebenfalls" zum Widerruf "genutzt werden" könne, aus Sicht eines verständigen Verbrauchers nicht so zu verstehen, dass der Widerruf per E-Mail ausgeschlossen ist.
143. Auch im Übrigen sind zulassungsrelevante Rechtsfehler nicht ersichtlich. Von einer näheren Begründung wird insoweit gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:041218BXIZR46.18.0
Fundstelle(n):
WM 2019 S. 66 Nr. 2
VAAAH-05575