NWB Nr. 4 vom Seite 153

Bauträger haben Anspruch auf Erstattungszinsen

Andreas Fietz | Steuerberater | TLI VAT Services, München

Finanzverwaltung nimmt Revisionen im Verfahren um die Erstattungszinsen zurück

Seit fünf Jahren beschäftigen die Bauträgerfälle die umsatzsteuerrechtliche Praxis. Nachdem der BFH (V R 37/10) entschieden hatte, dass Bauträger nicht Steuerschuldner für bezogene Bauleistungen sind, tobt der Rechtsstreit zwischen Bauträgern und Finanzbehörden. Im Zentrum des Streits steht die Frage, ob die Bauträger einen Anspruch auf Änderung ihrer Steuerfestsetzungen haben, und wenn ja, ob ihnen zudem Erstattungszinsen nach § 233a AO zustehen. Die Antwort der Finanzbehörden hierzu war bislang eindeutig: eine Änderung der Steuerfestsetzungen erfolgt nur, wenn der Subunternehmer seinen Anspruch auf Nachforderung der Umsatzsteuer gem. § 27 Abs. 19 UStG ans Finanzamt abgetreten oder der Bauträger die nachgeforderte Umsatzsteuer an den Subunternehmer entrichtet haben. Ein Anspruch auf Erstattungszinsen steht dem Bauträger nicht zu.

Mit dieser in der Praxis stark kritisierten Auffassung sind die Finanzbehörden nun endgültig gescheitert. Während die Frage der Steuerfestsetzung noch vom BFH entschieden werden musste, hat die Finanzverwaltung mit Blick auf die Frage der Zinsfestsetzung nun selbst kurz vor Schluss die Reißleine gezogen. Hintergrund hierfür dürfte sein, dass nach dem BFH-Urteil (V R 49/17) zur Frage der Änderung der Steuerfestsetzung eine weitere Schlappe vor dem BFH zur Frage der Zinsfestsetzung unvermeidlich erschien. Nachdem der BFH den Bauträgern in seinem Urteil (V R 49/17) bereits einen Anspruch auf Änderung der Steuerfestsetzungen zubilligte, der unabhängig von der Entrichtung oder Aufrechnung der nachgeforderten Umsatzsteuer besteht, war abzusehen, dass auch der Zinsanspruch bejaht werden würde. Und so nahm die Finanzverwaltung drei Tage vor den für den angesetzten mündlichen Verhandlungen die Revisionen in den Verfahren V R 3/18 und V R 8/18 sowie im Verfahren XI R 4/18 zurück. Hierdurch erspart sich die Finanzverwaltung wohl weitere Urteile, die ihr die alleinige Schuld an den Bauträgerfällen zuschieben.

Das Ergebnis bleibt dennoch das gleiche. Durch die Rücknahme der Revisionen werden die Urteile der Vorinstanz rechtskräftig, die den Bauträgern einen Zinsanspruch zubilligen. Die Finanzverwaltung stimmt dem somit indirekt zu. Bauträger können demnach mit einer Auszahlung der Erstattungszinsen rechnen. Dem Vernehmen nach ist von Seiten des BMF auch eine entsprechende Anpassung von Rz. 15a des (BStBl 2017 I S. 1001) geplant. Nach über fünf Jahren Rechtsstreitigkeiten, einer fragwürdigen Gesetzesänderung (§ 27 Abs. 19 UStG) und diversen BMF-Schreiben bleibt somit am Ende die Erkenntnis, dass auch der Fiskus für seine steuerlichen Fehlbeurteilungen geradestehen muss.

Andreas Fietz

Fundstelle(n):
NWB 2019 Seite 153
NWB NAAAH-04746