BGH Beschluss v. - 4 StR 506/17

Schriftliche Übersetzung eines Urteils bei durch Anwalt vertretenem Angeklagten nicht erforderlich

Gesetze: § 187 Abs 2 GVG, Art 6 Abs 3e MRK

Instanzenzug: LG Arnsberg Az: 6 Ss 428/17nachgehend Az: 4 StR 506/17 Urteil

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung, schweren Raubes und Diebstahls „in einem besonders schweren Fall“ zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Termin zur Hauptverhandlung über die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft ist auf den bestimmt.

2Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom beantragt der Angeklagte, „das Urteil des LG Arnsberg vom in die englische Sprache übersetzen zu lassen und dem Angeklagten zu übermitteln“. Der Antrag ist nicht begründet.

31. Die nach § 187 GVG zu beurteilende Entscheidung, ob eine schriftliche Übersetzung des vollständig abgefassten Urteils anzufertigen und dem Angeklagten zu übermitteln ist, fällt in die Zuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichts; als Maßnahme der Verfahrensleitung entscheidet der Vorsitzende (, insofern nicht abgedruckt in StV 2014, 534; LR-StPO/Wickern, 26. Aufl., § 186 GVG Rn. 18; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 187 GVG Rn. 1a; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 186 Rn. 15 und § 187 Rn. 8).

42. Für die Anordnung einer schriftlichen Übersetzung des Urteils besteht kein Anlass.

5a) Ausgehend vom abgestuften System in § 187 Abs. 2 GVG (BT-Drucks. 17/12578, S. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 187 GVG Rn. 4) ist eine schriftliche Übersetzung regelmäßig dann nicht notwendig, wenn der Angeklagte verteidigt ist (§ 187 Abs. 2 Satz 5 GVG). In diesem Fall wird die effektive Verteidigung des sprachunkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt und der Angeklagte die Möglichkeit hat, das Urteil mit ihm – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers – zu besprechen (BT-Drucks. 17/12578, S. 12; vgl. BVerfGE 64, 135, 143; OLG Hamm, StV 2014, 534; OLG Stuttgart, StV 2014, 536, 537; OLG Celle, StraFo 2015, 383; OLG Braunschweig, Beschluss vom – 1 Ws 82/16, juris Rn. 11).

6b) Das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK ist vorliegend bereits dadurch gewahrt, dass dem verteidigten Angeklagten die mündliche Urteilsbegründung in der Hauptverhandlung durch einen Dolmetscher übersetzt wurde (vgl. EGMR, ÖJZ 1990, 412 – Kamasinski ./. Österreich; BVerfGE 64, 135, 143; BVerfG, NStZ-RR 2005, 273 [Ls]; OLG Köln, NStZ-RR 2006, 51; OLG Hamm, StV 2014, 534; OLG Stuttgart, StV 2014, 536, 537; OLG Braunschweig, aaO, Rn. 10; LR-StPO/Esser, aaO, Art. 6 EMRK Rn. 849; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 187 GVG Rn. 4).

7Gründe, die es ausnahmsweise rechtfertigen könnten, ihm den vollständigen Wortlaut der Urteilsurkunde zugänglich zu machen, zeigt der Angeklagte nicht auf; solche sind auch nicht ersichtlich.

Sost-Scheible

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:




ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2018:220118B4STR506.17.0

Fundstelle(n):
FAAAG-93455