BGH Beschluss v. - 3 StR 107/21

Zurückverweisung einer Sache durch das Revisionsgericht: Zuständigkeit für die Entscheidung über die schriftliche Übersetzung der Entscheidung für einen ausländischen Angeklagten; mündliche Übersetzung des Ausgangsurteils und der Revisionsentscheidung in der neuen Hauptsverhandlung bei verteidigtem Angeklagten

Gesetze: § 187 Abs 2 S 4 GVG, § 187 Abs 2 S 5 GVG

Instanzenzug: Az: 3 StR 107/21 Beschlussvorgehend LG Osnabrück Az: 15 KLs 5/20

Gründe

I.

1Das Landgericht Osnabrück hat den Angeklagten mit Urteil vom wegen Beihilfe zum vorsätzlichen Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Senat hat das Urteil auf die - beschränkte - Revision des Angeklagten mit Beschluss vom im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben sowie die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Nachdem die Strafakten bereits an das Landgericht abgeschickt worden waren, hat der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom darum gebeten, ihm eine Übersetzung des Beschlusses in die niederländische Sprache zukommen zu lassen, da er der deutschen Sprache nicht mächtig sei.

II.

2Der Senatsvorsitzende ist zu einer Entscheidung über den Antrag des Angeklagten nicht mehr berufen.

3Für die nach § 187 GVG zu beurteilende Frage, ob eine schriftliche Übersetzung einer gerichtlichen Entscheidung anzufertigen und dem Angeklagten zu übermitteln ist, ist grundsätzlich der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts zuständig (vgl. , BGHR GVG § 187 Abs. 2 Übersetzung 1 Rn. 3 mwN; s. auch § 480 Abs. 1 Satz 1 StPO; SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 187 GVG Rn. 17). Eine Ausnahmekonstellation, in der im Einzelfall etwas anderes gelten kann (s. dazu etwa , BGHSt 63, 192 Rn. 4 ff.), liegt nicht vor. Vielmehr spricht der gegenwärtige Verfahrensstand für eine Zuständigkeit des erneut mit der Sache befassten Landgerichts entsprechend den allgemeinen Regeln.

4Da das Strafverfahren noch nicht insgesamt rechtskräftig abgeschlossen ist, handelt es sich nicht um eine Fallgestaltung, bei der eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft zu erwägen wäre, wenn eine Zuständigkeit des Revisionsgerichts entfiele (derart , BGHSt 63, 192 Rn. 9 ff.). Zudem ist es insbesondere aus Gründen der Verfahrensökonomie sachgerecht, das erneut berufene Tatgericht mit dem Begehren des Angeklagten zu befassen. Dem Senat fehlt nach Abschluss des Revisionsverfahrens eine ausreichende Grundlage, um überprüfen zu können, ob ein Übersetzungsbedarf im Sinne des § 187 Abs. 2 GVG besteht. Dies gilt nicht allein für die Beurteilung der Sprachkenntnis des Angeklagten, für die sich naheliegend Anhaltspunkte aus den Sachakten finden lassen können, sondern auch für die weitere Verfahrensgestaltung. Werden etwa im Falle einer erneuten Hauptverhandlung zu deren Beginn das Ausgangsurteil und die zurückverweisende Revisionsentscheidung verlesen (vgl. , BGHR StPO § 243 Abs. 3 Anklagesatz 4 Rn. 4 aE), kann bei einem verteidigten Angeklagten zu erwägen sein, ob eine mündliche Übersetzung gemäß § 187 Abs. 2 Satz 4 und 5 StPO ausreicht. Sofern sich ein Angeklagter in Untersuchungshaft befindet, besteht überdies eine Sachnähe des ebenfalls nach § 126 StPO zuständigen neuen Tatgerichts.

Prof. Dr. SchäferVorsitzender Richter am Bundesgerichtshof

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2021:060721B3STR107.21.0

Fundstelle(n):
CAAAH-96032