Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die abweichende Regelung für den Zinslauf gemäß § 233a Abs. 2a der Abgabenordnung (AO 1977) auch dann eingreift, wenn der Verlustabzug nach § 23 Abs. 3 Satz 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe des § 10d EStG vorgenommen wurde.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielte im Streitjahr (1999) einen Gewinn aus Wertpapiergeschäften gemäß § 23 EStG in Höhe von ... DM. Im Veranlagungszeitraum 2000 erlitt er einen Verlust aus diesen Geschäften, den der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) zuletzt mit ... DM auf das Streitjahr zurücktrug. Das FA änderte u.a. deshalb den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr. In Bezug auf die Nachzahlungszinsen ging es davon aus, der Zinslauf beginne am , soweit die Steuerminderungen auf Verlustrückträgen aus den privaten Veräußerungsgeschäften beruhten. Nach Auffassung der Kläger begann der Zinslauf auch insoweit bereits am . Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Für das Finanzgericht (FG) beginnt der Zinslauf nach § 233a Abs. 2a AO 1977 am ; denn § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG sehe einen Verlustrücktrag nach § 10d EStG vor, für den das Gesetz den Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Verlustentstehungsjahres (hier: 2000) beginnen lasse.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger, die sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensfehler stützen. Grundsätzlich bedeutsam sei, ob § 233a Abs. 2a AO 1977 einen abweichenden Zinslauf nur für einen Verlustabzug nach § 10d EStG, nicht aber für einen solchen nach § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG anordne. Denn § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG werde in § 233a Abs. 2a AO 1977 nicht ausdrücklich erwähnt. Ein Verfahrensfehler ergebe sich daraus, dass das FG bereits am entschieden habe, bevor sich die Kläger zum Schriftsatz des FA vom hätten äußern können.
Das FA ist der Beschwerde entgegen getreten.
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die von den Klägern herausgehobene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist einer Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschluss vom VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231, m.w.N.). Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob der Zinslauf auch bei rücktragbaren Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 233a Abs. 2a AO 1977 15 Monate nach Ablauf des Verlustentstehungsjahres beginnt, ist nicht klärungsbedürftig, da diese Frage unmittelbar aus dem Gesetz und offensichtlich so zu beantworten ist, wie es die Vorinstanz getan hat (vgl. , BFHE 187, 332, BStBl II 1999, 206; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 115 Rz. 28, m.w.N.).
b) Nach § 233a Abs. 2a AO 1977 beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verlust entstanden ist, soweit die Steuerfestsetzung auf einem Verlustabzug nach § 10d Abs. 1 EStG beruht. Die Steuerfestsetzung beruht auch dann auf § 10d EStG, wenn das Gesetz den Verlustabzug von bestimmten —einschränkenden— Voraussetzungen abhängig macht. So eröffnet § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG den in Satz 8 grundsätzlich ausgeschlossenen Verlustabzug nach § 10d EStG nur für Einkünfte, die der Steuerpflichtige aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat oder erzielt und trägt damit den Vorgaben des (BVerfGE 99, 88) Rechnung (so die Gesetzesbegründung in BTDrucks 14/23, S. 180 zu § 23 EStG). Die in § 23 Abs. 3 Satz 9 EStG enthaltenen besonderen Bedingungen ändern aber nichts daran, dass die Steuerfestsetzung selbst auf dem nach Maßgabe des § 10d EStG durchgeführten Verlustabzug beruht; denn dieser ist nach § 10d Abs. 1 Satz 7 EStG vom Ausüben eines Gestaltungsrechts des Steuerpflichtigen abhängig.
Nur eine derartige Betrachtung wird dem Zweck des § 233a Abs. 2a AO 1977 gerecht sicherzustellen, dass Verlustrückträge bei der Verzinsung nach § 233a AO 1977 erst dann berücksichtigt werden, wenn entsprechende Liquiditätsvor- oder -nachteile vorliegen (vgl. dazu BTDrucks 13/5359, S. 130; Suhrbier-Hahn, Deutsches Steuerrecht 1997, 389, 390; Ruban in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 233a AO Rz. 29). Das ist frühestens im Verlustentstehungsjahr der Fall.
2. Der geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Zwar gewährleistet der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—; § 96 Abs. 2 FGO) dem Verfahrensbeteiligten, sich zu den der Entscheidung zu Grunde liegenden Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern und ihre für wesentlich gehaltenen Rechtsansichten vorzutragen (ständige Rechtsprechung, vgl. , BFHE 188, 273, BStBl II 1999, 531). Das Gericht darf nicht entscheiden, bevor eine von ihm gesetzte Frist zur Stellungnahme verstrichen ist (, BFH/NV 2002, 945 f., m.w.N.). Indes hatte die Vorinstanz die Klageerwiderung des FA vom dem Klägervertreter ohne eine Frist zur Stellungnahme nur zur Kenntnisnahme übersandt. Dieser Schriftsatz enthielt überdies keine neuen Tatsachen oder Rechtsansichten, sondern lediglich eine Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung. Im Übrigen hatte sich das FA den prozessualen Erklärungen der Kläger (Verzicht auf mündliche Verhandlung; Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter) angeschlossen. Deshalb durfte das FG entscheiden, ohne eine weitere Stellungnahme abzuwarten.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 295
BFH/NV 2003 S. 295 Nr. 3
TAAAA-71412