Widerruf übereinstimmender Erledigungserklärungen nur bei Vorliegen eines Restitutionsgrundes
Gründe
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) meldete in ihren Umsatzsteuererklärungen für 1993 und 1995 (Streitjahre) Vorsteuerbeträge in Höhe von 13 649,61 DM und 12 832,81 DM aus dem Bezug von jeweils zwei PKW an. Zugrunde lag u.a. eine Rechnung vom , nach der die Klägerin von einer Autohandels-OHG, deren zur alleinigen Geschäftsführung berechtigte Gesellschafterin sie war, einen Neuwagen zum Preis von 75 000 DM einschließlich 9 782,61 DM Umsatzsteuer erworben hatte. Diesen PKW hatte sie gemäß einer Rechnung vom an diesem Tag an Herrn X für 68 800 DM (ohne Umsatzsteuerausweis) veräußert.
Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) für die Streitjahre Änderungsbescheide, in denen es die Umsatzsteuer jeweils auf 0 DM festsetzte. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage. Streitig war u.a., ob der PKW tatsächlich erst am an X geliefert wurde.
Das Finanzgericht (FG) vernahm in der mündlichen Verhandlung vom X als Zeugen. Anschließend sagte das FA zu, die Umsatzsteuer für 1993 und 1995 auf negative Beträge von 821 DM und 7 883 DM festzusetzen. Sodann erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Am erließ das FA entsprechende Änderungsbescheide.
Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom Einwendungen und legte gegen die Änderungsbescheide vom vorsorglich Einspruch ein. Zur Begründung legte sie die Kopie des von X zur Zahlung des Kaufpreises des PKW hingegebenen Schecks vor und führte aus, der Annahme einer Fahrzeuglieferung noch im Kalenderjahr 1993 stehe nunmehr die unzweifelhafte Tatsache entgegen, dass dieser Scheck erst am ausgestellt worden sei, die Fahrzeuglieferung somit eindeutig erst im Januar 1994 stattgefunden habe.
In Kenntnis dieser Scheckkopie antwortete X mit Schreiben vom dem FA, dass seine Aussage, der PKW sei noch im Jahr 1993 geliefert worden, weiterhin bestehen bleibe.
Das FA wertete das Schreiben der Klägerin vom als Einspruch und wies diesen mit Einspruchsentscheidung vom zurück.
Die dagegen gerichtete Klage wies das FG ab. Es führte zur Begründung u.a. aus: Übereinstimmende Erledigungserklärungen im Prozess seien grundsätzlich unwiderruflich. Anderes könne allenfalls gelten, wenn ein Restitutionsgrund i.S. des § 580 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorliege (Hinweis auf , BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121). Ein solcher könne indes im Streitfall nicht angenommen werden (wurde ausgeführt).
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das FG-Urteil weicht entgegen der Ansicht der Klägerin nicht von dem BFH-Urteil in BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121 ab.
a) Die Klägerin ist der Meinung, das FG habe das bezeichnete BFH-Urteil nicht richtig verstanden, indem es ausgeführt habe, übereinstimmende Erledigungserklärungen seien ”allenfalls” widerruflich, wenn ein Restitutionsgrund i.S. des § 580 ZPO vorliege. Der BFH habe in seinem Urteil in BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121 dagegen (lediglich) ausgeführt, übereinstimmende Erledigungserklärungen seien grundsätzlich unwiderruflich; anderes gelte, wenn ein Restitutionsgrund vorliege. Diese Aussage sei so zu verstehen, dass Erledigungserklärungen nicht ”nur” widerruflich seien, wenn ein Restitutionsgrund vorliege.
b) Die Auffassung der Klägerin ist unzutreffend. Die von ihr behauptete Divergenz liegt nicht vor.
Das BFH-Urteil in BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121 ist so zu verstehen, wie es das FG angenommen hat. Dies wird bestätigt durch den (BFH/NV 2002, 1339). In diesem Beschluss hat der X. Senat des BFH unter Hinweis auf seine Entscheidung in BFHE 151, 118, BStBl II 1988, 121 ausgeführt: Übereinstimmende Erledigungserklärungen seien grundsätzlich unwiderruflich. Anderes gelte ”nur”, wenn ein Restitutionsgrund (§ 134 der Finanzgerichtsordnung —FGO— i.V.m. § 580 ZPO) vorliege. In diesem Fall sei die Fortsetzung des Prozesses zuzulassen.
2. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ferner darauf verweist, eine Erledigungserklärung im finanzgerichtlichen Verfahren habe keine Bindungswirkung wie ein finanzgerichtliches Urteil (Hinweis auf , BFH/NV 2000, 937), hat sie keinen Revisionszulassungsgrund entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt.
3. Da die Unwiderruflichkeit der Erledigungserklärung eine selbständig tragende Begründung des FG-Urteils ist, kann offen bleiben, ob im Hinblick auf die ferner vom FG für die Abweisung der Klage gegebene Begründung ein Revisionszulassungsgrund vorliegt (vgl. , BFH/NV 2001, 1620).
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 1060
BFH/NV 2003 S. 1060 Nr. 8
DAAAA-70603