Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - Einkommensermittlung - zu versteuerndes Einkommen - Nichtberücksichtigung eines steuerfreien Stipendiums - Verfassungsrecht - Darlegungsanforderungen
Gesetze: § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 2 Abs 1 S 3 BEEG, § 3 Nr 44 EStG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 GG
Instanzenzug: SG Marburg Az: S 15 EG 3/13 Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht Az: L 5 EG 22/14 Urteil
Gründe
1I. Die Klägerin beansprucht höheres Elterngeld für ihre am geborene Tochter unter Berücksichtigung der Zuwendungen aus einem Stipendium aus dem Jahr 2012. Das LSG hat den hilfsweise geltend gemachten Anspruch verneint (Urteil vom ). Nach § 2 Abs 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) seien lediglich von dem Einkommensteuergesetz (EStG) erfasste steuerpflichtige Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Zuwendungen aufgrund eines Stipendiums fielen hierunter nicht.
2Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.
3II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
41. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl - Juris RdNr 4; - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
6Die Klägerin hat jedoch nicht ausreichend dargelegt, dass die von ihr gestellte Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung im oben dargestellten Sinne hat.
7Es fehlen bereits Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, ob sich auf der Grundlage des vom LSG festgestellten und für das BSG im angestrebten Revisionsverfahren grundsätzlich verbindlichen (§ 163 SGG) Sachverhalts notwendig über die angesprochene Problematik zu entscheiden ist. Denn aus dem angegriffenen Berufungsurteil ergibt sich, dass die Klägerin vor dem LSG lediglich "hilfsweise" ein höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der im Jahr 2012 erhaltenen Zuwendungen aus einem Stipendium beantragt hat. Eine Schilderung des der LSG-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts gehört jedoch zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw Bezeichnung des Revisionszulassungsgrundes. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr, zB - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 10, jeweils mwN).
8Die Klägerin hat aber auch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht im gebotenen Maße aufgezeigt. Soweit sie eine Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs 1 BEEG gemessen an Art 3 und Art 6 GG unter Mitteilung ihrer eigenen Rechtsansicht behauptet, reicht dies nicht aus. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht nur auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des GG im Einzelnen darlegt werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat ( - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 6). Eine diesbezügliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG lässt die Beschwerdebegründung vermissen. Anlass hierzu hätte aber schon deshalb bestanden, weil sowohl das BSG als auch BVerfG bereits ausdrücklich festgestellt haben, dass der Gesetzgeber mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des Elterngelds gemäß § 2 Abs 1 BEEG ein legitimes Differenzierungsziel verfolgt hat (vgl - NJW 2012, 214; Senatsbeschluss vom - B 10 EG 14/13 B - Juris RdNr 9).
9Aber selbst wenn das BSG eine Frage - worauf sich die Klägerin vorliegend beruft - noch nicht ausdrücklich entschieden hat, ist eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, zB - Juris RdNr 8 mwN). Die Klägerin unterzieht sich jedoch nicht der notwendigen Mühe, sich insoweit mit der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 1 BEEG auseinanderzusetzen. Sie beschäftigt sich nicht mit der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass in die Elterngeldberechnung als Bemessungsgrundlage grundsätzlich nur Einkünfte einfließen, die der Einkommensteuer unterliegen (ua Senatsurteil vom - B 10 EG 9/13 R - BSGE 116, 54 = SozR 4-7837 § 2 Nr 28, RdNr 14 mwN). Die Klägerin geht in ihrer Beschwerdebegründung weder auf den steuerrechtlich geprägten Einkommensbegriffs des BEEG und auf die hierfür vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung des BSG angeführten Gründe ein, noch legt sie hiervon ausgehend dar, aus welchen Gründen nicht zu versteuernde Zuwendungen - wie hier das Stipendium gemäß § 3 Nr 44 EStG - entgegen § 2 Abs 1 S 3 BEEG nach Maßgabe von Art 3 und 6 GG zur Berechnung des als Einkommensersatzleistung ausgestalteten Elterngelds trotz des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im steuerakzessorischen Elterngeldrecht herangezogen werden müssten. Substanzvolle Darlegungen der Klägerin wären hier aber schon deshalb geboten gewesen, weil der Senat bereits in seinem Urteil vom unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien im Einzelnen ausgeführt hat, dass sich der Gesetzgeber von Anfang an darüber im Klaren war, mit dem Verweis auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriff steuerfreie Einkünfte und Einnahmen von der Elterngeldbemessung auszunehmen (B 10 EG 9/13 R - BSGE 116, 54 = SozR 4-7837 § 2 Nr 28, RdNr 20 ff).
102. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
113. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
124. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2018:120618BB10EG118B0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2018 S. 1071 Nr. 9
HAAAG-88626