Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, wurde 1956 mit einem Stammkapital von 1 400 000 DM gegründet. Ab 1974 betrug das Stammkapital nach mehreren Erhöhungen 6 700 000 DM, ab März 1994 dann 16 700 000 DM. Ihre alleinige Gesellschafterin war in den Streitjahren 1988 bis 1994 die 1967 gegründete Crane GmbH (C-GmbH). Deren Gesellschafterinnen sind zwei US-Corporations (U und C) zu 99,99 v.H. bzw. 0,01 v.H. der Anteile. Die Gesellschafterstruktur entstand dadurch, dass die U die Geschäftsanteile an der Klägerin erwarb und diese mit Vertrag vom in die C-GmbH einlegte.
Die Klägerin produziert und vertreibt ...geräte. Unternehmensgegenstand der C-GmbH ist die Herstellung und der Vertrieb von ...automaten, ...geräten und…Hauptsächlich vertreibt die C-GmbH ...automaten, die sie von einer Konzerntochter aus den USA bezieht und in Deutschland mit ...geräten vor dem Verkauf nachrüstet. Die C-GmbH bezog in den Streitjahren zwischen ca. 50 v.H. und 70 v.H. der von ihr benötigten ...geräte von der Klägerin, im Übrigen von einem anderen Unternehmen. Die Art der eingebauten ...geräte bestimmt der jeweilige Kunde der C-GmbH.
Die Klägerin vertreibt ihre Geräte weltweit. Die Umsatzerlöse der Klägerin betrugen in den Streitjahren zwischen rd. 47 Mio. DM und 84 Mio. DM. Davon entfielen auf Lieferungen an die C-GmbH zwischen 1 500 DM und 270 000 DM. Die Umsatzerlöse der C-GmbH betrugen ab 1989 zwischen rd. 2,6 Mio. DM und 7,6 Mio. DM.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin sieht vor, dass die Gesellschaft, wenn nur ein Geschäftsführer vorhanden ist, durch diesen, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen von diesen in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten wird. In den Streitjahren waren Geschäftsführer bei der Klägerin: M, dieser alleinvertretungsberechtigt, T bis zum , W vom bis zum und L seit dem . Bei der C-GmbH waren in dieser Zeit Geschäftsführer: M, dieser auch hier alleinvertretungsberechtigt, D bis zum , C bis zum , W vom bis zum und L seit dem .
Im Besteuerungsverfahren machte die Klägerin geltend, dass zwischen ihr und der C-GmbH —als Organträgerin— eine Organschaft bestehe.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) erkannte das Organschaftsverhältnis mangels wirtschaftlicher und organisatorischer Eingliederung steuerlich nicht an. Er erließ entsprechende Gewerbesteuermessbescheide.
Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 40 abgedruckt.
Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet.
Die Vorinstanz ist vom Bestehen eines Organschaftsverhältnisses zwischen der Klägerin als Organgesellschaft und der C-GmbH als Organträgerin gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 14 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) —jeweils in den in den Streitjahren geltenden Fassungen— ausgegangen und hat in diesem Zusammenhang zutreffend angenommen, dass die Klägerin sowohl wirtschaftlich als auch organisatorisch (vgl. § 14 Nr. 2 KStG) in die C-GmbH eingegliedert war.
1. a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats, an welcher festgehalten wird, setzt die wirtschaftliche Eingliederung einer Organgesellschaft gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Nr. 2 KStG voraus, dass das herrschende Unternehmen (Organträger) eigene gewerbliche Zwecke verfolgt, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann (, BFHE 157, 127, BStBl II 1989, 668; vom I R 110/88, BFHE 158, 346, BStBl II 1990, 24; Senatsbeschlüsse vom I B 113/95, BFH/NV 1996, 928; vom I B 7/98, BFH/NV 1999, 373). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das beherrschende Unternehmen eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der Organgesellschaft gefördert wird und die im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse beurteilt werden (vgl. Urteil vom I R 120/70, BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740).
In welcher Weise in diesem Zusammenhang das Merkmal der untergeordneten Bedeutung zu verstehen ist, beantwortet sich im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung am jeweiligen Einzelfall, wobei —wie sich an dem Urteil in BFHE 110, 17, BStBl II 1973, 740 erweist— in erster Linie der Umsatzvergleich als aufschlussreich erscheint. Dies schließt nicht aus, dass ggf. auch andere Kriterien und Anhaltspunkte (z.B. die Gewinne) hilfreich sein können. Letztlich obliegt es aber tatrichterlicher Erkenntnis, die entsprechende Gesamtwürdigung vorzunehmen.
b) Das FG ist in dem angefochtenen Urteil von diesen Grundsätzen ausgegangen. Es hat entschieden, dass die von der C-GmbH ausgeübte gewerbliche Tätigkeit durch den Betrieb der Klägerin gefördert werde, indem diese ...geräte an die C-GmbH liefere, die diese in 50 v.H. - 70 v.H. der von ihr verkauften Automaten einbaue. Es hat weiter entschieden, dass die C-GmbH, gemessen an den von ihr eigengewerblich erwirtschafteten Umsätzen unter Einbeziehung der von dem beherrschten Unternehmen erwirtschafteten Umsätze, nicht in nur untergeordneter Weise tätig geworden ist. Denn diese Umsätze hätten im streitigen Zeitraum bei relativer Betrachtung zwischen 5,2 v.H. und 11,6 v.H. der gesamten Umsätze des Organkreises ausgemacht und in absoluten Zahlen zwischen 2,6 Mio. DM und 7,6 Mio. DM betragen. Insbesondere diese absolute Größenordnung verbiete es, den Anteil der C-GmbH als untergeordnet zu vernachlässigen. Das gelte auch zu Beginn des Eingliederungszeitraums für das Streitjahr 1988, in welchem noch keine nennenswerten Umsätze erzielt worden seien. Richtigerweise müsse auf das Gesamtbild der Verhältnisse abgestellt werden. Danach sei die Tätigkeit der C-GmbH in den Folgejahren den ursprünglichen Planungen entsprechend ausgedehnt worden.
Diese tatrichterlichen Einschätzungen binden den Senat (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Sie wurden vom FA nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Soweit das FA in der Sache anderer Auffassung ist, setzt es lediglich seine eigene Sachverhaltswürdigung an die Stelle jener des FG, ohne dass diese dadurch gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze verstieße. Die Beurteilung durch das FG ist infolgedessen aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.
2. Das FA hat sich zwischenzeitlich der Vorinstanz darin angeschlossen, dass die Klägerin auch organisatorisch in die C-GmbH eingegliedert war. Der Senat hat keinen Anlass, diese übereinstimmende Einschätzung der Rechtslage in Frage zu stellen. Das gilt auch für die Annahme des FG, die C-GmbH habe ihren Willen als Organträgerin bei der Klägerin durchsetzen können. Zwar ist davon auszugehen, dass die maßgebenden unternehmerischen Entscheidungen nicht bei der C-GmbH, sondern bei der US-Muttergesellschaft U getroffen wurden. Es gibt nach diesem festgestellten Sachverhalt und auch nach dem Vorbringen des FA jedoch keinen Hinweis darauf, dass die U diese unternehmerischen Entscheidungen gegenüber der Klägerin tatsächlich auf direktem Wege, also unter Außerachtlassung der C-GmbH, hätte durchsetzen können.
Dass die U ihren Willen andererseits bei der C-GmbH durchsetzen konnte, steht der organisatorischen Eingliederung der Klägerin in die C-GmbH nicht entgegen. Denn das ändert nichts daran, dass diese Willensdurchsetzung von dem gesellschaftsrechtlich vorgegebenen Möglichkeiten abhängig war (vgl. Raupach, Internationales Steuerrecht —IStR— 1993, 194; Pach-Hanssenheimb, IStR 1993, 1; Orth, GmbH-Rundschau 1996, 33; Witt in Dötsch/ Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 59). Die US-Muttergesellschaft als Mehrheitsgesellschafterin konnte lediglich die Geschäftsführung der C-GmbH entsprechend anweisen, sie konnte dies aber nicht unmittelbar der Klägerin gegenüber tun. Im Hinblick auf diese war sie vielmehr auf die entsprechende tatsächliche Umsetzung ihres Willens durch M als den Hauptgeschäftsführer sowohl der C-GmbH als auch der Klägerin angewiesen. Darauf, welchen Einflüssen zuvor wiederum M ausgesetzt war, kann es deshalb nicht ankommen. Deutlich wird dies nicht zuletzt an § 14 Nr. 2 Satz 2 KStG, wonach die organisatorische Eingliederung stets gegeben ist, wenn die Organgesellschaft durch einen Beherrschungsvertrag i.S. von § 291 des Aktiengesetzes die Leitung ihres Unternehmens dem Unternehmen des Organträgers unterstellt. Auch unter solchen Umständen ist also allein auf das Verhältnis zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft abzustellen, unabhängig davon, ob und in welcher Weise der Organträger seinerseits von Vorgaben seiner Gesellschafter abhängt.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 345
BFH/NV 2003 S. 345 Nr. 3
DStRE 2003 S. 174 Nr. 3
XAAAA-70067