Online-Nachricht - Mittwoch, 23.05.2018

Einkommensteuer | Rücklagen einer kommunalen Gebietskörperschaft (BFH)

Gemeinden dürfen bei ihren Regiebetrieben Rücklagen bilden, die bis zu ihrer Auflösung die Kapitalertragsteuer mindern (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Im Streitfall hatte die klagende Stadt die handelsrechtlichen Jahresüberschüsse ihres Betriebs gewerblicher Art (BgA), der als Regiebetrieb geführt wurde, in den Jahren 2005 und 2006 als Gewinnvortrag ausgewiesen. Die Gewinne stammten maßgeblich aus Dividendeneinnahmen, die zwar auf das Bankkonto der Klägerin flossen, aber vom BgA in einem verzinsten Verrechnungskonto erfasst waren. Die Klägerin ging davon aus, dass insoweit keine der Kapitalertragsteuer unterliegenden Einkünfte aus Kapitalvermögen vorlagen. Zu diesen gehört nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG nur der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn eines BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Das FA und das FG erkannten demgegenüber die Gewinnvorträge nicht als Rücklage i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG an, so dass es zu einer Nachforderung von Kapitalertragsteuer kam.

Die Richter des BFH führten hierzu aus:

  • Regiebetriebe dürfen eine Rücklage bilden, auch wenn ihre Gewinne -abweichend zu Eigenbetrieben- unmittelbar in den Haushalt der Trägerkörperschaft fließen. Denn das Gesetz sieht keine Differenzierung zwischen Eigen- und Regiebetrieben vor und die Ausschüttungsbesteuerung der BgA hat ohnehin nur fiktiven Charakter.

  • Dem a/13/10001, BStBl I 2015, 111 ist nicht zu folgen, wenn im Gegensatz zu Eigenbetrieben bei Regiebetrieben eine Rücklagenbildung nur zulässig sein soll, wenn die Zwecke des BgA ohne die Rücklagenbildung nicht erfüllt werden können. Denn hierfür besteht keine gesetzliche Grundlage.

  • Darüber hinaus kommt es auch nicht auf eine haushaltsrechtliche Mittelreservierung an. Für die steuerliche Anerkennung reicht vielmehr jedes "Stehenlassen" der handelsrechtlichen Gewinne als Eigenkapital aus, sofern anhand objektiver Umstände nachvollzogen und überprüft werden kann, dass dem Regiebetrieb die entsprechenden Mittel weiterhin als Eigenkapital zur Verfügung stehen.

  • Kommt es in diesem Zusammenhang zu Liquiditätsabflüssen an die Trägerkörperschaft, sind die für Kapitalgesellschaften und deren Alleingesellschafter entwickelten Grundsätze über verdeckte Gewinnausschüttungen entsprechend anwendbar.

Hinweis:

Das Urteil ist für die öffentliche Hand im Rahmen des Wettbewerbs ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten mit privatwirtschaftlichen Unternehmen von großer praktischer Bedeutung.

Die Fortentwicklung der Rechtsprechung zum Kapitalertragsteuerabzug bei BgA wird durch zwei weitere ergänzt:

  • Zum einen hat der BFH im Urteil VIII R 75/13 entschieden, dass bei dem Regiebetrieb einer kommunalen Gebietskörperschaft die Gewinne des Jahres 2001 auch dann steuerfrei bleiben, wenn sie zunächst in die Rücklagen eingestellt, dann aber in einem späteren Veranlagungszeitraum wieder aufgelöst werden. Diese nur für die Gewinne des Jahres 2001 geltende Steuerfreiheit folge aus der Formulierung der zeitlichen Anwendungsregelung bei Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchs. b EStG (lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht "Keine KapESt durch Auflösung von Rücklagen").

  • Zum anderen hat der BFH im Urteil VIII R 15/16 entschieden, dass die für Regiebetriebe kommunaler Gebietskörperschaften entwickelten Grundsätze zur Bildung von Rücklagen auch bei Regiebetrieben einer Verbandskörperschaft Anwendung finden (lesen Sie hierzu unsere Online-Nachricht "Rücklagen im Regiebetrieb einer Verbandskörperschaft").

Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 26/2018 v. (Ls)

Fundstelle(n):
YAAAG-84316