Online-Nachricht - Montag, 16.04.2018

Einkommensteuer | Vergütung nebenberuflicher Fahrer einer gemeinnützigen Einrichtung (FG)

Die Vergütung für nebenberuflich tätige Fahrer einer gemeinnützigen Einrichtung im Bereich der Altenhilfe kann steuerfrei sein (; Revision anhängig, BFH-Az. VI R 9/18).

Hintergrund: Einnahmen aus der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem EWR-Staat belegen ist, oder einer unter § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke sind bis zur Höhe von insgesamt 2.400 € im Jahr steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG).

Sachverhalt: Die Klägerin, eine von der Körperschaftsteuer befreite gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt ein Seniorenzentrum. Sie bietet u.a. teilstationäre Tagespflege an. Die Tagespflege wird grundsätzlich an einem oder mehreren Tagen pro Woche von älteren Menschen besucht, die in der Regel über 75 Jahre alt sind. Mehr als die Hälfte von ihnen waren bei Abschluss der Nutzungsverträge in Pflegestufen eingestuft. Teil der im Rahmen der Tagespflege von der Klägerin zu erbringenden Leistungen ist die notwendige Beförderung der Nutzer von der Wohnung zur Einrichtung und zurück.

Die Fahrten führt sie mit Kleinbussen mit Hebebühne mit maximal acht Nutzern durch. Jeweils ein Fahrer führt eine Tour durch. Dieser hilft den Nutzern von der Wohnung zum Bus und zurück. Die Fahrer werden hierzu von der Klägerin oder externen Anbietern geschult. Sie erhielten in den Streitjahren für ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung, maximal 2.100 € bzw. 2.400 € jährlich. Die acht Fahrer machten Stundenaufzeichnungen. Die Klägerin führte für sie keine Lohnsteuer ab, da sie davon ausging, dass der Lohn nach § 3 Nr. 26 EStG für bürgerschaftlich engagierte, nebenberuflich tätige Mitarbeiter steuerfrei sei.

Das beklagte Finanzamt gelangte nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu dem Ergebnis, die Fahrtätigkeit diene mangels persönlichem Kontakt nicht der Förderung der geistigen und körperlichen Fähigkeiten. Anzuwenden sei der Freibetrag nach § 3 Nr. 26a EStG in Höhe von 500 € bzw. 720 € ab 2013.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg:

  • Die Klägerin haftet nicht für nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer für die Vergütungen an ihre Fahrer. Die Vergütungen sind nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei.

  • § 3 Nr. 26 EStG ist aus gesellschaftspolitischen Gründen zur Anerkennung der für das Gemeinwesen wichtigen Tätigkeit der Pflege und zur Motivation bürgerschaftlichen Engagements eingeführt worden. Die Klägerin ist eine Einrichtung zur Förderung mildtätiger Zwecke.

  • Die Nutzer der Tagespflege sind aufgrund ihres Alters und ihres geistigen oder körperlichen Zustands hilfebedürftige Personen.

  • Die Tätigkeit der Fahrer erschöpft sich nicht in der reinen Beförderung. Sie enthält die Pflege alter Menschen. Pflege umfasst "sämtliche persönlich zu erbringende Hilfeleistungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens". Dazu gehört auch die Hilfe zur Mobilität pflegebedürftiger Personen.

  • Hilft ein Fahrer beim Verlassen und Aufsuchen der Wohnung sowie beim Ein- und Ausstieg, besteht auch ein unmittelbarer und persönlicher Kontakt.

  • Zudem sind die Fahrer nebenberuflich, im Durchschnitt weniger als 12 Stunden wöchentlich, tätig gewesen.

Quelle: FG Baden-Württemberg, Pressemitteilung v. (il)

Nachricht aktualisiert am : Inzwischen ist die Revision beim BFH unter dem Az. VI R 9/18 anhängig.

Fundstelle(n):
NWB MAAAG-80850