Erinnerungsverfahren gegen Gerichtskostenansatz als kontradiktorisches Verfahren
Verhältnis des Erinnerungsverfahrens zum Hauptsacheverfahren
Staatskasse als Beteiligter des Erinnerungsverfahrens
Befugnis der Staatskasse zur Einlegung der Erinnerung bzw. Anschlusserinnerung
Verpflichtung zur Anhörung der Staatskasse vor einer Stattgabe der Erinnerung
Inanspruchnahme der Klägerin als Antragstellerin für die Gerichtskosten nach gerichtlichem Einstellungsbeschluss ohne Kostenentscheidung
Leitsatz
1. Das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ist ein kontradiktorisches (Streit-) Verfahren, in dem die Staatskasse
dem Kostenschuldner als Gegner gegenübersteht und als Erinnerungsgegner beteiligt ist (hier: Land Sachsen-Anhalt, vertreten
durch die Bezirksrevisorin, als Erinnerungsgegner). Das gilt auch dann, wenn nur der Kostenschuldner, nicht aber die Staatskasse
eine Erinnerung bzw. Anschlusserinnerung erhebt. Streitgegenstand des besonderen Verwaltungsprozesses der Erinnerung gegen
den Kostenansatz ist der Anspruch der Staatskasse auf die Zahlung der Gerichtskosten, über den das Prozessgericht im Erinnerungsverfahren
streitig entscheiden muss.
2. Das Kostenansatzverfahren und das sich ggf. anschließende Erinnerungsverfahren sind Annexverfahren zum Rechtsstreit der
Hauptsache. Das im Rechtsstreit der Hauptsache bestehende widerstreitende Rechtsverhältnis zwischen Kläger und Beklagtem setzt
sich im Kostenansatz- und Erinnerungsverfahren nicht fort.
3. Das Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz ist ein besonderer Verwaltungsprozess, weshalb für das Erinnerungsverfahren
der Untersuchungs- und der Amtsermittlungsgrundsatz gelten. Das Erinnerungsverfahren ist hiernach ein eigenständiges, von
dem Rechtsstreit in der Hauptsache abzugrenzendes Rechtsbehelfsverfahren.
4. Erhebt der Kostenschuldner Erinnerung, schließt dies nicht die Möglichkeit der Staatskasse aus, ebenfalls Erinnerung bzw.
Anschlusserinnerung einzulegen. Das bei einer ausschließlich vom Kostenschuldner erhobenen Erinnerung zu beachtende Verböserungsverbot
gilt im Erinnerungsverfahren nicht, wenn eine Anschlusserinnerung eingelegt wurde. Die deshalb ggf. mögliche Erhöhung der
Gerichtskosten wird dabei aber – auch wenn das Verböserungsverbot nicht gilt – nicht über den von Seiten der Staatskasse geforderten
Betrag hinausgehen können.
5. Das Gericht ist nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, den Gegner des Erinnerungsführers als Verfahrensbeteiligten vor der
Entscheidung anzuhören, wenn beabsichtigt ist, der Erinnerung ganz oder teilweise stattzugeben.
6. Hat ein Rechtsanwalt für die Klägerin Klage erhoben sowie einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt und die Klage sowie den
PKH-Antrag nach einem gerichtlichen Hinweis wieder zurückgenommen, so kann die Klägerin dann, wenn das Gericht einen Einstellungsbeschuss
ohne Kostenentscheidung getroffen hat, nach § 22 Abs. 1 S. 1 GKG als Antragstellerin als Kostenschuldnerin in Anspruch genommen
werden. Die Gebührenforderung entsteht mit der Einreichung der unbedingten und unterschriebenen Klageschrift beim Gericht.
Tatbestand
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n): CAAAG-79709
Preis: €5,00
Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 08.03.2018 - 5 KO 87/18
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