Leitsatz
1. Ein Unternehmer, der einen Gegenstand (im Streitfall: PKW) zur gemischten (teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt, kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen; er kann ihn insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen; schließlich kann er ihn entsprechend dem —geschätzten— unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.
2. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden. Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden.
3. Bei einem PKW, der überwiegend betrieblich genutzt wird, kann aus dem Umstand, dass er ertragsteuerlich notwendig dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist und vom Unternehmer entsprechend behandelt wird, nicht geschlossen werden, dass der Unternehmer ihn auch umsatzsteuerlich seinem Unternehmen zugeordnet hat.
Gesetze: UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1
Instanzenzug: FG Baden-Württemberg (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist selbständiger Bausparkassenvertreter und Immobilienvermittler. Im Streitjahr 1989 führte er sowohl steuerfreie Umsätze aus der Vermittlung von Bausparverträgen als auch steuerpflichtige Umsätze aus der Vermittlung von Immobilien aus. Im Jahr 1987 hatte der Kläger einen PKW von einem Nichtunternehmer erworben. Er konnte anlässlich des Kaufs keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. In der Folgezeit nutzte er den PKW sowohl betrieblich als auch privat. Ertragsteuerlich zog er seine gesamten PKW-Kosten —vermindert um den privaten Nutzungsanteil (durchschnittlich 20 v.H.)— als Betriebsausgaben ab und berücksichtigte die hierbei in Rechnung gestellten Umsatzsteuern anteilig als abziehbare Vorsteuerbeträge. In der Buchführung des Klägers sind sowohl der Ankauf als auch der Verkauf des PKW sowie die PKW-Kosten vermerkt.
Im Sommer 1989 verkaufte der Kläger den PKW an einen Nichtunternehmer. In seiner Umsatzsteuererklärung für 1989 berücksichtigte er diese Veräußerung nicht.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) vertrat die Auffassung, der Verkauf sei umsatzsteuerbar, da sich der PKW im Unternehmensvermögen befunden habe und überwiegend im unternehmerischen Bereich eingesetzt worden sei. Dementsprechend änderte das FA den Umsatzsteuerbescheid 1989. Der Einspruch blieb teilweise erfolglos.
Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Das FG führte aus, im Streitfall gebe es keine Beweisanzeichen, die die Zuordnung des PKW durch den Kläger zum unternehmerischen Bereich erkennen ließen. Wegen der fehlenden Möglichkeit des Vorsteuerabzugs könne insoweit kein Rückschluss auf die Zuordnung gezogen werden. Das Maß der unternehmerischen Nutzung und die ertragsteuerrechtliche Behandlung seien unbeachtlich. Die damit bestehende und nicht zu beseitigende Ungewissheit gehe zu Lasten des FA, das die Zuordnung des PKW zum Unternehmen als steuerbegründende Tatsachen vorgetragen habe.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 (im Folgenden: UStG 1980). Es trägt vor: Das FG habe verkannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Verbuchung des An- und Verkaufs des PKW sowie der laufenden Kosten ein Indiz für die Zuordnung zum Unternehmen sei. Das FG habe ferner nicht berücksichtigt, dass der Kläger die Vorsteuerbeträge, die ihm im Rahmen der Wartung und Unterhaltung des PKW in Rechnung gestellt worden sind, auch insoweit als abziehbare Vorsteuerbeträge behandelt habe, als sie auf die private Nutzung entfallen, und dass der Kläger diesbezüglich in seiner Steuererklärung einen Eigenverbrauch erklärt habe. Die Auffassung des FG, das FA trage die Beweislast für die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen, sei unzutreffend. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) habe im Urteil vom Rs. C-291/92 -Armbrecht- (Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392) ausgeführt, der Unternehmer müsse bei teilweise nichtunternehmerisch genutzten Gegenständen eine mögliche Zuordnungsentscheidung zum Privatvermögen nach außen erkennbar werden lassen.
Das FA beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision ist unbegründet.
1. Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. Lieferungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens gegen Entgelt ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980). Die Veräußerung eines Gegenstandes erfolgt nur dann im Rahmen des Unternehmens, wenn der betreffende Gegenstand vorher dem Unternehmensbereich zugeordnet worden war und nicht vor der Veräußerung aus dem Unternehmen entnommen worden ist.
2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Kläger den PKW seinem Unternehmen nicht zugeordnet hatte.
Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ergeben sich für einen Unternehmer, der einen Gegenstand zur gemischten (teils unternehmerischen und teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt, folgende Möglichkeiten (vgl. zuletzt -Bakcsi-, Umsatzsteuer-Rundschau —UR— 2001, 149, und die Nachfolgeentscheidung des ):
- Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen.
- Er kann den Gegenstand insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.
- Er kann den Gegenstand entsprechend dem —geschätzten— unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.
Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen.
Ist —wie im Streitfall— ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen herangezogen werden ().
Gibt es keine derartigen Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden.
Im Streitfall gibt es keine derartigen Beweisanzeichen.
a) Nach den Feststellungen des FG ist aus den Buchhaltungsunterlagen des Klägers ersichtlich, dass sowohl der Ankauf des PKW als auch der Verkauf des PKW verbucht worden war.
Hieraus kann aber nicht auf eine Zuordnung des PKW zum Unternehmen geschlossen werden. Zwar kann auch die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung eines Wirtschaftsguts ein Indiz für die umsatzsteuerliche Behandlung sein; so kann z.B. der Umstand, dass der Unternehmer gewillkürtes Betriebsvermögen nicht bilanziert, ein Indiz dafür sein, dass er es auch umsatzsteuerrechtlich nicht seinem Unternehmen zuordnet (). Bei einem PKW, der —wie im Streitfall— überwiegend betrieblich genutzt wird, kann aber aus dem Umstand, dass er ertragsteuerlich notwendig dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist und vom Unternehmer entsprechend behandelt wird, nicht geschlossen werden, dass der Unternehmer ihn auch umsatzsteuerlich seinem Unternehmen zugeordnet hat.
b) Auch der Umstand, dass der Kläger für die laufenden PKW-Kosten den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, ist kein Beweisanzeichen dafür, dass er den PKW seinem Unternehmen zugeordnet hatte.
Der EuGH hat hierzu in Rdnr. 33 seines Urteils in UR 2001, 149 wörtlich ausgeführt: ”Nicht zu folgen ist auch dem Vorbringen der deutschen und der griechischen Regierung, der Steuerpflichtige bringe die Zuordnung eines Gegenstands, den er von einem Privaten gekauft und dessen Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt habe, zu seinem Unternehmensvermögen dadurch zum Ausdruck, dass er das Vorsteuerabzugsrecht bei Ausgaben im Zusammenhang mit dem Gegenstand wie z.B. Reparaturen ausübe. Denn die Zuordnung eines Investitionsguts bestimmt die Anwendung des Mehrwertsteuersystems auf das Gut selbst und nicht auf Gegenstände und Dienstleistungen für seine Nutzung und Wartung. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer für diese Gegenstände und Dienstleistungen ist eine gesonderte Frage, die unter Artikel 17 der Sechsten Richtlinie fällt. Dieses Recht hängt insbesondere von dem Zusammenhang zwischen diesen Gegenständen und Dienstleistungen und den besteuerten Umsätzen des Steuerpflichtigen ab. Daraus folgt, dass die Steuerregelung für die Lieferung eines Investitionsguts von derjenigen für die steuerbaren Aufwendungen für seinen Gebrauch und seine Erhaltung zu trennen ist.”
Dem ist auch für das deutsche Umsatzsteuerrecht zu folgen.
c) Eine (vollständige) Zuordnung des PKW zum unternehmerischen Bereich kann zwar daraus abgeleitet werden, dass der Unternehmer die private Verwendung des PKW gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980 versteuert hat (). Eine derartige Versteuerung kann aber dem vom FG festgestellten Sachverhalt sowie dem angefochtenen Steuerbescheid und der Einspruchsentscheidung nicht entnommen werden. Vielmehr ergibt sich aus dem Urteil des FG und der in Bezug genommenen Einspruchsentscheidung, dass dem Kläger wohl bekannt war, dass er nach den Grundsätzen des -Kühne- (Slg. 1989, 1925) die unternehmensfremde Verwendung des PKW nicht versteuern musste. Nach den Feststellungen des FG kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die private Verwendung des PKW gleichwohl versteuert hat. Verfahrensrügen hat das FA insoweit nicht erhoben.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
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Fundstelle(n):
BStBl 2003 II Seite 815
BB 2002 S. 2105 Nr. 41
BB 2002 S. 982 Nr. 19
BFH/NV 2002 S. 885 Nr. 6
BFHE S. 216 Nr. 198
BStBl II 2003 S. 815 Nr. 15
DB 2002 S. 1029 Nr. 20
DStRE 2002 S. 697 Nr. 11
INF 2002 S. 479 Nr. 15
KÖSDI 2002 S. 13307 Nr. 6
UR 2002 S. 263 Nr. 6
IAAAA-69240