Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1990 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.
Einer Kontrollmitteilung der Betriebsprüfungsstelle entnahm der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—), dass der Kläger als sog. Feldmitarbeiter eines eingetragenen Vereins der X tätig gewesen sei und von dort im Streitjahr Provisionen für Vermittlungstätigkeiten in Höhe von insgesamt 20 000 DM erhalten habe.
Das FA erhöhte mit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Einkommensteuerbescheid die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um (20 000 DM abzüglich geltend gemachter Aufwendungen in Höhe von 6 000 DM =) 14 000 DM und setzte die Einkommensteuer 1990 entsprechend höher fest. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage blieb ohne Erfolg (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1998, 1134); allerdings beurteilte das Finanzgericht (FG) die strittigen Einkünfte nicht als solche aus Gewerbebetrieb, sondern als sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundes-recht (§ 22 Nr. 3 EStG). Die Vermittlungen, insbesondere in Bezug auf die Klägerin, seien nicht um des Entgelts willen geschehen.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Einkommensteuer unter Änderung des Bescheides vom auf 9 702 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—).
Zwar hat das FG die streitigen Beträge dem Grunde nach zutreffend als sonstige Einkünfte i.S. von § 22 Nr. 3 EStG behandelt (unter 1.); jedoch hat es mangels entsprechender Feststellungen zu Unrecht die Voraussetzungen ihres Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) als erfüllt angesehen (unter 2.).
1. a) Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nummern 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören, z.B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und um des Entgelts willen erbracht wird; ausgenommen sind Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich (ständige Rechtsprechung; , BFHE 189, 424, BStBl II 1999, 776; vom X R 94/96, BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619, jeweils m.w.N.; so bereits , BFHE 80, 73, BStBl III 1964, 500).
Das Merkmal ”um des Entgelts willen erbracht” erfordert nicht das Vorliegen eines gegenseitigen Vertrags. Es genügt, dass dem Leistenden für seine Tätigkeit nachträglich ein Entgelt gewährt wird, dass also die Zahlung des Entgelts durch die Leistung ausgelöst wird. In einem derartigen Fall ist —wie bei den anderen Einkunftsarten— der Tatbestand eines auf Einkommens- und Vermögensmehrung durch Leistungsaustausch gerichteten wirtschaftlichen Verhaltens erfüllt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 189, 424, BStBl II 1999, 776; vom X R 108/91, BFHE 171, 500, BStBl II 1994, 96; vom IX R 183/84, BFHE 147, 305, BStBl II 1986, 890; vom VIII R 73/79, BFHE 137, 251, BStBl II 1983, 201).
b) Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze konnte das FG ohne Rechtsverstoß die Vermittlungstätigkeiten des Klägers als sonstige Leistungen i.S. von § 22 Nr. 3 EStG beurteilen. Es hat in den Tätigkeiten (Vermittlungen von Dienstleistungen des Vereins an Dritte) typischerweise um des Entgelts willen erbrachte Leistungen gesehen, für die dem Kläger Provisionen ”gutgeschrieben” (s. aber unter 2.) wurden. Angesichts der nachträglichen Gewährung der Provisionen ist es zu Recht davon ausgegangen, dass diese durch die Vermittlungsleistung des Klägers zumindest ausgelöst wurden.
Soweit allerdings die Kläger unter Hinweis auf vereinzelte Entscheidungen von Finanzgerichten (, EFG 1984, 122 und 1992, 132) Provisionen für den Abschluss von Eigenverträgen für nicht steuerbar halten, ist der BFH dieser Ansicht bereits mit Urteilen vom X R 94/96 (BFHE 186, 259, BStBl II 1998, 619), X R 17/95 (BFHE 186, 256, BStBl II 1998, 618) und X R 92/95 (BFH/NV 1998, 1476) entgegengetreten. Danach sind die (privaten) Zweckbestimmungen der von den Klägern geltend gemachten Kurse und Lehrgänge für die Beurteilung der Provisionszahlungen nicht maßgebend.
2. a) Einnahmen sind alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Steuerpflichtigen im Rahmen einer Einkunftsart zufließen (§ 8 Abs. 1 EStG). Sie sind innerhalb des Kalenderjahrs bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 EStG). Einnahmen sind zugeflossen, sobald der Empfänger wirtschaftlich über sie verfügen kann oder verfügt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. , BFHE 195, 221, BStBl II 2001, 482; vom VIII R 12/96, BFHE 184, 34, 41, BStBl II 1997, 762, 765, und VIII R 13/96, BFHE 184, 46, 54, BStBl II 1997, 767, 771, m.w.N.). Angesichts des insoweit geltenden Zahlungsprinzips (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 20. Aufl. 2001, § 11 Rz. 12; Puhl in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, § 11 Rn. 2) führt das bloße Innehaben/der bloße Erwerb eines Anspruchs (auf ”Provision”) nicht bereits zu einem Zufluss. Im Fall der Gutschrift auf einem internen (sog. Service-)Konto des Schuldners kann ein Zufluss erst angenommen werden, wenn über den buchmäßigen Ausweis hinaus nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zum Ausdruck kommt, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht (vgl. , BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602; vom X R 55/91, BFHE 171, 191, BStBl II 1993, 499; vom XI R 30/97, BFHE 184, 505, BStBl II 1998, 252).
b) Hierzu hat das FG keine hinreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen. Es hat zur Begründung eines steuerrechtlich maßgebenden Zuflusses mit seinem Hinweis auf das Vorbringen des Klägers, er hätte sich die Beträge auch direkt auf sein Girokonto überweisen lassen können, auf einen hypothetischen Sachverhalt abgestellt. Damit hat das FG zu Unrecht den Anspruch auf Zahlung der Zahlung selbst gleichgestellt.
Es wird daher im Einzelnen aufzuklären haben, welche Beträge dem Kläger nach dem von dem Verein praktizierten Ab- und Verrechnungsmodus in welcher Weise als Vermittlungsprovision für die Inanspruchnahme des Vereins durch Dritte im Streitjahr zugeflossen sind.
3. Die nicht spruchreife Sache wird daher zur Nachholung der fehlenden Feststellungen an das FG zurückverwiesen. Die Kostenentscheidung wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO dem FG übertragen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 643 Nr. 5
EAAAA-69062