BFH Urteil v. - IX R 21/01

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein geschlossener Immobilienfonds und erzielt im Streitjahr (1993) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie wurde gegründet, um ein Grundstück zu erwerben und darauf Mietwohngebäude im sozialen Wohnungsbau zu errichten und zu vermieten. Entsprechend dem Gesellschaftsvertrag übertrug die Klägerin die Eigenkapitalvermittlung einer Beratungs GmbH & Co. sowie einer GmbH & Co. Vertriebs KG. Für ihre Vermittlungsleistungen erhielten die Eigenkapitalvermittler Vermittlungsgebühren in Höhe von 25 v.H. des vermittelten Gesellschaftskapitals. Hiervon wurden 6 v.H. als sofort abziehbare Werbungskosten anerkannt.

Drei Gesellschafter der Klägerin erhielten im Zusammenhang mit ihrem Gesellschaftsbeitritt von ihren Eigenkapitalvermittlern einen Teil der entrichteten Eigenkapitalvermittlungsprovision zurück. Der Gesellschafter X erhielt 30 000 DM, der Gesellschafter Y 12 800 DM und Z 2 500 DM. Diesen Sachverhalt wertete die Betriebsprüfung zunächst als Minderung der Anschaffungskosten. Später vertrat der Prüfer die Auffassung, bei den Rückzahlungen durch die Kapitalvermittler handele es sich um Sondereinnahmen der entsprechenden Gesellschafter.

Dieser Auffassung schloss sich der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) an und stellte im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für das Streitjahr (u.a.) gegenüber dem Gesellschafter Y Sondereinnahmen von 12 800 DM, gegenüber dem Gesellschafter X Sondereinnahmen von 30 000 DM und gegenüber dem Gesellschafter Z Sondereinnahmen von 2 500 DM fest. Einspruch und anschließende —nur auf den Ansatz der Sondereinnahmen beschränkte— Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wertete in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 617 veröffentlichten Urteil die Zahlungen der Kapitalvermittler als Einnahmen der betreffenden Gesellschafter aus Vermietung und Verpachtung (Sondereinnahmen).

Die hiergegen eingelegte Revision stützt die Klägerin auf die Verletzung von § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 180 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a der Abgabenordnung (AO 1977). Die hier streitigen Zahlungen seien keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, sondern minderten die Anschaffungskosten. Anschaffungskosten und Absetzung für Abnutzung (AfA) seien bei den Gesellschaftern zu korrigieren, die Zahlungen empfangen hätten.

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Feststellungsbescheid 1993 vom in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom dahin gehend zu ändern, dass für den Gesellschafter Y ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von 197 808 DM, für den Gesellschafter X ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von 494 835 DM und für den Gesellschafter Z ein Werbungskostenüberschuss in Höhe von 83 317 DM festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung führt es aus, die Zahlungen, die drei Gesellschafter im Zusammenhang mit der Zeichnung ihrer Beteiligung erhalten hätten, seien Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.

II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Unzutreffend hat das FG die Provisionsnachlässe als im Streitjahr (1993) zu erfassende Einnahmen der Gesellschafter aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG beurteilt; denn sie sind nach § 255 Abs. 1 Satz 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) von den Anschaffungskosten abzusetzen.

1. Provisionsnachlässe, die der Eigenkapitalvermittler Fondsgesellschaftern gewährt und die keine besonderen, über die Beteiligung am geschlossenen Fonds hinausgehenden Leistungen der Gesellschafter abgelten, mindern die Anschaffungskosten der Immobilie i.S. von § 255 Abs. 1 Satz 3 HGB. Der Senat verweist zur weiteren Begründung und zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom heutigen Tag in der Rechtssache IX R 20/98.

2. Nach diesen Maßstäben sind die den Gesellschaftern Y, X und Z gewährten Beträge nicht als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung anzusehen, sondern mindern die Anschaffungskosten der Immobilie. Bei der Klägerin handelt es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds. Ihre Gesellschafter haben sich in modelltypischer Weise zusammengeschlossen, um die Fondsimmobilie zu errichten, zu vermieten und zu verwalten. Dementsprechend sind alle Aufwendungen, die von den Anlegern geleistet werden, als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen (st. Rechtsprechung des BFH; vgl. , BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717, und vom IX R 10/96, BFHE 195, 310, BStBl II 2001, 720). Zu diesen Anschaffungskosten rechnen auch die Provisionen für die Vermittlung des Eigenkapitals (vgl. , BFHE 167, 102, BStBl II 1992, 883; BFH-Urteil in BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717), die auf Grund der vertraglichen Vereinbarungen an die Kapitalvermittler gezahlt werden mussten. Unerheblich ist, dass die Klägerin die Provisionen zahlen musste, während die Kapitalvermittler an die Gesellschafter Y, X und Z zurückzahlten. Denn bei einem geschlossenen Immobilienfonds sind alle dem Fonds zugrunde liegenden Verträge als einheitliches Vertragswerk zu würdigen (vgl. dazu näher das Grundsatzurteil vom heutigen Tag IX R 20/98, m.w.N.).

3. Der Senat darf die in der Feststellung des Gesamtüberschusses unzutreffend berücksichtigten Werbungskosten (6 v.H. Eigenkapitalvermittlungsgebühren) auch nicht mit den hier streitigen gesondert festgestellten Sondereinnahmen der betreffenden Gesellschafter saldieren. Denn die Klägerin hat den Feststellungsbescheid nur in Bezug auf die gesondert festgestellten Sondereinnahmen der drei Gesellschafter angegriffen. Nur diese Feststellungen sind Streitgegenstand. Hingegen ist der Gesamtüberschuss, in den die Werbungskosten —quotal verteilt auf alle Gesellschafter— eingeflossen sind, in Bestandskraft erwachsen (vgl. die st. Rechtsprechung, z.B. , BFHE 179, 335, BStBl II 1996, 219, und vom IX R 245/87, BFHE 168, 248, BStBl II 1992, 890).

Folgerichtig darf der Senat auch nicht die wegen der zurückgeführten Anschaffungskosten verminderten AfA-Beträge bei den Gesellschaftern, die Provisionsnachlässe erhalten haben, als Sondereinnahmen erfassen. Denn es gibt keine Rechtsgrundlage, für die betroffenen Gesellschafter Berichtigungen zu den Ansätzen der Gesellschaft vorzunehmen. Vielmehr beeinflusst die Minderung der Anschaffungskosten den Gesamtüberschuss der GbR und kann allein aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht erfasst werden. Ob eine Berichtigungsmöglichkeit z.B. gemäß § 174 AO 1977 besteht, hat der Senat nicht zu prüfen, weil dazu ein besonderes Verfahren erforderlich wäre.

Indes ist der Senat im Streitfall aus prozessualen Gründen daran gehindert, die festgestellten Sondereinnahmen in vollem Umfang aufzuheben. Denn die Klägerin hat die beschriebene Kompensation mit der verminderten AfA-Bemessungsgrundlage auf der Ebene der Gesellschafter bereits im Antrag nachvollzogen. Sie hat nämlich lediglich beantragt, die Sondereinnahmen um die Beträge zu reduzieren, die den Unterschied ausmachen zwischen den im angefochtenen Bescheid festgestellten Sondereinnahmen und den auf die betroffenen Gesellschafter entfallenden verminderten AfA-Beträgen. Hieran ist der BFH nach § 96 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO gebunden.

4. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, muss die Vorentscheidung aufgehoben werden. Die Sache ist spruchreif. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen (gesonderten) Feststellungen von Sondereinnahmen gegenüber den Gesellschaftern Y, X und Z, mit denen das FA im Streitjahr die Provisionsnachlässe als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erfasst hat, sind im beantragten Umfang zu ändern.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 913 Nr. 7
YAAAA-69025