BFH Beschluss v. - IX B 156/01

Gründe

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erwarb 1992 eine Eigentumswohnung, in die er und Frau X im November 1993 einzogen. Mit Vertrag vom vermietete der Kläger ab die im Erdgeschoss liegenden Räume der auf zwei Geschosse verteilten Wohnung an Frau X.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1994 machte der Kläger für das Erdgeschoss einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 28 985 DM geltend. Die Kosten des Arbeitszimmers im Obergeschoss machte er als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 7 145 DM geltend und für die restlichen Räume im Obergeschoss den Abzugsbetrag gemäß § 10e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 7 351 DM sowie den erweiterten Schuldzinsenabzug gemäß § 10e Abs. 6a EStG in Höhe von 4 594 DM. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 27 648 DM und 6 695 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Im Rahmen der Einspruchsentscheidung berücksichtigte das FA die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht mehr.

Das Finanzgericht (FG) ging nach einer Erklärung des Klägers in einem Beweis- und Erörterungstermin davon aus, dass er auf die Geltendmachung der Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit verzichte und stattdessen damit einverstanden sei, wenn die Fläche des Arbeitszimmers in die Berechnung des Abzugsbetrags gemäß § 10e EStG einbezogen werde. Das FG berücksichtigte Aufwendungen gemäß § 10e Abs. 1 EStG in Höhe von 19 800 DM und gemäß § 10e Abs. 6a EStG in Höhe von 12 000 DM. Einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 27 824 DM berücksichtigte das FG nicht mehr.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger Divergenz und Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO sind nicht gegeben. Es ist zwar denkbar, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, wenn das FG von der Entscheidung eines anderen FG abweicht. Das setzt aber —worauf das FA zu Recht hinweist— u.a. voraus, dass in beiden Verfahren über dieselbe Rechtsfrage entschieden worden ist. Das ist hier aber nicht der Fall. Im (Entscheidungen der Finanzgerichte —EFG— 1998, 453, Revision als unzulässig verworfen; vgl. , BFH/NV 2001, 476) ging es um die Frage, ob eine Wohnung i.S. des § 10e Abs. 1 EStG gegeben ist. In diesem Verfahren geht es um die Frage, ob der Kläger die ganze Wohnung i.S. der §§ 10e Abs. 1 und 21 EStG zu eigenen Wohnzwecken genutzt oder zum Teil vermietet hat.

Darüber hinaus war jeweils über den Sachverhalt in zwei verschiedenen Jahren (1994 und 1996) zu entscheiden. Zur Schlüssigkeit der Rüge hätte der Kläger darlegen müssen, dass der Sachverhalt in beiden Jahren der Gleiche war. Das FG hat nämlich im Streitfall ”den Ausschluss einer Fremdnutzung durch den Mieter” nicht wegen einer ”vertraglich vereinbarten fakultativen Mitbenutzungsmöglichkeit der Küche durch den Kläger” angenommen, sondern, weil der Vertrag nicht wie vereinbart durchgeführt worden sei; das ist ein tatsächlicher Umstand, der zunächst nur für das Streitjahr 1994 festgestellt ist.

2. Auch die Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger rügt, das FG habe zu Unrecht einen Verzicht ”auf die steuerliche Anerkennung des Arbeitszimmers” angenommen; der Verzicht sei jedoch in der mündlichen Verhandlung nur unter der Bedingung erklärt worden, dass ihm der Abzugsbetrag gemäß § 10e EStG neben der steuerlichen Anerkennung des Verlustes aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Untergeschoss gewährt werde.

Unabhängig davon, ob der Kläger auf die Geltendmachung von einkommensteuerlich relevanten Aufwendungen ”verzichten” konnte, zumal unter einer Bedingung, liegt in der möglicherweise fehlerhaften Entscheidung des FG bezüglich der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer kein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht. Das FG hat nicht versäumt, einen Sachverhalt aufzuklären, sondern möglicherweise versäumt, den Sachverhalt unter einem rechtlichen Gesichtspunkt zu würdigen. Das ist ein materieller Fehler, der nach § 115 Abs. 2 FGO nicht ohne weiteres zur Zulassung der Revision führt.

3. Mit der Rüge des Verstoßes gegen die allgemeinen Grundsätze der Beweiswürdigung kann der Kläger nicht gehört werden. Eine fehlerhafte Beweiswürdigung ist grundsätzlich ein Verstoß gegen materielles Recht (, BFHE 175, 40, 45, BStBl II 1994, 864; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 82, m.w.N.), desgleichen ein Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze. Ein derartiger Rechtsfehler kann nicht die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO begründen. Sollte der Kläger mit dem Hinweis auf den BFH-Beschluss in BFH/NV 2001, 476 Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO rügen, wäre sie schon deshalb nicht gegeben, weil der BFH in dieser Entscheidung keine Grundsätze der Beweiswürdigung aufgestellt oder wiedergegeben hat. Er erwähnt lediglich ”sich aus dem Gesamtbild der Verhältnisse ergebende Zweifel”, die sich aber anders als im Streitfall auf die Beziehung der Vertragsbeteiligten als Grundlage des Zusammenwohnens beziehen.

Der Kläger rügt weiter ”Fehler in der Anwendung von Rechtsbegriffen sowie der daraus gezogenen Schlussfolgerung” sowie einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Auch das sind keine Verfahrensmängel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, sondern ggf. materielle Rechtsfehler, die die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO nicht begründen können.

Fundstelle(n):
HAAAA-68948