Gründe
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), der Geschäftsführer einer GmbH, hat einen Finanzrechtsstreit wegen Haftung für Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag gegen den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) geführt. Nachdem das FA einen geänderten Haftungsbescheid erlassen hat, hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom für erledigt erklärt. Das FA hat den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom ebenfalls in der Hauptsache für erledigt erklärt und den Antrag gestellt, dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Daraufhin hat das Finanzgericht (FG) am den Beschluss gefasst, die Kosten des Verfahrens dem Kläger aufzuerlegen. Zur Begründung hat das FG ausgeführt, der Rechtsstreit sei in der Hauptsache erledigt. Die Kostenentscheidung beruhe auf §§ 138 Abs. 2, 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Kläger habe erstmalig im Klageverfahren auf Umstände hingewiesen, welche die Reduzierung der Haftungssumme rechtfertigen könnten. Das finanzgerichtliche Verfahren hätte vermieden werden können, wenn der von einem Steuerberater vertretene Kläger die Angaben und Unterlagen, die zur Reduzierung der Haftungssumme geführt hätten, bereits im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren vorgetragen bzw. eingereicht hätte.
Gegen den mit einfachem Brief am 6. April zur Post aufgegebenen Kostenbeschluss wendet sich der Kläger mit seiner —am beim FG eingegangenen— außerordentlichen Beschwerde. Mit dieser rügt er die greifbare Gesetzwidrigkeit der Kostenentscheidung i.S. einer Willkürentscheidung sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs. Zur Begründung führt der Kläger aus, er habe nicht erst im Klageverfahren auf Umstände hingewiesen, die die Reduzierung der Haftungssumme rechtfertigten. Die Schlussfolgerungen des Prüfers seien sowohl während der Prüfung als auch im Einspruchsverfahren gegen den Haftungsbescheid bestritten worden. Er, der Kläger, habe im Rahmen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens seine Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Das FA hätte die Haftungssumme bereits im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren reduzieren müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil das FG entgegen § 113 Abs. 2 Satz 2 letzter Teilsatz FGO den Schriftsatz des FA vom vor der Beschlussfassung nicht dem Kläger zur Stellungnahme übermittelt habe. Die Anträge zur Kostenentscheidung hätten nicht übereingestimmt
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Beschluss des FG des Landes Brandenburg vom 5 K 1686/98 H aufzuheben.
Das FA beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Die Beschwerde sei unzulässig, da eine Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten grundsätzlich nicht gegeben sei (§ 128 Abs. 4 Satz 1 FGO). Gründe, die eine außerordentliche Beschwerde rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Der geänderte Haftungsbescheid sei erlassen worden, nachdem der Kläger entsprechende Rechnungen eingereicht und diesbezügliche Abweichungen erläutert habe. Diese Unterlagen und Erklärungen hätte der Kläger bereits im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren vorlegen können und müssen. Dass das FG vor der Beschlussfassung über die Kosten den Antrag des FA zur Kostenentscheidung dem Klägervertreter nicht bekannt gegeben habe, beinhalte jedenfalls keine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist die Beschwerde in Streitigkeiten über Kosten nicht gegeben. Dazu gehört auch die isolierte Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom VII B 36/96, BFH/NV 1996, 844; vom VII B 155/98, BFH/NV 1999, 341). Der vom Kläger beanstandete Beschluss des FG ist deshalb von Gesetzes wegen unanfechtbar; eine hiergegen gerichtete Beschwerde ist nicht statthaft.
2. Gleichwohl kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die —sog. außerordentliche— Beschwerde ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der ”greifbaren Gesetzwidrigkeit” der angefochtenen Entscheidung eröffnet sein. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist. Dafür ist indessen weder die Rechtsfehlerhaftigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung ausreichend, noch genügt es, dass das FG Vorschriften des Rechts eindeutig unrichtig angewandt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass die Entscheidung der Vorinstanz entweder schon ihrer Art nach nicht vorgesehen oder unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder dass sie zu einer Gesetzesanwendung führt, die der Gesetzgeber ersichtlich ausschließen wollte (vgl. BFH-Beschlüsse vom VIII B 129/00, BFH/NV 2001, 1441, und vom I B 62/99, BFH/NV 2000, 845).
3. Der Kläger hat keine dieser Voraussetzungen schlüssig und substantiiert dargelegt (vgl. zu diesem Erfordernis , BFH/NV 1998, 716).
a) Die im Streitfall vom FG getroffene Kostenentscheidung ist nicht schon ihrer Art nach gesetzwidrig. Dass einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auch dann auferlegt werden können, wenn er obsiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher hätte geltend machen können oder beweisen können und sollen, folgt aus § 137 Satz 1 FGO, der nach § 138 Abs. 2 Satz 2 FGO entsprechend gilt. Auf die genannten Vorschriften hat das FG im Streitfall seine Kostenentscheidung gestützt.
b) Unschlüssig ist der Vortrag auch insoweit, als der Kläger geltend macht, das FG habe den Verfahrensablauf völlig außer Acht gelassen; es habe verkannt, dass der Sachvortrag, der zu einer Reduzierung der Haftungssumme geführt habe, bereits im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren erfolgt sei. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Gesetzesanwendung darzulegen, die der Gesetzgeber ersichtlich ausschließen wollte und die deshalb im vorbezeichneten Sinne ”greifbar rechtswidrig” ist. Selbst wenn die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das FG unrichtig —oder sogar eindeutig unzutreffend— wäre, wäre damit im Streitfall die greifbare Gesetzeswidrigkeit der Entscheidung des FG nicht dargelegt.
c) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge, das FG habe den Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes —GG—) verletzt. Der erkennende Senat braucht nicht dazu Stellung zu nehmen, ob eine solche Rechtsverletzung überhaupt geeignet ist, das außerordentliche Beschwerdeverfahren zu eröffnen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 168/95, BFH/NV 1997, 57; in BFH/NV 2000, 845; in BFH/NV 2001, 1441). Zwar kann der Beschwerdeschrift konkludent entnommen werden, was der Kläger bei Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. hierzu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 119 Rz. 14, m.w.N.; BFH in BFH/NV 2001, 1441).
Das Vorbringen, der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör sei deshalb verletzt, weil das FG vor der Beschlussfassung nicht den Kostenantrag des FA zur Stellungnahme übermittelt habe, ist gleichwohl unschlüssig. Das FG entscheidet im Falle der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache von Amts wegen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss über die Kosten des Verfahrens (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 138 FGO Rz. 48). Eines bestimmten Kostenantrags der Beteiligten bedarf es nicht (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 138 FGO Tz. 70). Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst die Möglichkeit, zu Tatsachen und Beweisergebnissen sowie zu rechtlichen Gesichtspunkten (Verbot der Überraschungsentscheidung) Stellung nehmen zu können (vgl. , BFH/NV 1999, 185). Der Schriftsatz des FA vom enthält indes außer dem Antrag, dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weder tatsächliches Vorbringen noch rechtliche Ausführungen. Deshalb hat der Kläger die Voraussetzungen, unter denen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in Betracht kommt, nicht schlüssig dargetan. Dies gilt auch, soweit der Kläger rügt, bei dem Kostenbeschluss des FG habe es sich um eine Überraschungsentscheidung gehandelt. Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine Verpflichtung zum Rechtsgespräch. Insoweit hätte es Darlegungen dazu bedurft, weshalb der durch einen Prozessbevollmächtigten sachkundig vertretene Kläger nicht mit der angegriffenen Kostenentscheidung des FG habe rechnen können. Dazu hat der Kläger indes jedenfalls nicht hinreichend vorgetragen. Zutreffend weist Tipke/Kruse (a.a.O., § 138 FGO Tz. 70) darauf hin, dass es sich mit Blick auf die Unanfechtbarkeit der Kostenentscheidung empfehle, dem Gericht aufzuzeigen, warum dem Gegner die Kosten auferlegt werden sollen (vgl. Streck/Rainer, Die Steuerberatung 1989, 101). Entsprechender Darlegungen hätte es im Streitfall insbesondere deshalb bedurft, weil der Kläger nach Aktenlage erst im Verlaufe des finanzgerichtlichen Verfahrens durch Vorlage von Gewinnermittlungen, Steuerbescheiden und von Zahlungsbelegen nachgewiesen hat, dass die strittigen Zahlungen der GmbH bei den Geschäftsführern im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung erfasst worden sind und deshalb kein Haftungsschaden entstanden ist.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 936 Nr. 7
BAAAA-68548