BFH Beschluss v. - V S 14/02

Gründe

1. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Klägerin) erhob mit Telefax vom gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschwerde. Die Geschäftsstelle des erkennenden Senats wies die Klägerin mit Schreiben vom darauf hin, dass die Beschwerde nicht von einer der in § 62a der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichneten, zur Vertretung berechtigten Person eingelegt worden ist und bat um Mitteilung bis zum , ob sie die Beschwerde zurücknehmen wolle. Nachdem sich die Klägerin hierzu nicht geäußert hatte, verwarf der erkennende Senat mit Beschluss vom die Beschwerde als unzulässig.

Mit Telefax vom bat die Klägerin, die Kostenentscheidung auf sich beruhen zu lassen; sie habe mit Schreiben vom die Rücknahme erklärt. Auf die Mitteilung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats, ein Schreiben vom sei beim Bundesfinanzhof (BFH) nicht eingegangen und die Aufforderung innerhalb von 14 Tagen die Absendung des Schreibens zu konkretisieren, beantragte die Klägerin unter Hinweis darauf, das Schreiben sei ”am an den Bundesfinanzhof mit normaler Post abgeschickt” worden, die Kostenentscheidung auf sich beruhen zu lassen.

2. Die Gegenvorstellung ist unzulässig, weil nicht statthaft.

a) Gegen den Beschluss des Senats vom sind Rechtsmittel nicht gegeben. Die Aufhebung oder Änderung einer formell rechtskräftigen Entscheidung auf Gegenvorstellung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht möglich (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom IX S 8/98, BFH/NV 1999, 499; vom X B 305/95, BFH/NV 1997, 55, m.w.N.). Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausnahmsweise eine Gegenvorstellung statthaft ist, wenn das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 des GrundgesetzesGG—) verletzt oder gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) verstoßen wurde, liegen hier offensichtlich nicht vor.

b) Eine Nichtzulassungsbeschwerde darf ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers zurückgewiesen werden (vergl. z.B. , BFH/NV 2000, 1120); eine solche Anhörung ist nur bei der Revisionsentscheidung nach § 126a FGO —nicht aber bei der Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 116 Abs. 5 FGO— vorgesehen. Wird einem Beteiligten —wie hier von der Geschäftsstelle des erkennenden Senats— unter Hinweis auf Zweifel an der Zulässigkeit der Beschwerde Gelegenheit gegeben, zur Vermeidung von Gerichtskosten bis zum Ablauf einer bezeichneten Frist eine eventuelle Rücknahme zu erklären, obliegt es dem Beteiligten, für den rechtzeitigen Eingang einer Rücknahmeerklärung Sorge zu tragen.

c) Auch die Berücksichtigung des —in § 56 FGO für gesetzliche Fristen formulierten— allgemeinen Gedankens, dass jedermann vor Gericht Anspruch auf rechtliches Gehör hat und einen prozessualen Nachteil nicht hinzunehmen braucht, wenn er schuldlos gehindert war, Entscheidungserhebliches rechtzeitig vorzubringen, rechtfertigt keine Änderung des Beschlusses. Auch wenn man für atypische Sachverhalte generell eine entsprechende Anwendung des § 56 FGO bejahte (vergl. , BFH/NV 2001, 1421, m.w.N.), wäre jedenfalls erforderlich, dass innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist substantiell und schlüssig Wiedereinsetzungsgründe dargelegt werden.

d) Grundsätzlich darf der Prozessbeteiligte auf die normalen Postlaufzeiten vertrauen. Allerdings trifft ihn gegen Ende einer noch laufenden Frist unter Umständen eine gesteigerte Sorgfaltspflicht, so dass er eine Beförderungsart wählen muss, die den rechtzeitigen Zugang des Fristverlängerungsantrags noch gewährleistet. Im Fall des verspäteten Eingangs oder des Verlustes eines angeblich fristgerecht abgesandten Schriftstückes müssen die Tatsachen substantiiert vorgetragen werden, aus denen sich die rechtzeitige Absendung des fristwahrenden Schriftsatzes zur Post ergibt. Daran fehlt es.

Auf die Mitteilung der Geschäftsstelle vom , ein Rücknahmeschreiben vom sei bisher nicht eingegangen, und die Aufforderung, innerhalb von 14 Tagen die rechtzeitige Absendung zu konkretisieren, hat die Klägerin unter dem mitgeteilt, der Brief sei ”am abgeschickt” worden. Das genügt nicht als Konkretisierung.

e) Auch ein Absehen von der Erhebung der Kosten nach § 8 des Gerichtskostengesetzes (GKG) kommt nicht in Betracht. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Eine unrichtige Sachbehandlung i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG liegt nur vor, wenn das Gericht offensichtlich gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat oder ihm ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist (z.B. , BFH/NV 1999, 1115, ständige Rechtsprechung). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

3. Für eine unzulässige Gegenvorstellung sind mangels Gebührentatbestand im Gerichtskostengesetz keine Gerichtskosten zu erheben.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2003 S. 175
BFH/NV 2003 S. 175 Nr. 2
HAAAA-68520