Gründe
I. Mit Schreiben vom erhob die nicht vertretene Antragstellerin ”im Rahmen der Prozesskostenhilfe Gegenvorstellung, hilfsweise Beschwerde, hilfsweise sofortige Beschwerde” und legte gleichzeitig hilfsweise Revision gegen das der Antragstellerin zugestellt am , ein. Da sich nach § 62a der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom (BGBl I 2000, 1757) jeder Beteiligte durch eine zur Vertretung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) berechtigte Person oder Gesellschaft als Bevollmächtigte vertreten lassen muss und die Antragstellerin diesem Personenkreis nicht angehört, hätten die von ihr eingelegten Rechtsmittel von vornherein als unzulässig verworfen werden müssen, wobei sie die Kosten des Verfahrens zu tragen gehabt hätte. Der BFH legte daher das Schreiben der Antragstellerin dahin aus, dass sie Prozesskostenhilfe (PKH) für eine von einem beizuordnenden Rechtsanwalt einzulegende Beschwerde bzw. Revision begehrt und lehnte den Antrag durch Beschluss vom ab, da die Antragstellerin nicht innerhalb der Beschwerde- oder Revisionsfrist eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgesehenen Formblatt vorgelegt hat.
Diesen Beschluss des BFH greift die Antragstellerin im Schreiben vom an mit der Begründung, mit dem Vertretungszwang vor dem BFH verstoße die Bundesrepublik Deutschland gegen geltendes und übergeordnetes EU-Recht. Die Antragstellerin sei für ihre Steuern verantwortlich und könne sich deshalb als mündige Bürgerin auch selbst vor den Gerichten vertreten. Es sei daher in dem als Gegenvorstellung, hilfsweise sofortige Beschwerde, hilfsweise außerordentlichen Rechtsbehelf wegen greifbarer Rechts- und Gesetzeswidrigkeiten bezeichneten Rechtsmittel die Nichtigkeit des BFH-Beschlusses festzustellen und die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg vorzulegen. Die Antragstellerin lehnt ferner den Vorsitzenden Richter am BFH X sowie die Richter am BFH Y und Z wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
II. Der Rechtsbehelf der Klägerin kann keinen Erfolg haben.
1. Nach § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Es müssen Anhaltspunkte für eine unsachliche Einstellung oder Willkür des Richters vorliegen (z.B. , BFH/NV 1993, 110, m.w.N.). In dem Ablehnungsgesuch ist der Ablehnungsgrund darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO). Das Ablehnungsgesuch muss sich grundsätzlich auf bestimmte Richter beziehen. Eine pauschale Ablehnung aller Berufsrichter eines Spruchkörpers ohne Angabe ernstlicher Gründe in der Person des einzelnen Richters ist regelmäßig rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig (ständige Rechtsprechung des BFH: z.B. Urteil vom IV R 80/72, BFHE 110, 479; Beschlüsse vom VIII B 86/88, BFH/NV 1990, 175, und vom I B 55, 56/93, BFH/NV 1994, 325), es sei denn, es werden konkrete Anhaltspunkte im Hinblick auf eine Kollegialentscheidung vorgebracht, die auf eine Befangenheit aller Mitglieder des Spruchkörpers deuten (, BFH/NV 1994, 637, m.w.N. zur Rechtsprechung). Falsche Rechtsansichten und Verfahrensverstöße können allenfalls dann eine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn sie auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem Kläger oder auf Willkür beruhen. Die Fehlerhaftigkeit muss ohne weiteres feststellbar und schwerwiegend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen (, BFH/NV 1993, 112).
Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin ist rechtsmissbräuchlich. Sie hat pauschal die für die Entscheidung ihres Rechtsstreits zuständigen Richter abgelehnt. Konkrete Gründe, die eine Befangenheit einzelner Richter befürchten ließen, wurden nicht vorgebracht. Ihrem Vortrag ist nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die von ihr abgelehnten Richter wissentlich eine Fehlentscheidung getroffen haben sollen.
Zu dem missbräuchlichen Ablehnungsgesuch der Antragsstellerin waren dienstliche Äußerungen der betroffenen Richter nicht erforderlich und es durfte auch in der geschäftsplanmäßigen Besetzung, d.h. unter Mitwirkung der abgelehnten Richter, über das Ablehnungsgesuch entschieden werden (BFH-Entscheidungen vom VIII B 29/74, BFHE 112, 457, BStBl II 1974, 638; vom I R 284/82, BFH/NV 1989, 395; vom III B 123/92, BFH/NV 1993, 244).
2. Die weiteren im Schreiben der Antragstellerin vom enthaltenen Rechtsbehelfe und Anträge sind —unabhängig von ihrer inhaltlichen Qualifizierung— nicht wirksam vor den BFH gebracht und daher unzulässig, da der Vertretungszwang nach § 62a FGO grundsätzlich für alle Arten von Prozesserklärungen gilt (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 62a Rz. 14, m.w.N.) und verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. z.B. , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 1977, 33 zu Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs = Vorläuferregelung zu § 62a FGO; weitere Nachweise aus der Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, a.a.O., § 62a Rz. 6). Die Nichtbeachtung dieser gesetzlichen Regelung führt zur unheilbaren Unwirksamkeit der prozessualen Willenserklärungen der Antragstellerin mit der Folge, dass es insoweit zu einer Sachentscheidung nicht kommen kann.
Zugunsten der Antragstellerin beurteilt der Senat ihr Begehren gegen den unanfechtbaren daher als Gegenvorstellung, für die Kosten nicht erhoben werden (Senatsbeschluss vom X B 84/98, BFH/NV 1999, 210).
3. Die Gegenvorstellung ist zulässig, aber nicht begründet.
a) Die von der Antragstellerin persönlich erhobene Gegenvorstellung ist wirksam, obwohl sie sich nicht entsprechend § 62a Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes von einem Angehörigen der dort genannten Berufsgruppen hat vertreten lassen. Zwar gilt der Vertretungszwang auch für Gegenvorstellungen (vgl. BFH-Beschlüsse vom XI B 14/93, BFH/NV 1994, 255, und vom IX S 6/96, BFH/NV 1997, 305), die sich gegen Entscheidungen wenden, die in Verfahren ergangen sind, für die Vertretungszwang besteht. Da sich die Gegenvorstellung hier aber auf die Ablehnung eines von der Antragstellerin zulässigerweise persönlich beim BFH gestellten Antrags auf PKH bezieht, kann sie die Antragstellerin ebenfalls persönlich einlegen (vgl. , BFH/NV 2000, 1065, m.w.N.).
b) In der Sache ändert das Vorbringen der Antragstellerin nichts daran, dass es, wie in dem beanstandeten Beschluss des Senats vom dargelegt ist, an der Vorlage der vom Gesetz erforderlichen Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlt, ohne die eine Bewilligung von PKH nicht in Betracht kommt. Die Bedürftigkeit der Antragstellerin ist hier auch nicht gerichtsbekannt; ob sie beim FG bekannt ist, kann dahinstehen, da dies für die Bewilligung von PKH durch den BFH auf keinen Fall relevant sein kann.
4. Einer Kostenentscheidung bedurfte es nicht (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 210).
Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 1050 Nr. 8
MAAAA-67905