BFH Urteil v. - IX R 68/97

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute, sind Eigentümer eines Zweifamilienhauses in A, in dem sich neben der eigengenutzten Wohnung eine im Untergeschoss des Hauses belegene Souterrainwohnung mit einer Größe von 83 qm befindet. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1989 machten die Kläger einen Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bezüglich des Zweifamilienhauses geltend. Als Einnahmen erklärten sie neben dem Mietwert für die selbstgenutzte Wohnung und die selbstgenutzte Garage auch Mieteinnahmen für die Souterrainwohnung.

Auf Rückfrage des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) legten die Kläger einen auf den datierten Einheitsmietvertrag zwischen dem Kläger als Vermieter und den Eltern der Klägerin als Mieter vor. Gegenstand des Mietvertrages, der von dem Kläger und dem Vater der Klägerin unterschrieben ist, ist die Überlassung von zwei Zimmern, einer Küche sowie einer Toilette mit Bad/Dusche zur Benutzung als Wohnung im Hause des Klägers. Eine Lagebezeichnung der Räume sowie eine Angabe zur vermieteten Wohnfläche fehlt. Der vereinbarte Mietzins beträgt monatlich 300 DM; eine Aufschlüsselung von Miet- und Nebenkosten wurde im Vertrag nicht vorgenommen. Neben dem Mietvertrag legten die Kläger ein Schreiben des Mieters vom vor, in dem dieser bestätigte, im Zeitraum vom 1. Januar bis für seine Zweitwohnung in A monatlich 300 DM Miete an den Kläger erstattet zu haben. Der monatliche Mietzins soll nach Angaben des Mieters in bar unregelmäßig, jedoch vollständig entrichtet worden sein und die Nebenkosten mit umfassen.

Das FA vertrat hinsichtlich der vermieteten Souterrainwohnung die Ansicht, dass die Mietzahlung in Höhe von 300 DM monatlich weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete betrage und daher die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen sei. Den entsprechend gekürzten Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verteilte es in dem Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr hälftig auf die Kläger.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, dass ein ernsthaftes Mietverhältnis zwischen den Klägern und den Eltern der Klägerin nicht gewollt gewesen sei. Für diese Beurteilung sei entscheidend, dass es zwischen Eltern und Kindern untypisch sei, Zahlungen, die ihre Ursache in besuchsmäßigen Aufenthalten von Eltern bei ihren Kindern hätten, einem Mietverhältnis zuzuordnen. Die Eltern der Klägerin hätten mit erstem Wohnsitz in B und damit nicht weit entfernt von A gewohnt. Damit sei ihr Grundwohnbedürfnis gedeckt gewesen. Das Interesse der Eltern der Klägerin, in A eine Wohnung anzumieten, habe lediglich darin bestanden, häufig ihre Tochter mit deren Familie zu besuchen.

Daneben entspreche sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Mietvertrages nicht dem zwischen Fremden Üblichen. So sei lediglich der Kläger als Vermieter genannt, obwohl auch die Klägerin Miteigentümerin des Hauses in A sei. Zudem sei der auf den datierte Vertrag auf einem Formular geschlossen worden, das entsprechend seiner Kennzeichnung entweder im Jahr 1991 oder frühestens im Juni 1986 aufgelegt worden sei. Die vertraglichen Vereinbarungen enthielten keinerlei Angaben über die Mietzeit und den Mietbeginn; auch fehle eine Vereinbarung über die Nebenkosten. Daher bleibe unklar, ob der angegebene Mietzins in Höhe von 300 DM einen Pauschalpreis darstelle oder ob über Nebenkosten abgerechnet werden solle.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die unrichtige Auslegung und Anwendung von Steuer- und Verfassungsrecht. Das FG habe zu Unrecht aus einer untypischen Gestaltung auf die fehlende Ernsthaftigkeit des vertraglich Vereinbarten geschlossen. Steuerrechtlich sei allein die Situation des Vermieters zu beurteilen; die Motive, die den Mieter dazu bewogen hätten, die Wohnung anzumieten, könnten hingegen nicht von Interesse sein. Soweit das FG davon ausgegangen sei, dass der Mietvertrag nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspreche, sei zu berücksichtigen, dass der Fremdvergleich in der Rechtsprechung heute weniger formstreng gesehen werde als noch vor Ergehen der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Anerkennung von Angehörigenverträgen. Bruttomietvereinbarungen seien bei kleineren Mieteinheiten nicht ungewöhnlich. Kein ernsthafter Hinderungsgrund für eine Anerkennung des Mietverhältnisses sei, dass nur ein Elternteil den Mietvertrag aufseiten der Vermieter geschlossen habe. Auch sei den Beteiligten klar gewesen, auf welche Räumlichkeiten sich das Mietverhältnis beziehe, weshalb die fehlende Bezeichnung der Räumlichkeiten im Vertrag unerheblich sei. Im Übrigen liege sowohl die tatsächliche Nutzung der Wohnung durch die Mieter als auch die Durchführung des Vertrages in Form der Mietzahlung vor. An der steuerrechtlichen Verbindlichkeit der Mietvereinbarung könnten daher keine Zweifel bestehen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils vom und der Einspruchsentscheidung vom den Einkommensteuerbescheid 1989, zuletzt geändert durch Bescheid vom , dahin gehend zu ändern, dass der Werbungskostenüberschuss bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ... DM berücksichtigt wird, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Streitsache dem BVerfG zur Prüfung der Vereinbarkeit der Nichtanerkennung des Mietvertrages mit Art. 6 des Grundgesetzes (GG) vorzulegen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Berücksichtigung eines höheren Werbungskostenüberschusses der Kläger aus Vermietung und Verpachtung bezüglich ihres Zweifamilienhauses nicht in Betracht kommt (§ 9 Abs. 1, § 21 Abs. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG—).

1. Mietverträge unter nahen Angehörigen können nach ständiger Rechtsprechung nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn feststeht, dass die vereinbarten Leistungen allein aufgrund des Vertrages und nicht aus privaten, gemäß § 12 EStG der Lebensführung zuzuordnenden Gründen erbracht werden. Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung eines Mietvertrages mit Angehörigen ist daher, dass er bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen ist und sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht. Die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setzt insoweit zumindest voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (z.B. , BFHE 190, 173, BStBl II 2000, 224, m.w.N.). Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein schriftlicher Mietvertrag erst nach Beginn des Mietverhältnisses abgefasst wird.

2. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des FG, der Mietvertrag zwischen den Klägern und den Eltern der Klägerin halte einem Fremdvergleich nicht stand, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG ist aufgrund verschiedener, sich aus der Vertragsurkunde ergebender und von den Klägern dem Grunde nach nicht in Abrede gestellter Anhaltspunkte —die Rückdatierung des Vertrages, die Ausstellung des Mietvertrages lediglich auf den Kläger, obwohl auch die Klägerin Eigentümerin des Hauses ist, die mangelnde Bestimmbarkeit von Lage und Größe der vermieteten Räume sowie das Fehlen von Angaben über Mietzeit und Mietbeginn bzw. der Vereinbarung über Nebenkosten— zu dem Schluss gekommen, dass die mietvertraglichen Vereinbarungen der Parteien von dem zwischen Fremden Üblichen abweichen. Die festgestellten Abweichungen ließen zwar nicht jede für sich allein, jedoch in der Summe den Schluss zu, dass die Parteien keinen echten Leistungsaustausch vereinbaren wollten und somit die Überlassung der Wohnung in der familiären Beziehung begründet gewesen sei.

Diese Gesamtwürdigung lässt keinen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze erkennen und bindet den Senat nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Wenn die Kläger vortragen, detaillierter Vereinbarungen im Mietvertrag vom habe es nicht bedurft, weil ein im Einzelnen mündlich vereinbartes Mietverhältnis bei dessen Abschluss bereits bestanden habe, verkennen sie, dass es für die steuerliche Anerkennung des Mietverhältnisses auf den Nachweis ankommt, dass ein Mietvertrag wie unter Fremden üblich abgeschlossen und durchgeführt worden ist. Die Würdigung des FG steht auch im Einklang mit der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. , BFHE 185, 397, BStBl II 1998, 349, zur Indizwirkung einer fehlenden Nebenkostenvereinbarung; vom IX R 38/97, BFHE 184, 463, BStBl II 1998, 106, zur unregelmäßigen Zahlung des vereinbarten Mietzinses; vom IX R 19/89, BFH/NV 1994, 96, zur Nettomietvereinbarung).

3. Die von den Klägern behauptete Verletzung von Art. 6 GG ist nicht gegeben. Das FG hat nicht generell Mietverträgen mit den die Enkelkinder betreuenden Großeltern die steuerrechtliche Anerkennung versagt, sondern im Einzelfall eine Abweichung des Mietvertrages von dem zwischen Fremden Üblichen festgestellt. Auch die Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Angehörigenmietverhältnissen verletzen nicht den Schutzbereich des Art. 6 GG; hiernach werden Mietverträge zwischen Angehörigen nicht von der steuerrechtlichen Anerkennung ausgeschlossen, sondern lediglich besondere Anforderungen an den Nachweis gestellt, dass es sich nicht um Leistungen im privaten, familiären Bereich (§ 12 EStG) handelt.

4. Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob die Berücksichtigung eines höheren Werbungskostenüberschusses bei den Einkünften der Kläger aus Vermietung und Verpachtung schon deshalb nicht in Betracht kommen könnte, weil der Mietvertrag möglicherweise nur zum Schein geschlossen worden ist. Der Senat braucht auch nicht zu entscheiden, ob die Voraussetzungen einer Vermietung zur dauernden Nutzung i.S. des § 21a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG im Streitfall als nicht erfüllt anzusehen sind. Ferner kann die —an sich vorrangige— Frage offen bleiben, ob die Vermietung der Einliegerwohnung schon deshalb einkommensteuerrechtlich unbeachtlich sei, weil sie nicht mit Überschusserzielungsabsicht vorgenommen wurde.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1551 Nr. 12
UAAAA-67681