BFH Urteil v. - IX R 18/04

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Im Mai 1993 erwarb der Kläger ein Grundstück, welches mit einem Einfamilienhaus bebaut war. Im Jahr 1994 begann der Kläger damit, das Einfamilienhaus durch einen Anbau zu einem Zweifamilienhaus umzubauen (Fertigstellung Januar 1996). Zugleich wurde das Grundstück aufgeteilt (Wohnung I in dem Einfamilienhaus, Wohnung II im Anbau).

Die Wohnung I wurde seit Mai 1994 vermietet. Für die Wohnung II wurde nach deren Fertigstellung ein befristeter Mietvertrag geschlossen. Mit Kaufvertrag vom Februar 1997 wurde diese Wohnung veräußert.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) verneinte die Absicht des Klägers, mittels der Wohnung II Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des EinkommensteuergesetzesEStG—) zu erzielen und ließ die geltend gemachten Gebäude- und Sonderabschreibungen nicht zum Abzug zu.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1447 veröffentlichten Urteil ab.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung und die geänderten Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1997 vom aufzuheben und die Einkommensteuer der Streitjahre unter Anerkennung von Werbungskostenüberschüssen aus Vermietung und Verpachtung von 45 949 DM (1994), 100 947 DM (1995), 65 909 DM (1996) und 60 056 DM (1997) festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.

1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (vgl. , BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211, und vom IX R 52/97, BFH/NV 2001, 587, m.w.N.).

a) Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften (ständige Rechtsprechung, grundlegend Urteil vom IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; vgl. auch Urteile vom IX R 10/04, BFHE 210, 20, BStBl II 2005, 692, und IX R 15/04, BFHE 210, 24, BStBl II 2005, 754).

b) Diese Annahme setzt voraus, dass der Steuerpflichtige den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst hat; hieran fehlt es, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück kurzfristig wieder verkaufen will oder wenn er sich noch nicht entschieden hat, ob er das Grundstück langfristig vermieten oder kurzfristig verkaufen will (vgl. , BFH/NV 2002, 635). Demgegenüber ist die Einkünfteerzielungsabsicht nach Maßgabe der Grundsätze des Urteils in BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771 auch dann zu bejahen, wenn der Steuerpflichtige nach dem Beginn seiner Vermietungstätigkeit das bebaute Grundstück aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert (, BFHE 203, 86, BStBl II 2003, 940, und vom IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).

c) Ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz aber liegt vor, wenn der Steuerpflichtige ein bebautes Grundstück innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs —von in der Regel bis zu fünf Jahren— seit der Anschaffung oder Herstellung wieder veräußert und innerhalb dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Je kürzer der Abstand zwischen der Anschaffung oder Errichtung des Objekts und der nachfolgenden Veräußerung ist, umso mehr spricht dies gegen eine auf Dauer angelegte Vermietungstätigkeit und für eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht (z.B. BFH-Urteil in BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580, unter II. 1. c am Ende).

d) Ob im Einzelfall Indizien gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechen, ist eine Frage der Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung, die dem FG obliegt (BFH-Urteile in BFHE 208, 235, BStBl II 2005, 211, und vom IX R 57/00, BFHE 199, 422, BStBl II 2003, 695, m.w.N.). Die revisionsrechtliche Überprüfung durch den BFH beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist (z.B. , BFH/NV 2002, 334), alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen (z.B. , BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699) und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (z.B. , BFH/NV 2001, 1551).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Einkünfteerzielungsabsicht verneint.

Nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) wurde das Grundstück kurz nach seinem Erwerb und der Stellung des Bauantrags aufgeteilt. Die Wohnung II wurde nur rund 14 Monate nach Fertigstellung veräußert.

Aufgrund seiner Gesamtwürdigung, in die es auch einbezogen hat, dass der Kläger durch Einschaltung eines Maklers und durch Inserate Vermietungsbemühungen unternahm und ein Mietverhältnis begründete, ist das FG zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger nicht die von Anfang an vorliegende Absicht hatten, mit der Wohnung II auf Dauer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Diese Würdigung des FG ist möglich, sie verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze; Verfahrensrügen sind nicht erhoben worden.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2006 S. 1078 Nr. 6
XAAAB-82049