BFH Beschluss v. - VII B 133/01

Gründe

I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Steuerbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Hauptzollamt —HZA—) vom…(Einspruchsentscheidung vom ...) durch das dem Kläger am durch Niederlegung bei der Deutschen Post AG, zugestellte Urteil abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision erhob der Kläger mit Schriftsatz seines Pozessbevollmächtigten vom , beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am , Beschwerde, die er mit Schriftsatz vom , beim BFH eingegangen am , begründete.

Wegen Versäumung der Begründungsfrist hat der Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung trug er vor, der Kläger, ein vietnamesischer Staatsbürger, sei der deutschen Sprache nicht mächtig; bei Schriftstücken in deutscher Sprache benötige er die Hilfe eines Übersetzers. Die Bestellung eines Übersetzers nehme in der Regel mehrere Tage in Anspruch. Sein Prozessbevollmächtigter habe ihn am aufgefordert, einen Besprechungstermin zu vereinbaren, den er mit seinem Dolmetscher erst am wahrgenommen habe. Die Versäumung der Begründungsfrist beruhe daher darauf, dass der Kläger der deutschen Sprache nicht mächtig sei und längere Verständigungszeiten wegen der Hinzuziehung eines Dolmetschers erforderlich seien. Der Kläger habe die Begründungsfrist somit schuldlos versäumt. Außerdem habe der Kläger keinerlei Kenntnis über die Zustellung gehabt, weil ihm die Mitteilung über die Zustellung nicht zur Kenntnis gelangt sei. Das genaue Datum der Zustellung habe erst durch die Akteneinsicht seines Prozessbevollmächtigten am in Erfahrung gebracht werden können. Die Begründungsfrist könne daher erst am enden.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie verspätet begründet worden ist und die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden kann.

1. Das Urteil des FG ist gemäß § 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 3 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes und § 182 der Zivilprozessordnung (ZPO) am wirksam zugestellt worden. § 182 ZPO setzt voraus, dass die Zustellung nach den vorhergehenden Vorschriften nicht ausführbar war. Der Zusteller hat ausweislich der Postzustellungsurkunde unter der Wohnanschrift des Klägers niemanden angetroffen und war daher befugt, das Schriftstück wie geschehen bei der Postanstalt am Ort niederzulegen. Gemäß § 418 Abs. 1 ZPO begründet die Postzustellungsurkunde den vollen Beweis dieser in ihr bezeugten Tatsache. Den Beweis der Unrichtigkeit gemäß § 418 Abs. 2 ZPO hat der Kläger nicht geführt. Gemäß § 182 ZPO ist die Zustellung des finanzgerichtlichen Urteils am im Zeitpunkt der Niederlegung des Schriftstücks bei der Postanstalt und der Mitteilung hierüber bewirkt.

Der Beweis für den beurkundeten Zustellungsvorgang aufgrund der Postzustellungsurkunde als öffentlicher Urkunde i.S. von § 418 Abs. 1 ZPO kann durch bloße Behauptung des Prozessbevollmächtigten, der Kläger habe keine Kenntnis von der Zustellung des Urteils erlangt, nicht entkräftet werden. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, einen anderen Geschehensablauf substantiiert darzulegen und zu beweisen (vgl. BFH-Beschlüsse vom VII B 165/87, BFH/NV 1988, 790, und vom IV R 41/97, BFH/NV 1998, 343). Dies ist jedoch nicht geschehen.

Am war die Frist von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) mithin abgelaufen. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist aber erst am und damit verspätet beim BFH eingegangen.

2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist kann dem Kläger nicht gewährt werden, weil er nicht ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Frist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO von zwei Monaten zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten (§ 56 Abs. 1 FGO). Allein der Umstand, dass der Kläger der deutschen Sprache angeblich nicht mächtig war, vermag die Versäumung der Begründungsfrist nicht zu entschuldigen. Die Frist von zwei Monaten ist ausreichend bemessen, um auch dem Fall gerecht zu werden, dass der Kläger der deutschen Sprache nicht mächtig ist und sich die ihm zugehenden Schriftstücke übersetzen lassen muss, um sie zu verstehen. Im Übrigen könnte diese Frist bei Bedarf auf einen vor ihrem Ablauf hin gestellten Antrag um einen Monat verlängert werden (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO). Einen solchen Antrag hat der Kläger nicht gestellt. Insoweit muss er sich auch ein etwaiges Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen, der jedenfalls auf Grund der am durchgeführten Akteneinsicht über den Zeitpunkt der Zustellung des Urteils und die sich daraus ergebenden Fristen hätte unterrichtet sein müssen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2002 S. 209 Nr. 2
KAAAA-67346