BFH Beschluss v. - VI R 87/00

Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) begehrte mit seiner Klage Zahlung von Kindergeld für seine Tochter für Januar bis März 1996. Die Tochter hatte im März 1996 geheiratet. Daraufhin hob der Beklagte und Revisionsbeklagte (Beklagter) die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom mit Wirkung vom auf, weil die Einkünfte des Ehemanns der Tochter, die zur Hälfte als Einkünfte der Tochter aufzurechnen seien, den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) überstiegen. Vorverfahren und Klageverfahren blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) begründete sein klageabweisendes Urteil im Wesentlichen wie folgt: Formelle Bedenken gegen die Zuständigkeit des FG seien nicht ersichtlich. Der Beklagte habe zu Recht ab kein Kindergeld mehr gewährt, weil die Einkünfte der Tochter, zu denen auch die Unterhaltsleistung ihres Ehegatten bis zur Hälfte von dessen Nettoeinkommen gehörten, die Jahresgrenze von 12 000 DM überschritten.

Gegen das Urteil legte der Kläger Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ein und gleichzeitig (zulassungsfrei) Revision, mit der er rügt, das FG habe sein Urteil (teilweise) nicht mit Gründen versehen (§ 116 Abs. 1 Nr. 5 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG habe seine Zuständigkeit bejaht, ohne dies zu begründen. Das Urteil sei ferner deswegen nicht mit Gründen versehen, weil es keine Ausführungen zu der oder den Ermächtigungsgrundlagen für den angefochtenen Aufhebungsbescheid vom enthalte und schließlich, weil Ausführungen dazu fehlten, warum dem Kläger kein Zahlungsanspruch (Antrag II der Klageschrift) zustehe.

Der Kläger beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und nach den Anträgen des Klägers zu erkennen.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Zwischenzeitlich hat der Beklagte aufgrund des (BFHE 191, 69, BStBl II 2000, 522) den angefochtenen Aufhebungsbescheid geändert und Kindergeld ab bis gewährt. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Die Revision ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).

1. Die Erledigungserklärungen sind hinsichtlich des Revisionsverfahrens wirkungslos. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sind beiderseitige Erledigungserklärungen zwar auch in der Revisionsinstanz möglich und zulässig, doch tritt die verfahrensrechtliche Wirkung —die aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen anzunehmende Erledigung (§ 138 Abs. 1 FGO)— nur ein, wenn die Revision statthaft und zulässig ist (BFH-Beschlüsse vom VII R 82/88, BFHE 156, 79, BStBl II 1989, 569, m.w.N.; vom I R 4/98, BFH/NV 1999, 1234, 1235).

2. Die Revision ist unzulässig. Eine zulassungsfreie Verfahrensrevision, mit der geltend gemacht wird, die angefochtene Entscheidung sei nicht mit Gründen versehen, ist nur zulässig, wenn die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, einen Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ergeben (ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, vgl. , BFH/NV 2000, 464). Eine Entscheidung ist nicht mit Gründen versehen, wenn sie den Beteiligten keine Überprüfung ermöglicht, weil nicht erkennbar ist, auf welchen Feststellungen und Erwägungen sie beruht. Auch wenn das FG zur Begründung seiner Entscheidung nicht auf jeden einzelnen Einwand des Klägers eingeht, führt das nicht zu fehlenden, sondern allenfalls zu unvollständigen Gründen, die keinen Mangel i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6 FGO ergeben (, BFH/NV 1999, 1106, ständige Rechtsprechung). Im Streitfall trägt der Kläger mit der Revision selbst vor, das Urteil der Vorinstanz sei nur teilweise nicht mit Gründen versehen, also nicht i.S. des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO mangelhaft. Das Urteil der Vorinstanz ermöglicht dem Kläger auch eine Überprüfung dahin, auf welchen Feststellungen und Erwägungen das FG zu seiner Entscheidung gekommen ist. Es hat seine Zuständigkeit zu Recht bejaht und den Kindergeldanspruch für den umstrittenen Zeitraum ab mit der Erwägung verneint, der Ehemann der Tochter habe hohe Nettoeinkünfte und diese Nettoeinkünfte seien zur Hälfte als eigene Einkünfte der Tochter zu berücksichtigen, so dass der Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten sei. Die Vorinstanz hat auch keine selbständigen Angriffs- oder Verteidigungsmittel übergangen, indem sie den Klageantrag zu II. der Klageschrift (Zahlung von Kindergeld für die Monate Januar bis März 1996 nebst Zinsen) nicht ausdrücklich beschieden hat. Das FG hat die Klage insgesamt abgewiesen, also sowohl den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides als auch auf Zahlung des Kindergelds. Mit seiner Entscheidung, der Aufhebungsbescheid sei zu Recht ergangen, steht zugleich fest, dass ein Kindergeldanspruch für den umstrittenen Zeitraum aus der Sicht des FG nicht besteht.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 620 Nr. 5
DAAAA-67318