Sozialplanabfindung - Abgeltungsklausel in einem gerichtlichen Vergleich
Gesetze: § 77 Abs 4 S 2 BetrVG
Instanzenzug: Az: 40 Ca 6952/14 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 6 Sa 666/15 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
2Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1991 zuletzt im Bereich Asset-Management beschäftigt. Vom bis stand sie in einem Arbeitsverhältnis zur B AG, die später in U AG umfirmierte. Zum ging das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsteilübergangs wieder auf die Beklagte über, welche sich als Tochtergesellschaft der U AG mit Vermarktungs-, Entwicklungs- und Verwaltungsaufgaben für Immobilien befasst. Die Klägerin wurde von der U AG mit Schreiben vom über den Betriebsteilübergang und seine Rechtsfolgen unterrichtet. Darin ist aufgeführt, dass bei der Beklagten eine „Betriebsvereinbarung zur Strategieumsetzung vom “ besteht. Diese Betriebsvereinbarung (BV 2004) weist als Vereinbarungsparteien in ihrem Rubrum die Beklagte, die H Gesellschaft mbH & Co. KG und den „Betriebsrat der H AG, H Gesellschaft mbH & Co. KG, vertreten durch die Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende“, aus und lautet auszugsweise:
3Im Hinblick auf den Wechsel der Mitarbeiter ab dem von der U AG zu der Beklagten schlossen diese beiden Gesellschaften und der Gesamtbetriebsrat der U AG am 28. Januar/ eine Betriebsvereinbarung (BV 2010), in deren Nr. IV.2. geregelt ist:
4Mit Wirkung vom wurden Facheinheiten der Beklagten, darunter diejenige, in der die Klägerin tätig war, im Rahmen des sog. Projekts A auf die U G B S GmbH (UGBS) übertragen. Hierzu schlossen die U AG, die - als „Immo“ bezeichnete - Beklagte und die UGBS mit dem Gesamtbetriebsrat der U AG sowie dem Betriebsrat der Beklagten am einen „Interessenausgleich als Gesamtbetriebsvereinbarung/Betriebsvereinbarung“ (BV 2011), dessen Nr. VII.3. auszugsweise lautet:
5Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die UGBS. Sie war seit von ihrer Tätigkeit unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt; die Beklagte übt seitdem keine operative Tätigkeit aus.
6Mit Schreiben vom kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum . Die Klägerin erhob hiergegen Kündigungsschutzklage, mit der sie zudem die Feststellung eines Abfindungsanspruchs - hilfsweise die Zahlung einer Sozialplanabfindung begehrte. Mit Beschluss vom stellte das Landesarbeitsgericht gemäß § 278 Abs. 6 ZPO einen Vergleich folgenden Inhalts fest:
7Mit ihrer Klage hat die Klägerin nunmehr die Differenz zwischen einer Sozialplanabfindung entsprechend der BV 2004 und der im Vergleich vereinbarten Abfindungssumme verlangt.
8Sie hat beantragt,
9Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe mit der im Vergleich vom vereinbarten Abgeltungsklausel wirksam auf etwaige Sozialplanabfindungen verzichtet. Es handele sich um einen Tatsachenvergleich, der keiner Zustimmung des Betriebsrats bedürfe. Ihrem Zahlungsverlangen stehe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. Auch könne ein Abfindungsanspruch weder auf das Unterrichtungsschreiben der U noch auf die BV 2011 oder die BV 2010 jeweils iVm. der BV 2004 gestützt werden. Die Voraussetzungen der BV 2004 erfülle die Klägerin nicht.
10Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin den Zahlungsantrag weiter.
Gründe
11Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Berufung der Klägerin nicht zurückgewiesen werden.
12I. Die Klage ist zulässig. Ihr fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dieses folgt für eine Leistungsklage grundsätzlich aus der Nichterfüllung des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs (vgl. - Rn. 14). Anderes ergibt sich nicht aus dem Einwand der Beklagten, die Klägerin verfolge einen Anspruch, der die Unwirksamkeit des in dem vorangegangenen Rechtsstreit festgestellten Vergleichs voraussetze. Es trifft zwar zu, dass ein Streit der Parteien über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs jedenfalls dann im Ausgangsverfahren auszutragen ist, wenn der Vergleich nicht allein aus Gründen unwirksam ist, die erst nach seinem Abschluss entstanden sind ( - Rn. 16, BAGE 153, 20). Allerdings wendet sich die Klägerin nicht gegen die prozessbeendigende Wirkung des durch Beschluss vom festgestellten Vergleichs. Ein Verfahren, in dem ein Prozessvergleich geschlossen wurde, ist aber nur dann fortzusetzen, wenn die Wirksamkeit des Prozessvergleichs angegriffen und damit seine den Prozess beendigende Wirkung in Frage gestellt wird. Dementsprechend ist eine neue Klage, die ein solches Ziel nicht verfolgt, zulässig. Den Parteien steht es frei, übereinstimmend einen Zivilprozess als durch Vergleich unabhängig davon als beendet anzusehen, ob dieser wegen prozessualer oder materiell-rechtlicher Mängel unwirksam ist (vgl. - Rn. 14 mwN).
13II. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage jedoch rechtsfehlerhaft als unbegründet abgewiesen. Ein etwaiger Anspruch der Klägerin auf eine Sozialplanabfindung nach einer für sie unmittelbar und zwingend geltenden Betriebsvereinbarung ist aufgrund der Abgeltungsklausel in Nr. 8 des Vergleichs nicht erloschen (§ 397 Abs. 1 BGB).
141. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die in Nr. 8 Satz 1 des Prozessvergleichs vereinbarte Abgeltung als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen ist. Nach der gewählten Formulierung wollten die Parteien sämtliche Ansprüche der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis und dessen Beendigung erledigen. Hiervon haben sie nach Nr. 8 Satz 2 des Vergleichs nur die dort ausdrücklich genannten Ansprüche ausnehmen wollen.
152. Nicht frei von Rechtsfehlern ist jedoch seine Annahme, der vereinbarte Verzicht auf eine etwaige Sozialplanabfindung sei als sog. Tatsachenvergleich mit § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG vereinbar.
16a) Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG ist ein Verzicht auf Rechte des Arbeitnehmers aus einer Betriebsvereinbarung nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Ein Sozialplan hat gemäß § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Ein - und sei es teilweiser - Verzicht des Arbeitnehmers auf einen Sozialplananspruch ist daher nur mit Zustimmung des Betriebsrats wirksam ( - Rn. 25). Fehlt es hieran, ist der Verzicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig ( - zu II 4 b aa der Gründe).
17b) Nr. 8 Satz 1 des Prozessvergleichs regelt keinen sog. Tatsachenvergleich, für den das Verzichtsverbot des § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG nicht gilt, sondern einen Rechtsverzicht. Ein Vergleich über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Sozialplanabfindung ist mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Verzichtsverbot vereinbar, wenn die Parteien allein über die Erfüllung der tatsächlichen Anspruchsvoraussetzungen gestritten haben ( - Rn. 49 mwN, BAGE 155, 326; zum BetrAVG - 3 AZR 825/93 -; zu § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG - 4 AZR 317/12 - Rn. 19). Handelt es sich aber um eine vergleichsweise Verständigung über Rechtsfragen, etwa diejenige, wie bestimmte Regelungen in einem Sozialplan auszulegen sind, ist die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten der Parteien zwangsläufig mit einem Verzicht auf einen Rechtsanspruch verbunden. Betrifft ein solcher Rechtsverzicht einen Anspruch aus einer Betriebsvereinbarung, bedarf dies wegen § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Eine solche Verständigung enthält Nr. 8 Satz 1 des Vergleichs vom . Die Parteien haben im vorangegangenen Rechtsstreit zur Anwendbarkeit der BV 2004 unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. Nach dem Wortlaut der Nr. 8 Satz 1 des Vergleichs haben sie sich nicht über bestimmte tatsächliche Voraussetzungen für Ansprüche der Klägerin auf Sozialplanleistungen verständigt. Vielmehr haben sie ausdrücklich vereinbart, dass beiderseitige Ansprüche „abgegolten“ sind. Dies beseitigt keine tatsächliche Ungewissheit über die Voraussetzungen eines etwaigen Anspruchs, sondern die rechtliche Unsicherheit, ob ein solcher besteht.
18III. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Das Zahlungsverlangen der Klägerin stellt sich nicht - wie die Beklagte meint - unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens als unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB dar. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu, soweit für den anderen Teil kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden war oder besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. - Rn. 57 mwN). Allein der Abschluss einer gegen § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG verstoßenden Vereinbarung schafft kein Vertrauen darauf, der Arbeitnehmer werde später deren Unwirksamkeit nicht geltend machen. Anderenfalls liefe die gesetzlich angeordnete Unverzichtbarkeit eines betriebsverfassungsrechtlich vermittelten Anspruchs ins Leere. Überdies ist vorliegend nichts dafür ersichtlich, die Klägerin habe der Beklagten gegenüber erkennen lassen, sie wolle Nr. 8 Satz 1 des Vergleichs hinsichtlich des Anspruchs auf Sozialplanabfindung trotz seiner Rechtsunwirksamkeit gegen sich gelten lassen.
19IV. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
201. Der streitbefangene Anspruch folgt nicht aus der BV 2011 iVm. der BV 2004. Es ist bereits fraglich, welchen Rechtscharakter die BV 2011 hat, die als Interessenausgleich anlässlich des Projekts A zwischen den jeweils bestimmte Facheinheiten übertragenden zwei Unternehmen U AG und der Beklagten sowie der die Einheiten übernehmenden UGBS einerseits und dem Gesamtbetriebsrat der U AG sowie dem Betriebsrat der Beklagten andererseits geschlossen worden ist. Jedenfalls unterfällt die Klägerin, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die UGBS widersprochen hatte, nicht der BV 2011. Das zeigt deren Nr. VII.3., wonach die BV 2004 „jedenfalls für Mitarbeiter“ gilt, „die im Rahmen der Teilbetriebsübergänge nach dieser Betriebsvereinbarung zum Projekt A aus der Immo in die UGBS überführt wurden“. Hierzu gehört die Klägerin nicht.
212. Entgegen der Annahme der Revision steht der Klägerin auch kein Anspruch aus der BV 2010 iVm. der BV 2004 zu.
22a) Die auf die Anwendung der BV 2004 verweisende Regelung der Nr. IV.2. BV 2010 gilt nicht unmittelbar und zwingend iSv. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG für das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Die BV 2010 wurde zwischen der bestimmte Einheiten abgebenden U AG als Betriebsteilveräußerin und der Beklagten als Betriebsteilerwerberin sowie dem Gesamtbetriebsrat der U AG geschlossen. Die Betriebsparteien können aber mit einer Betriebsvereinbarung Rechte und Pflichten nur im Verhältnis zueinander festlegen. Sie können keine unmittelbar und zwingend geltenden Ansprüche gegenüber und zu Lasten Dritter - etwa gegenüber einem Betriebserwerber - begründen ( - Rn. 14).
23b) Es kann offen bleiben, ob Nr. IV.2. BV 2010 eine Zusage der Beklagten regelt, gegenüber den von der U AG zu ihr wechselnden Mitarbeitern die BV 2004 auf schuldrechtlicher Grundlage (befristet) anzuwenden. Ein schuldrechtlicher Verpflichtungsgrund wäre von Nr. 8 Satz 1 des Vergleichs umfasst, weil das Verzichtsverbot des § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG hierfür nicht gilt.
243. Dementsprechend kann die Klägerin einen Anspruch auch nicht auf die BV 2004 im Zusammenhang mit einer individualrechtlichen Zusage stützen. Das von ihr herangezogene Unterrichtungsschreiben vom ist nicht von der Beklagten, sondern der U AG verfasst; einen Anspruch gegen diese Gesellschaft verfolgt die Klägerin nicht. Im Verhältnis zur Beklagten unterfiele dieser vertragliche Anspruch auch der Abgeltungsklausel nach Nr. 8 Satz 1 des Vergleichs.
254. Der Anspruch auf die begehrte Sozialplanabfindung könnte aber aus einer unmittelbaren und zwingenden (Fort-)Geltung der BV 2004 für das Arbeitsverhältnis der Klägerin folgen. Das kann der Senat auf der Grundlage der bisher festgestellten Tatsachen aber nicht abschließend zu beurteilen.
26a) Bei der BV 2004 handelt es sich um einen Dauersozialplan für künftige, noch nicht konkret geplante Betriebsänderungen. Solche Regelungen sind freiwillig möglich ( - Rn. 12, BAGE 154, 313).
27b) Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für einen Abfindungsanspruch nach der BV 2004.
28aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Überführung von Facheinheiten von der Beklagten auf die UGBS im Rahmen des Projekts A - von der die Klägerin betroffen war - um eine Maßnahme, die Teil B Nr. 1. BV 2004 unterfällt. Der fachliche Geltungsbereich des Dauersozialplans ist in dieser Regelung umfassend und weit umschrieben, indem auf „organisatorische und/oder strukturelle Vorhaben zur Verbesserung der Ertrags der Gesellschaften und die daraus resultierenden personellen Maßnahmen“ abgehoben wird. Dass mit „Ertrag“ der Gesellschaften ausschließlich eine monetäre Größenordnung gemeint sein soll, liegt angesichts der generalisierenden Formulierung fern. Daher unterfallen die Maßnahmen, die in der Präambel der BV 2011 mit den Intentionen „Steigerung der Qualität bei den vielfältigen Serviceleistungen“ und Fortführung von „Maßnahmen zur globalen Bündelung von Aktivitäten“ beschrieben sind, dem Geltungsbereich der BV 2004. Dies gilt umso mehr, als in der Präambel der BV 2011 nach der Überzeugung des Managements „die Zusammenfassung der GBS-Einheiten in Deutschland in der UGBS einen positiven Beitrag zur Qualitätssteigerung der Serviceleistungen der U-Group für ihre Kunden leisten und signifikant zum Erfolg der beteiligten Konzerngesellschaften und der gesamten U-Group beitragen wird“.
29bb) Die Klägerin erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 von Teil C Nr. 7.1. BV 2004.
30(1) Sie ist von dem Projekt A unmittelbar betroffen. Ihr Arbeitsverhältnis sollte zur UGBS übergehen. Dass sie dem Betriebsübergang widersprochen hat, steht ihrer direkten Betroffenheit nicht entgegen. Die Beklagte verkennt, dass sich die Unmittelbarkeit iSv. Teil C Nr. 7.1. BV 2004 auf die „strukturellen und/oder organisatorischen Veränderungen“ und damit auf den Übergang von Facheinheiten auf ein anderes Unternehmen bezieht.
31(2) Der Klägerin konnte iSv. Teil C Nr. 7.1. Satz 2 BV 2004 „nach Ausschöpfung aller unter Ziffer 2 aufgeführten Maßnahmen kein Arbeitsverhältnis angeboten werden“. Hierbei kann unterstellt werden, dass ihr - wie die Beklagte in den Instanzen vorgetragen hat - Weiterbeschäftigungsangebote in anderen Konzernunternehmen unterbreitet worden sind. Allenfalls ein Arbeitsplatzangebot bei der Beklagten würde keinen Abfindungsanspruch auslösen. Dies folgt aus Wortlaut und systematischen Zusammenhang der Sozialplanregelungen, wonach Satz 2 des Teil C Nr. 7.1. BV 2004 auf das „Anbieten“ eines Arbeitsplatzes abstellt und Teil C Nr. 2.2. bis 2.4. BV 2004 Regularien zum „Anbieten“ eines gleich oder geringer bewerteten Arbeitsplatzes bei den die BV 2004 schließenden Unternehmen aufstellen, während Teil C Nr. 2.8. und Nr. 2.9. BV 2004 auf die „Vermittlung“ eines Arbeitsplatzes in einem Konzern- oder Drittunternehmen abheben. Diese Auslegung wird bestätigt durch den in Teil C Nr. 7.2. BV 2004 aufgenommenen Ausschluss eines Anspruchs, der an die Annahme des Angebots „in einem anderen Konzernunternehmen“ anknüpft. Dies wäre überflüssig, wenn ein solches Angebot bereits iSv. Teil C Nr. 7.1. Satz 2 BV 2004 dem Abfindungsanspruch an sich entgegenstünde.
32(3) Schließlich wurde das Arbeitsverhältnis der Parteien betriebsbedingt iSv. Teil C Nr. 7.1. Satz 2 BV 2004 beendet. Das steht aufgrund des im Vorgängerrechtsstreit geschlossenen Vergleichs vom , dessen prozessbeendigende Wirkung nicht angegriffen worden ist, fest.
33c) Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann aber weder angenommen noch ausgeschlossen werden, dass die BV 2004 im Zeitpunkt der Entstehung eines daraus abgeleiteten Anspruchs der Klägerin auf eine Abfindung bei der Beklagten iSv. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG (noch) kollektivrechtlich galt. Die BV 2004 ist weder befristet geschlossen noch gekündigt worden. Ihr kollektivrechtlicher Geltungsgrund ist hingegen an den Fortbestand der betrieblichen Einheit, für die sie vereinbart worden ist, gebunden. Geschlossen wurde die BV 2004 nach der Bezeichnung der sie verabredenden Betriebsparteien, ihrer Unterzeichnung und ihrer inhaltlichen Ausgestaltung von der Beklagten und der H Gesellschaft mbH & Co. KG - und (nur) einem Betriebsrat. Ihre Fortgeltung bei der Beklagten könnte nur dann angenommen werden, wenn die ursprüngliche organisatorische (Teil-)Einheit als betriebsverfassungsrechtlicher Bezugspunkt fortbestehen würde. Sollten die Beklagte und die H Gesellschaft mbH & Co. KG im Zeitpunkt des Abschlusses der BV 2004 einen Gemeinschaftsbetrieb geführt haben, wäre mit dessen Auflösung keine Betriebsidentität mehr anzunehmen und die BV 2004 faktisch beendet. Bestand kein Gemeinschaftsbetrieb, könnte die BV 2004 der Sache nach zwei (gleichlautende) Betriebsvereinbarungen enthalten, deren eine den Betrieb der Beklagten beträfe. Sollte die Klägerin diesem (unveränderten) Betrieb zuzuordnen sein, gölte die BV 2004 unmittelbar und zwingend für ihr Arbeitsverhältnis. Hierfür kommt es darauf an, ob die Organisation der Arbeitsabläufe, der Betriebszweck und die Leitungsstruktur, welche die Betriebsidentität prägen, bezogen auf die Zeitpunkte des Abschlusses der BV 2004 und der Maßnahme gegenüber der Klägerin iSd. BV 2004 unverändert geblieben sind (vgl. zur Fortgeltung einer Betriebsvereinbarung nach betrieblichen Umstrukturierungen auch - Rn. 15). Zu all dem hat das Landesarbeitsgericht - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent - keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2017:250417.U.1AZR714.15.0
Fundstelle(n):
BB 2017 S. 2035 Nr. 35
PAAAG-53876