Kindergeld | Kindergeld bis zum angestrebten Berufsziel (FG)
Der Anspruch auf Kindergeld endet
nicht schon dann, wenn das Kind (vor Erreichen des 25. Lebensjahres) einen
ersten berufsqualifizierenden Abschluss erreicht hat, sondern erst dann, wenn
das von Beginn an angestrebte Berufsziel einer mehraktigen Ausbildung erreicht
ist (;
noch nicht rkr.).
Hintergrund: Für den Weiterbezug von Kindergeld sind nach Abschluss einer Erstausbildung nur bestimmte Formen der Erwerbstätigkeit unschädlich (maximal 20 Stunden wöchentlich oder Ausbildungsdienstverhältnis oder nur geringfügige Beschäftigung).
Sachverhalt: Die Klägerin ist Mutter einer 1991 geborenen Tochter, die im Juli 2015 die Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf „Immobilienkauffrau“ bestand und ab Oktober 2015 an dem Lehrgang „geprüfte/r Immobilienfachwirt/in“ der IHK teilnahm. Voraussetzung für die Teilnahme an der Prüfung ist das Bestehen der Abschlussprüfung im Ausbildungsberuf „Immobilienkauffrau“ sowie eine mindestens einjährige Berufspraxis nach abgeschlossener Lehre. Deshalb war die Tochter parallel zu ihrer Ausbildung bei der IHK in einem entsprechenden Ausbildungsbetrieb angestellt.
Die Familienkasse lehnte den Antrag der Klägerin auf Kindergeld für die Zeit ab August 2015 ab mit der Begründung, dass die Tochter bereits im Juli 2015 ihre erste Berufsausbildung abgeschlossen und sodann eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe. Deshalb könne die Ausbildung bei der IHK nicht berücksichtigt werden. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein und machte geltend, ihre Tochter habe das von Beginn an angestrebte Berufsziel „Immobilienfachwirtin“ noch nicht erreicht, das (u.a.) eine mindestens einjährige Berufspraxis in Vollzeit voraussetze.
Hierzu führt das FG Rheinland-Pfalz weiter aus:
Die Erstausbildung der Tochter der Klägerin endet erst mit dem Abschluss der Prüfung zur „geprüften Immobilienfachwirtin“, so dass bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (= Dezember 2016) Kindergeld zu gewähren ist.
Eine erstmalige Berufsausbildung ist nicht bereits mit dem ersten (objektiv) berufsqualifizierenden Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang beendet. Denn es gibt Ausbildungsgänge, bei denen der erste Berufsabschluss lediglich integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs ist.
Solche mehraktigen Ausbildungsmaßnahmen sind allerdings nur dann als Teil einer einheitlichen Erstausbildung zu qualifizieren, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das von den Eltern und dem Kind bestimmte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann. Liegt noch keine abgeschlossene erstmalige Berufsausbildung vor, kommt es auf eine Erwerbstätigkeit des Kindes nicht an.
Im vorliegenden Fall ist die Erstausbildung der Tochter somit nicht schon mit dem erfolgreichen Abschluss im Ausbildungsberuf „Immobilienkauffrau“ beendet worden, sondern erst mit dem weiter qualifizierenden Abschluss „geprüfte Immobilienfachwirtin“. Denn dieses Berufsziel hat sie von Beginn an angestrebt, erst über den Abschluss „Immobilienkauffrau“ erreichen können und unmittelbar nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnittes im Juli 2015 ohne Unterbrechung ab August 2015 fortgesetzt. Da ihre Erstausbildung nicht im Juli 2015 endete, ist ihre Erwerbstätigkeit ab August 2015 unschädlich.
Quelle: FG Rheinland-Pfalz, Pressemitteilung vom 26.07.2017 (Sc)
Fundstelle(n):
PAAAG-51452