Keine Umsatzsteuerbefreiung für Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten - Richterablehnung
Leitsatz
1. Die Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken in § 6 SpielbkV ist nicht mehr in Kraft; diese Umsätze unterliegen, auch wenn sie von Spielbanken ausgeführt werden, der Umsatzsteuer.
2. Die Betreiber von Geldspielautomaten können sich nicht auf Art. 135 Abs. 1 Buchst i MwStSystRL berufen.
Gesetze: GG Art 101 Abs 1, FGO § 51 Abs 1, FGO § 51 Abs 3, ZPO § 45 Abs 1, UStG 2005 § 4 Nr 9 Buchst b, UStG 1967 § 4 Nr 9 Buchst b , UStG 1967 § 31 Nr 7, SpielbkV § 6, EGRL 112/2006 Art 135 Abs 1 Buchst i , FGO § 115 Abs 2 Nr 1, ZPO § 44 Abs 3
Instanzenzug:
Tatbestand
1 I. Die Beteiligten streiten darum, ob die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielten Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten der Umsatzsteuer unterliegen oder ob sich die Klägerin für die Streitjahre 2009 bis 2012 auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom (Mehrwertsteuersystemrichtlinie —MwStSystRL—) berufen kann.
2 Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen.
3 Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Beschwerde, mit der sie geltend macht, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sei eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).
4 Die Klägerin hat zudem sämtliche Richter des V. Senats des BFH wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (§ 51 FGO).
Gründe
5 II. Die Beschwerde ist unbegründet.
6 1. Der Senat entscheidet in der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung. Denn das Ablehnungsgesuch ist unzulässig.
7 a) Grundsätzlich ist zwar über ein Ablehnungsgesuch gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 45 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) nach vorheriger dienstlicher Äußerung des abgelehnten Richters ohne dessen Mitwirkung zu entscheiden (z.B. , BFH/NV 2014, 1055, Rz 7).
8 aa) Ist das Ablehnungsgesuch aber —wie hier— wegen Rechtsmissbrauchs offensichtlich unzulässig, kann der Ablehnungsantrag in den Gründen der Hauptsacheentscheidung unter Mitwirkung des abgelehnten Richters zurückgewiesen werden (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2014, 1055, Rz 8; vom VII B 330/02, VII S 41/02, BFHE 201, 483, BStBl II 2003, 422, Rz 5; vgl. auch Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 2 BvC 69/14, nicht veröffentlicht —n.v.—, und vom 2 BvR 36/60, BVerfGE 11, 1, 5).
9 bb) Werden —wie im Streitfall— pauschal alle Berufsrichter eines Spruchkörpers abgelehnt, ist das Ablehnungsgesuch regelmäßig missbräuchlich, sofern nicht konkrete Anhaltspunkte im Hinblick auf die Kollegialentscheidung vorgebracht werden, die auf eine Befangenheit aller Mitglieder des Spruchkörpers hindeuten. Ist das Ablehnungsgesuch danach rechtsmissbräuchlich und deshalb offensichtlich unzulässig, entscheidet das Gericht darüber in der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung, ohne dass es einer vorherigen dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter nach § 51 FGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO bedarf (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschlüsse vom X B 167/15, BFH/NV 2016, 1577, Rz 21; vom V S 15/14, BFH/NV 2014, 1574, Rz 5; in BFH/NV 2014, 1055, Rz 8; vom V B 23/08, BFH/NV 2009, 801, Rz 15; vom VII S 7/03, BFH/NV 2003, 1331, Rz 4).
10 cc) Die Selbstentscheidung eines abgelehnten Richters ist vor dem Hintergrund der Garantie des gesetzlichen Richters in Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) allerdings nur dann und insoweit gerechtfertigt, wie die durch den gestellten Ablehnungsantrag erforderliche Entscheidung keine Beurteilung des eigenen Verhaltens und damit keine Entscheidung „in eigener Sache“ voraussetzt. Denn über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IV B 68/14, BFH/NV 2016, 575, Rz 4, und in BFH/NV 2016, 1577 mit Verweis auf die BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 625/01, 2 BvR 638/01, Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts 5, 269, Rz 53 ff., und vom 1 BvR 1288/14, n.v., Rz 11 ff.).
11 b) Vorliegend beschränkt sich die Begründung des Ablehnungsgesuchs der Klägerin der Sache nach auf eine Kritik an den vorangegangenen Entscheidungen des V. Senats vom V B 105/14 (BFH/NV 2016, 84), vom V B 115/15 (BFH/NV 2016, 1592) und vom V B 17/16 (BFH/NV 2016, 1593) und darauf, dass der Senat ihre Frage nach dem Verfasser der Leitsätze in jenen Verfahren nicht beantwortet hat. Die Beschwerdebegründung zeigt damit keine konkreten Anhaltspunkte auf, die bei vernünftiger objektiver Betrachtung auf eine Befangenheit jedes einzelnen Mitglieds des Spruchkörpers hindeuten können. Letzteres wäre aber erforderlich gewesen, um eine Ablehnung des gesamten Spruchkörpers zu begründen.
12 aa) Denn das Richterablehnungsverfahren dient nicht dazu, die Beteiligten gegen unrichtige Rechtsauffassungen des Richters zu schützen. Deshalb kann aus der im Rahmen einer früheren richterlichen Entscheidung vertretenen, für den Betroffenen ungünstigen Rechtsansicht allein kein Ablehnungsgrund hergeleitet werden, auch wenn diese Auffassung falsch sein sollte (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2016, 1577, Rz 23; in BFH/NV 2016, 575, Rz 6; in BFH/NV 2014, 1574, Rz 7; vom VII S 11/98, BFH/NV 1999, 201, Rz 16; vom II B 70/94, BFH/NV 1995, 414, Rz 10; vom X B 70/92, BFH/NV 1994, 36, Rz 16; vom V S 3/92, n.v., Rz 23; vom XI B 27/90, BFH/NV 1992, 124, Rz 11; vom X B 99/88, BFH/NV 1989, 708, Rz 9; vom VIII B 29/74, BFHE 112, 457, BStBl II 1974, 638, Rz 15; , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung —HFR— 2012, 450, Rz 7; vgl. auch , n.v., Rz 7).
13 bb) Etwas anderes gilt nur dann, wenn Gründe dargetan sind, die dafür sprechen, dass die mögliche Fehlerhaftigkeit auf einer unsächlichen Einstellung des Richters gegen den ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1989, 708, Rz 10). Die Fehlerhaftigkeit muss dabei ohne weiteres feststellbar und gravierend sein sowie auf unsachliche Erwägungen schließen lassen (BFH-Beschluss in BFH/NV 1995, 414, Rz 11).
14 (1) Hierfür bietet der Vortrag der Klägerin keine Anhaltspunkte. Die Klägerin sieht die o.g. Entscheidungen des V. Senats zwar von einer „strafrechtlich relevanten objektiven Willkür getragen“ durch „voreingenommene und ergebnisorientiert staatstragend entscheidende Richter“. Eine Begründung hierfür bleibt die Klägerin indes schuldig.
15 (2) Der Senat hat sich vielmehr in den von der Klägerin in Bezug genommenen Senatsbeschlüssen in BFH/NV 2016, 84, in BFH/NV 2016, 1592 und in BFH/NV 2016, 1593 mit den dort streitigen Rechtsfragen und den hierzu ergangenen Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Metropol vom C-440/12 (EU:C:2013:687), Leo Libera vom C-58/09 (EU:C:2010:333) und Berlington Hungary u.a. vom C-98/14 (EU:C:2015:386), den BFH-Urteilen vom V R 55/13 (BFHE 248, 411) und vom XI R 79/07 (BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311), dem (BFH/NV 2014, 915) sowie dem Nichtannahmebeschluss des (BFH/NV 2012, 1405) sachlich auseinandergesetzt und ist zu einer für die Klägerin ungünstigen Rechtsauffassung gelangt.
16 (3) Im Übrigen haben beide Umsatzsteuersenate des BFH diese Rechtsauffassung in einer Vielzahl weiterer Entscheidungen zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten bestätigt (z.B. Beschlüsse vom V B 97/15, BFH/NV 2016, 1497; vom XI B 113/14, BFH/NV 2016, 599; in BFH/NV 2016, 84; in BFH/NV 2014, 915; vom XI B 38/11, BFH/NV 2011, 1546; BFH-Urteil in BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311).
17 c) Die Willkürrüge unter Hinweis auf die nicht erfolgte Mitteilung des Leitsatzverfassers in den Verfahren in BFH/NV 2016, 84, in BFH/NV 2016, 1592, in BFH/NV 2016, 1593 ist unbegründet. Zum einen hat die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf eine derartige Mitteilung in einem nicht sie selbst betreffenden Verfahren. Zum anderen ließe selbst die Kenntnis des Leitsatzverfassers allenfalls einen Rückschluss auf dessen nach Ansicht der Klägerin fehlerhafte Rechtsauffassung zu. Hierauf kommt es aber aus den soeben dargelegten Gründen nicht an.
18 2. Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen nicht vor.
19 a) Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
20 aa) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2015, 978, Rz 7, m.w.N.).
21 An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen oder der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann oder sie offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der Rechtsfrage durch den BFH geboten erscheinen lassen (vgl. z.B. , BFH/NV 2010, 1875, Rz 4; vom X B 124/09, BFH/NV 2010, 1278, Rz 6; vom III B 108/14, BFH/NV 2015, 1575, Rz 7).
22 bb) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.
23 (1) Soweit die Klägerin meint, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob sich ein Unternehmer angesichts der Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken in § 6 der Verordnung über öffentliche Spielbanken vom —SpielbkV— (RGBl I 1938, 955) i.d.F. vom unter Berücksichtigung des Neutralitätsgrundsatzes auf die Steuerbefreiung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen kann, fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit.
24 Das wird bestätigt durch § 31 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967, wonach die in anderen als den in § 31 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 UStG aufgeführten Rechtsvorschriften enthaltenen umsatzsteuerrechtlichen und beförderungsteuerrechtlichen Vorschriften, soweit sie dem UStG 1967 widersprachen und nicht auf völkerrechtlichen Verträgen beruhten, außer Kraft gesetzt wurden (BGBl I 1967, 545, 560). Das galt gemäß § 31 Nr. 7 Satz 2 UStG 1967 insbesondere für die nicht in das UStG 1967 übernommenen Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen.
25 Denn die auf vorkonstitutionellem Recht beruhende Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken in § 6 SpielbkV ist spätestens mit dem Inkrafttreten des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG i.d.F. durch Art. 2 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom (BGBl I 2006, 1095) am —und damit vor den Streitjahren— entfallen.
26 Der Gesetzgeber hat damit zum Ausdruck gebracht, dass „die beabsichtigte Änderung des § 4 Nr. 9 Buchstabe b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom (verbundene Rechtssachen C-453/02 und C-462/02, EU:C:2005:92) und der Anschluss- - und vom - V R 50/01 BFH/NV 2005, 1881 (ist), wonach es unzulässig ist, Umsätze gewerblicher Glücksspielanbieter zu besteuern, während Umsätze zugelassener öffentlicher Spielbanken steuerbefreit sind. Die bislang umsatzsteuerfreien Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind, werden in die Umsatzsteuerpflicht einbezogen“ (BTDrucks 16/634, S. 7; vgl. auch S. 11 f.).
27 Damit ist eindeutig geklärt, dass die Regelung in § 6 Abs. 1 SpielbkV für den Bereich der Umsatzsteuer in den Streitjahren keine Wirkung mehr entfaltete und sich folglich die Frage eines Neutralitätsverstoßes wegen einer nicht im UStG geregelten Umsatzsteuerbefreiung für Spielbanken nicht stellt.
28 (2) Die auf S. 31 der Beschwerdebegründung unter b) aufgeworfene Frage, ob Art. 135 Abs. 1 Buchst. i, Art. 401 MwStSystRL dahingehend auszulegen sind, dass Mehrwertsteuer und nationale Sonderabgabe auf Glückspiele nur alternativ, nicht kumulativ erhoben werden dürfen, wenn auch bei der Mehrwertsteuererhebung nicht alle wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer erfüllt werden, hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie durch das EuGH-Urteil Metropol (EU:C:2013:687) bereits entschieden ist. Leitsatz 1 des EuGH-Urteils Metropol lautet: „Art. 401 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist in Verbindung mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. i dieser Richtlinie dahin auszulegen, dass die Mehrwertsteuer und eine innerstaatliche Sonderabgabe auf Glücksspiele kumulativ erhoben werden dürfen, sofern die Sonderabgabe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer hat.“ Der von der Klägerin hinzugefügte Halbsatz „wenn auch bei der Mehrwertsteuererhebung nicht alle wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer erfüllt werden“ hat keine weiter gehende Bedeutung, weil dem EuGH bei seiner Entscheidung in der Sache Metropol (EU:C:2013:687) die Details der Mehrwertsteuererhebung bekannt waren. Wenn der EuGH der Meinung gewesen wäre, dass bei der Mehrwertsteuererhebung nicht alle wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer erfüllt werden und dies für seine Entscheidung von Bedeutung gewesen wäre, hätte er im Urteil Metropol (EU:C:2013:687) darüber entschieden.
29 (3) Auch die auf S. 38 unter c) aufgeworfene Frage, ob die mehrwertsteuerrechtliche Behandlung der Klägerin mit Art. 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Art. 73 MwStSystRL zu vereinbaren ist, ist durch das EuGH-Urteil Metropol (EU:C:2013:687) bereits geklärt. Der EuGH hat in Leitsatz 3 des Urteils Metropol (EU:C:2013:687) entschieden: „Art. 1 Abs. 2 Satz 1 und Art. 73 der Richtlinie 2006/112 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift oder Praxis, wonach beim Betrieb von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit die Höhe der Kasseneinnahmen dieser Automaten nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums als Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird, nicht entgegenstehen.“ Es ist davon auszugehen, dass dem EuGH bei seiner Entscheidung auch Satz 2 des Art. 1 MwStSystRL bekannt war und er für den Fall, dass er einen Verstoß gegen diese Bestimmung gesehen hätte, entsprechend entschieden hätte.
30 (4) Die von der Klägerin in der Beschwerdebegründung auf S. 43 unter d) aufgeworfene Frage, ob sie sich auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL berufen könne, weil sie nach deutschem Recht berechtigt sei, für jeden einzelnen Umsatz dem Dienstleistungsempfänger eine Rechnung auszustellen, dieses Recht aber durch die nationale Verwaltungspraxis vereitelt werde, hat schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Es ist nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang die Steuerbefreiung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL mit der faktischen Möglichkeit der Klägerin zur Ausstellung von Rechnungen stehen soll.
31 (5) Die übrigen von der Klägerin angesprochenen Rechtsfragen sind durch die Rechtsprechung bereits entschieden. Beide Umsatzsteuersenate des BFH haben seit dem Inkrafttreten des § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG i.d.F. durch Art. 2 des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom (BGBl I 2006, 1095) am über die von der Klägerin in Bezug genommenen Beschlüsse hinaus in einer Vielzahl von Entscheidungen zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten Stellung genommen (z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2016, 1497; in BFH/NV 2016, 599; in BFH/NV 2016, 84; in BFH/NV 2014, 915; in BFH/NV 2011, 1546; BFH-Urteil in BFHE 231, 373, BStBl II 2011, 311).
32 Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit insbesondere auf die Beschlüsse in BFH/NV 2016, 1497, Rz 7 ff., in BFH/NV 2016, 599, Rz 12 ff. und in BFH/NV 2016, 84, Rz 4 ff. verwiesen.
33 (6) Ferner ist zu berücksichtigen, dass das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit der BFH-Beschlüsse vom V B 58/15, vom V B 115/15 und vom V B 97/15 bereits mit Beschlüssen vom 1 BvR 2100/16, vom 1 BvR 2229/16 und vom 1 BvR 1951/16 entschieden und die Verfassungsbeschwerden in diesen vergleichbaren Fällen von Geldspielautomatenbetreibern jeweils nicht zur Entscheidung angenommen hat.
34 (7) Wenn die Klägerin meint, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung wegen der Verpflichtung des Senats zur Vorlage der Sache an den EuGH, sind die Voraussetzungen einer Vorlagepflicht nicht erfüllt.
35 Soweit die Klägerin die von ihr angenommene Vorlagepflicht auf einen Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz aus einer nicht im UStG verankerten Umsatzsteuerbefreiung für öffentliche Spielbanken in § 6 SpielbVO stützt, geht diese Rüge aus den zu II.2.b genannten Gründen von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen aus.
36 Darüber hinaus hat der BFH bereits eine Pflicht zu einer erneuten Vorlage an den EuGH verneint (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 1546, Rz 8), weil der EuGH im Urteil Leo Libera (EU:C:2010:333) keine Bedenken gegen die Übereinstimmung von § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG mit dem Unionsrecht geäußert und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass kein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz vorliegt (Rz 34 ff. des EuGH-Urteils Leo Libera).
37 Die zu einem Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 GG führende Verletzung gegen die unionsrechtliche Vorlagepflicht liegt außerdem erst bei einer willkürlichen Außerachtlassung der Verpflichtung zur Vorlage an den EuGH vor, d.h. wenn der Verzicht auf eine Vorlage bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BVerfG-Beschlüsse vom 2 BvR 1321/07, HFR 2009, 189, Rz 10; vom 2 BvL 12/88, 2 BvL 13/88, 2 BvR 1436/87, BVerfGE 82, 159, Rz 136 ff., 143 ff.; vom 2 BvR 808/82, Neue Juristische Wochenschrift 1988, 1456, Rz 6 und 11; ebenso , BFH/NV 2017, 49, Rz 6 f.).
38 b) Es liegt auch keine entscheidungserhebliche Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) vor. Spätestens durch die BFH-Beschlüsse vom V B 122/16 und in BFH/NV 2016, 1593, Rz 3 ist geklärt, dass die Steuerbefreiung für Spielbanken nach § 6 SpielbkV nicht mehr in Kraft ist. Das steht im Einklang mit der Vorentscheidung des FG.
39 3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
40 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2017:B.220517.VB133.16.0
Fundstelle(n):
BFH/NV 2017 S. 1199 Nr. 9
IStR 2017 S. 7 Nr. 22
HAAAG-49253