Online-Nachricht - Dienstag, 04.07.2017

Erbschaftsteuer | Saldierung eines negativen Erbes mit positivem Vermächtnis (FG)

Ein negativer Erwerb als Alleinerbe ist nicht mit einem positiven Erwerb als Vermächtnisnehmer zu saldieren, da es sich um zwei eigenständige Erwerbe handelt (; Revision zugelassen).

Hintergrund: Der Erbschaftsteuer unterliegt als Erwerb von Todes wegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sowohl der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB) als auch der Erwerb durch Vermächtnis (§ 2147 BGB). Die Steuer für einen Erwerb i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Tod des Erblassers und gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG für den Erwerb des unter einer aufschiebenden Bedingung, unter einer Betagung oder Befristung Bedachten sowie für zu einem Erwerb gehörende aufschiebend bedingte, betagte oder befristete Ansprüche mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses.

Sachverhalt: Der Kläger war als Alleinerbe des Erblassers eingesetzt. Darüber hinaus setzte der Erblasser zugunsten mehrerer Personen, darunter auch zugunsten des Klägers, Vermächtnisse aus, die die begünstigten Personen vom verbleibenden Nettonachlass erhalten sollten. Auf den Kläger sollte ein Anteil von 5,5 % entfallen. Danach war der Erwerb durch Erbanfall negativ, das Vermächtnis zugunsten des Klägers positiv. Das FA ging davon aus, dass ein Erwerb durch Erbanfall in Höhe von 0 € und ein Erwerb durch Vermächtnis in positiver Höhe anzusetzen sei.

Hierzu führte das FG Münster weiter aus:

  • Das FA ist hier zutreffend davon ausgegangen, dass im Fall des Klägers zwei eigenständige Erwerbe eingetreten sind, wobei der negative Erwerb als Erbe nicht mit dem positiven Erwerb als Vermächtnisberechtigter saldiert werden darf, § 14 Abs. 1 Satz 5 ErbStG. Bereits zivilrechtlich handelt es sich um zwei eigenständige Erwerbstatbestände.

  • Für Zwecke der Erbschaftsteuer gilt, dass verschiedene Steuerentstehungszeitpunkte zu selbständigen Erwerbsvorgängen führen, für die grundsätzlich jeweils gesondert Erbschaftsteuer unter Berücksichtigung des § 14 ErbStG festzusetzen ist.

  • Im Streitfall liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. Der Kläger ist Erbe geworden. Maßgeblich ist insoweit gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Todestag des Erblassers.

  • Darüber hinaus ist der Kläger Vermächtnisnehmer geworden. Hierbei handelt es sich um einen aufschiebend betagten Erwerb, da die Fälligkeit des Vermächtnisses durch ein ungewisses Ereignis - nämlich die vollständige Veräußerung des Grundbesitzes - hinausgeschoben war. Insofern liegt ein Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 1a 1. Halbsatz ErbStG vor.

Hinweis:

Der Volltext des Urteils ist auf der Homepage des FG Münster verfügbar. Eine Aufnahme in die NWB Datenbank erfolgt in Kürze.

Quelle: (Sc)

Fundstelle(n):
NWB KAAAG-49184