BFH Urteil v. - I R 103/99

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, und ihre alleinige Gesellschafterin, bis zum Ablauf des Streitjahres 1992 ebenfalls eine GmbH, seitdem eine AG (A-GmbH/A-AG), waren seit 1982 im Rahmen eines körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses verbunden. Der Ergebnisabführungsvertrag wurde am im Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin einer weiteren GmbH (B-GmbH). Diese hatte bereits Ende 1988 ihr Sachanlagevermögen auf die Klägerin übertragen und dabei stille Reserven aufgedeckt. Danach war sie nicht mehr aktiv tätig. Zum wurde sie auf Basis einer Zwischenbilanz auf die Klägerin verschmolzen. Bei der Verschmelzung, welche am in das Handelsregister eingetragen wurde, entstand ein gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1977) steuerfreier Verschmelzungsgewinn in Höhe von ... DM, weil die Bilanzansätze der übernommenen Wirtschaftsgüter den Ansatz der Beteiligung in dieser Höhe überstiegen.

Im Rahmen der von ihr im März 1993 beendeten Abschlussarbeiten hatte die Klägerin für das Streitjahr den an die A-GmbH/A-AG abzuführenden Gewinn mit ... DM ermittelt, den sie am auf dem Verrechnungskonto als Verbindlichkeit gegenüber der A-GmbH/A-AG buchte; in diesem Betrag ist der Verschmelzungsgewinn von ... DM enthalten. Der Jahresabschluss der Klägerin wurde am festgestellt. Die A-GmbH/A-AG, die ihren Jahresabschluss erst nach dem feststellte, wurde frühestens nach Vornahme der Buchung —am — hierüber informiert. Sie buchte ihrerseits den Gewinn am als Forderung über das Verrechnungskonto der Klägerin ein.

Das seinerzeit für die Besteuerung der Klägerin zuständige Finanzamt wich von deren Steuererklärung ab, behandelte den an die A-GmbH/A-AG abgeführten steuerfreien Verschmelzungsgewinn als Gewinnausschüttung und stellte hierfür die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991) her.

Die dagegen gerichtete Klage war erfolgreich. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 150 abgedruckt.

Seine Revision stützt der Beklagte und Revisionskläger, das nunmehr zuständige Finanzamt (FA), auf Verletzung materiellen Rechts.

Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet.

Die Vorinstanz hat zutreffend darauf erkannt, dass für den gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1977 steuerfreien Verschmelzungsgewinn der Organgesellschaft als Gesamtrechtsnachfolgerin der B-GmbH keine Ausschüttungsbelastung gemäß §§ 27 ff. KStG 1991 herzustellen ist. Dabei kann dahinstehen, ob der Verschmelzungsgewinn —wie die Klägerin und ihm folgend das FG meinen— als Teil des handelsrechtlichen Gewinns an die A-GmbH/A-AG aufgrund des Organschaftsverhältnisses gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 KStG 1991 abzuführen war, oder ob es sich bei ihm —wie das FA annimmt (vgl. BStBl I 1998, 268, 316, Tz. Org. 26 i.V.m. Abschn. 59 Abs. 4 Satz 3 und 5 der Körperschaftsteuer-RichtlinienKStR— 1995)— ähnlich wie die Auskehrung vororganschaftlicher Rücklagen um eine Gewinnausschüttung handelt (zum Streitstand s. z.B. Antweiler in Arthur Andersen, Körperschaftsteuergesetz, § 36 Rz. 103 ff.; Stuth, Deutsches Steuerrecht —DStR—, Beilage 17/1998, 39, m.w.N.). Denn auch, falls letzteres richtig ist, kommt es jedenfalls im Streitjahr nicht zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung:

Das FG ist davon ausgegangen, die Ausschüttung —unterstellt eine solche läge vor— beruhe nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (§ 46 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung —GmbHG—) entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss. Die Ausschüttungsbelastung sei deswegen nicht gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 KStG 1991 für den Veranlagungszeitraum herzustellen, in dem das Wirtschaftsjahr endet, für das die Mehrabführung erfolgt, vielmehr gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1991 für den Veranlagungszeitraum, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Ausschüttung erfolgt. Davon geht zwischenzeitlich auch das FA aus (vgl. ebenso zu vororganschaftlich verursachten Mehrabführungen , Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst —DStRE— 1999, 476; demgegenüber insoweit anderer Ansicht BStBl I 1997, 939, unter 1. b).

Folgt man dem, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Gewinnausschüttung der tatsächliche Abfluss bei der Kapitalgesellschaft (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundesfinanzhof —BFH—, Urteile vom I R 260/83, BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460; vom I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255; vom VIII R 74/93, BFHE 176, 373, BStBl II 1995, 315, m.w.N.; Abschn. 77 Abs. 6 KStR 1992/1995/1998). Daran fehlt es im Streitjahr. Denn die in Rede stehende Verbindlichkeit wurde erst am auf dem Verrechnungskonto der A-GmbH/A-AG gebucht. Erst von diesem Tag an konnte diese über den Betrag tatsächlich verfügen. Damit ist er auch erst zu diesem Zeitpunkt bei der Klägerin abgeflossen. Der Umstand, dass auf Seiten der A-GmbH/A-AG schon zuvor —"phasengleich"— ein entsprechender Gewinn ausgewiesen wurde, weil von ihr ein solcher Gewinn der Organgesellschaft unmittelbar im Zeitpunkt seiner Entstehung zum Schluss des betreffenden Wirtschaftsjahres aufgrund des abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrages zu übernehmen war (vgl. dazu zuletzt Senatsbeschluss vom I R 36/99, BFHE 192, 135, Internationales Steuerrecht 2000, 725), ändert daran nichts. Der Zeitpunkt des Gewinnausweises beim Zahlungsempfänger, der sich nach bilanzrechtlichen Kategorien bemisst, und jener des tatsächlichen Abflusses beim Zahlenden brauchen nicht übereinzustimmen; sie können auseinander fallen (BFH-Urteile in BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460; in BFHE 176, 373, BStBl II 1995, 315, m.w.N.). Die Verpflichtung zur Ergebnisabführung führt auf Seiten des Abführungsempfängers nicht zu einer Vorabverfügung über dessen Gewinnanteil (vgl. zu derartigen Fällen Abschn. 77 Abs. 9 KStR 1992/1995/1998, m.w.N.). Auch dass die Buchung auf dem Verrechnungskonto per erfolgte, erweist sich —darin ist der Vorinstanz ebenfalls beizupflichten— insoweit als unbeachtlich (vgl. Senatsurteil vom I R 58/84, BFH/NV 1990, 325).

Folgt man dem FG jedoch im Ausgangspunkt nicht und sieht in dem Abschluss des Ergebnisabführungsvertrages einen Gewinnausschüttungsbeschluss, so ergibt sich nichts anderes. Der Ergebnisabführungsvertrag wurde im Streitfall im Jahre 1982 geschlossen und betrifft, wie das FG erneut richtig erkennt, nicht ein abgelaufenes, sondern ein zukünftiges Wirtschaftsjahr. Es bliebe also auch dann dabei, dass die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG herzustellen wäre und es deswegen auf den tatsächlichen Abfluss ankäme.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 1455 Nr. 11
DStRE 2001 S. 985 Nr. 18
KAAAA-66711