BAG Urteil v. - 7 AZR 797/14

Befristung - Auslegung der Befristungsabrede - Schriftform

Gesetze: § 14 Abs 4 TzBfG, § 125 S 1 BGB, § 126 Abs 1 BGB, § 126 Abs 2 S 2 BGB, § 16 S 1 TzBfG, § 133 BGB, § 157 BGB

Instanzenzug: ArbG Dresden Az: 5 Ca 4213/12 Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht Az: 5 Sa 729/13 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit Ablauf des oder des beendet worden ist.

2Der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und Promotion im Fach Soziologie. Er wurde zunächst auf der Grundlage des Dienstvertrags vom in der Zeit vom bis zum sowie auf der Grundlage des Dienstvertrags vom in der Zeit vom bis zum jeweils befristet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Philosophischen Fakultät der Universität D beschäftigt. Nachdem der Vorgesetzte des Klägers dessen Weiterbeschäftigung zur Vertretung des beurlaubten Dr. S im Wintersemester 2012/13 beantragt hatte, wurde der Kläger vom Beklagten gebeten, sich in die Verwaltung der Universität D zu begeben. Dort legte die Personalsachbearbeiterin W dem Kläger einen auf den datierten Dienstvertrag in zweifacher Ausfertigung zur Unterzeichnung vor, der für beide Vertragsparteien Unterschriftsfelder vorsah und zu diesem Zeitpunkt seitens des Beklagten noch nicht unterzeichnet war. Dieser Vertrag enthält in § 1 ua. folgende Regelungen:

3Der Kläger unterzeichnete beide Ausfertigungen des Dienstvertrags und gab sie der Personalsachbearbeiterin W am gleichen Tag zurück. Der Kläger setzte seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Philosophischen Fakultät ab dem fort, ohne zuvor ein vom Beklagten unterzeichnetes Vertragsexemplar erhalten zu haben. Ein solches ging ihm erst am zu.

4Mit Schreiben vom teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass das Dienstverhältnis von Dr. S mit Ablauf des beendet werde. Damit entfalle der Zweck der Befristung des mit dem Kläger bestehenden Dienstverhältnisses. Dieses ende mit einer Auslauffrist von zwei Wochen nach Zugang dieses Unterrichtungsschreibens. Der Kläger erhielt das Schreiben am .

5Der Kläger hat sich mit seiner am beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am zugestellten Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Zweck- und Zeitbefristung gewandt. Er hat geltend gemacht, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Rückkehr von Dr. S enden solle. Die Befristungsabrede sei unwirksam, da die erforderliche Schriftform nicht gewahrt sei. Der Arbeitsvertrag sei schon am geschlossen worden. Die Vorlage des nicht unterzeichneten Vertragsdokuments sei unter Berücksichtigung des vorausgegangenen Antrags seines Vorgesetzten als Vertragsangebot des Beklagten zu verstehen. Dieses Angebot habe er durch Unterzeichnung der Urkunde angenommen. Jedenfalls sei der Arbeitsvertrag am dadurch zustande gekommen, dass er seine Tätigkeit im Einverständnis mit dem Beklagten fortgesetzt habe. Der Beklagte habe den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags nicht von der Wahrung der Schriftform abhängig gemacht.

6Der Kläger hat zuletzt beantragt

7Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Befristungsabrede genüge dem Schriftformerfordernis, da die Personalsachbearbeiterin A den Dienstvertrag noch vor dem unterzeichnet habe. Ein Zugang der beiderseits unterzeichneten Vertragsausfertigung beim Kläger vor Vertragsbeginn sei zur Wahrung der Schriftform nicht erforderlich. Außerdem habe der Kläger durch die Fortsetzung seiner Tätigkeit auf den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung verzichtet. Andernfalls hätte in der Zeit vom bis zum Zugang der unterzeichneten Vertragsurkunde beim Kläger am nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Der Arbeitsvertrag sei nicht konkludent durch die Fortsetzung der Tätigkeit zustande gekommen, weil der Abschluss des Arbeitsvertrags durch die im Vertrag enthaltenen Unterschriftsfelder für beide Seiten erkennbar unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt worden sei. Zudem habe Frau W dem Kläger bei Vertragsunterzeichnung mitgeteilt, dass ihm nach Unterzeichnung des Vertrags durch den Beklagten ein Vertragsexemplar per Hauspost übermittelt werde. Von der Fortsetzung der Tätigkeit habe kein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter des Beklagten Kenntnis gehabt. Jedenfalls sei es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Formunwirksamkeit der Befristungsabrede zu berufen.

8Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil teilweise abgeändert und die Klage in Bezug auf die Anträge zu 2. und zu 3. abgewiesen. Der Beklagte begehrt mit seiner Revision auch die Abweisung des Klageantrags zu 1., während der Kläger mit seiner Revision die vollständige Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Gründe

9Die Revision des Beklagten ist unbegründet, die Revision des Klägers ist dagegen begründet.

10A. Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem Klageantrag zu 1. zu Recht stattgegeben. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund einer Zweckbefristung zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch den Beklagten über den Zeitpunkt der Zweckerreichung am geendet.

11I. Bei dem Klageantrag zu 1. handelt es sich trotz seines an § 17 Satz 1 TzBfG orientierten Wortlauts nicht lediglich um eine Befristungskontrollklage gemäß § 17 Satz 1 TzBfG, mit der der Kläger die Unwirksamkeit einer Zweckbefristung geltend macht, sondern auch um eine allgemeine Feststellungsklage iSv. § 256 Abs. 1 ZPO. Dies ergibt die Auslegung des Klagebegehrens unter Heranziehung der Klagebegründung sowie unter Berücksichtigung des Klageziels und der richtig verstandenen Interessenlage des Klägers (vgl. hierzu  - Rn. 15 mwN). Der Kläger hat sich nicht nur auf die Formunwirksamkeit der Befristungsabrede berufen. Er hat auch geltend gemacht, es sei ihm nicht bekannt gewesen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Rückkehr von Dr. S enden sollte. Damit hat er die Vereinbarung einer Zweckbefristung in Abrede gestellt. Dieses Klagebegehren ist mit einer allgemeinen Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen (vgl.  - Rn. 10, BAGE 126, 295; - 7 AZR 662/05 - Rn. 13; - 7 AZR 440/03 - zu I 2 a und b, 3 der Gründe, BAGE 111, 148). Für den allgemeinen Feststellungsantrag besteht das erforderliche Feststellungsinteresse, da sich der Beklagte auch der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Zweckbefristung zum berühmt.

12II. Der Klageantrag zu 1. ist begründet. Die Parteien haben keine Doppelbefristung in Form einer kombinierten Zweck- und Zeitbefristung, sondern ausschließlich eine kalendermäßige Befristung zum vereinbart.

131. Eine kalendermäßige Befristung (Zeitbefristung) ist vereinbart, wenn die Dauer des Arbeitsverhältnisses kalendermäßig bestimmt ist. Eine Zweckbefristung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis nicht zu einem kalendermäßig bestimmten Zeitpunkt, sondern bei Eintritt eines künftigen Ereignisses enden soll, wobei die Parteien den Eintritt des künftigen Ereignisses als feststehend und nur den Zeitpunkt des Eintritts als ungewiss ansehen ( - Rn. 15, BAGE 138, 242). Eine Doppelbefristung in Form einer Kombination von Zweck- und Zeitbefristung ist grundsätzlich zulässig ( - Rn. 17; - 7 AZR 768/07 - Rn. 11 und 17). Eine Zweckbefristung erfordert eine unmissverständliche Einigung darüber, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung enden soll, wobei der Zweck nach § 14 Abs. 4 TzBfG schriftlich vereinbart sein muss ( - Rn. 23; - 7 AZR 774/09 - Rn. 28).

142. Die Parteien haben keine Zweckbefristung vereinbart. Das ergibt die Auslegung der Befristungsabrede in § 1 des Dienstvertrags vom .

15a) Die Auslegung der Befristungsabrede in § 1 des Dienstvertrags richtet sich nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Auslegungsregeln. Das äußere Erscheinungsbild der Befristungsabrede begründet eine tatsächliche Vermutung dafür, dass es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt (vgl.  - Rn. 12; - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82).

16b) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind ( - Rn. 13; - 6 AZR 383/14 - Rn. 25, BAGE 152, 82). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss ( - Rn. 25).

17Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung ( - Rn. 14; - 6 AZR 383/14 - Rn. 23, BAGE 152, 82; - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294).

18c) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass § 1 Abs. 3 des Dienstvertrags keine unmissverständliche Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Ende der Beurlaubung von Dr. S zu entnehmen ist. Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht gegen eine Zweckbefristung. Die Formulierung, „die Weiterbeschäftigung erfolgt während der Zeit der der Beurlaubung von Herrn PD Dr. S, längstens bis “ deutet darauf hin, dass lediglich der Befristungsgrund dokumentiert und keine eigenständige (Zweck-)Befristungsvereinbarung getroffen werden sollte (vgl.  - Rn. 15). Ansonsten hätte es nahegelegen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Ende der Beurlaubung von Dr. S klarer zum Ausdruck zu bringen, etwa durch Formulierungen wie „ist befristet für die Dauer der Beurlaubung“ (vgl.  - Rn. 16, BAGE 138, 242) oder „endet mit der Beurlaubung“ (vgl.  - Rn. 17). Dieses Verständnis wird durch systematische Gesichtspunkte bestätigt. In § 1 Abs. 2 des Dienstvertrags ist festgehalten, dass der befristeten Weiterbeschäftigung der Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG zugrunde liegt. Diese Angabe wird durch die nachfolgende Regelung in § 1 Abs. 3 des Dienstvertrags konkretisiert. Demgegenüber sind die Dauer des Arbeitsverhältnisses in § 1 Abs. 1 und dessen Beendigung in § 1 Abs. 4 des Dienstvertrags geregelt. Nach § 1 Abs. 1 ist der Dienstvertrag zum befristet. Nach § 1 Abs. 4 endet das Dienstverhältnis automatisch mit Ablauf des , ohne dass es einer Kündigung bedarf. Eine Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis auch mit dem Ende der Beurlaubung von Dr. S beendet wird, ist in § 1 Abs. 4 dagegen nicht getroffen. Daher kann § 1 Abs. 3 des Dienstvertrags aus Sicht eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders nicht als Vereinbarung einer Zweckbefristung verstanden werden.

19d) Die Rüge des Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe gegen die ihm obliegende Hinweispflicht verstoßen und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, ist unbegründet.

20aa) Das Verfahrensgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG verlangt grundsätzlich nicht, dass ein Gericht vor seiner Entscheidung auf eine Rechtsauffassung hinweist, die es seiner Entscheidung zugrunde legen will ( - zu II 1 der Gründe, BVerfGE 84, 188). Allerdings kann dies im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG in besonderen Fällen geboten sein. Es verstößt gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn ein Gericht ohne vorherigen Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl.  - zu III 2 a der Gründe; - 1 BvR 10/99 - zu B I 1 der Gründe, BVerfGE 108, 341;  - Rn. 34; - 6 AZN 1371/11 - Rn. 17, BAGE 140, 76). Wird eine Verletzung der Hinweispflicht aus § 139 Abs. 2 ZPO gerügt, muss der Revisionskläger darlegen, welchen Hinweis das Gericht hätte erteilen müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert hätte. Hierzu muss er dartun, welchen entscheidungserheblichen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte (vgl.  - Rn. 46; - 2 AZR 770/09 - Rn. 10 mwN).

21bb) Danach war das Landesarbeitsgericht nicht verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass eine Vertragsbeendigung zum bereits am Fehlen einer Zweckbefristung scheitern könnte. Dies hatte der Kläger bereits geltend gemacht. Deshalb musste ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter damit rechnen, dass auch das Landesarbeitsgericht die Vereinbarung einer Zweckbefristung verneinen könnte. Im Übrigen rechtfertigt der in der Revisionsbegründung gehaltene neue Sachvortrag zu den Umständen bei Vertragsschluss keine andere Beurteilung der vertraglichen Abrede. Der Beklagte hat behauptet, dem Kläger sei vor Arbeitsantritt kommuniziert worden, dass sein Arbeitsverhältnis im Fall einer vorzeitigen Beendigung der Beurlaubung des Dr. S vor dem enden werde. Das sei Grundlage der Willensbildung bei Vertragsschluss gewesen. Dies ist für die Auslegung der Vertragsbestimmung nicht von Bedeutung. Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände können bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB - anders als bei der Auslegung sonstiger Vertragsbestimmungen - nicht berücksichtigt werden. Das ist eine Folge der objektiven, typisierten Auslegung und ergibt sich auch aus § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB, wonach die den Vertragsschluss begleitenden Umstände nur bei der Prüfung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zu berücksichtigen sind (vgl.  - Rn. 17; - 6 AZR 436/10 - Rn. 20; - 3 AZR 35/09 - Rn. 39).

22B. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage mit dem Klageantrag zu 2. abgewiesen hat. Der Klageantrag zu 2. ist begründet. Die Berufung des Beklagten ist daher auch insoweit zurückzuweisen. Der Klageantrag zu 3., mit dem der Kläger seine vorläufige Weiterbeschäftigung verlangt, fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.

23I. Der Befristungskontrollantrag zu 2. ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der im Dienstvertrag vom vereinbarten Befristung mit Ablauf des geendet.

241. Die vereinbarte Befristung zum gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Befristung mit der am beim Arbeitsgericht eingegangenen und dem Beklagten am zugestellten Klage rechtzeitig nach § 17 Satz 1 TzBfG geltend gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats wahrt auch die Erhebung einer Klage vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG ( - Rn. 9; - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, BAGE 134, 339).

252. Die vereinbarte Befristung zum ist nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig mit der Folge, dass der befristete Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt.

26a) Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

27aa) Die Einhaltung der Schriftform erfordert nach § 126 Abs. 1 BGB eine eigenhändig vom Aussteller mit Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnete Urkunde. Bei einem Vertrag muss nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, genügt es nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (vgl. etwa  - Rn. 16; - 7 AZR 924/12 - Rn. 23 mwN).

28bb) Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG gilt nur für die Befristung des Arbeitsvertrags, nicht aber für den Arbeitsvertrag insgesamt. Schließen die Parteien nur mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag, ist die Befristung nach § 125 Satz 1 BGB nichtig. Das hat zur Folge, dass nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Parteien vor Vertragsbeginn zunächst mündlich einen befristeten Arbeitsvertrag abschließen und das mündlich Vereinbarte nach der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer schriftlich niederlegen. In diesem Fall ist die zunächst mündlich getroffene Befristungsabrede nach § 14 Abs. 4 TzBfG, § 125 Satz 1 BGB nichtig mit der Folge, dass bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht. Die spätere schriftliche Niederlegung der zunächst nur mündlich vereinbarten Befristung führt nicht dazu, dass die zunächst formnichtige Befristung rückwirkend wirksam wird (vgl. hierzu  - zu I 2 der Gründe, BAGE 114, 146). Dadurch kann allenfalls das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristet werden. Hierzu sind allerdings auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichtete Willenserklärungen der Parteien erforderlich ( - Rn. 19; - 7 AZR 1048/06 - Rn. 12).

29b) Danach ist die von den Parteien vereinbarte Befristung zum nach § 14 Abs. 4 TzBfG iVm. § 125 Satz 1 BGB nichtig. Der Beklagte hat das schriftliche Angebot des Klägers auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vom nicht schriftlich, sondern konkludent durch Entgegennahme der Arbeitsleistung des Klägers ab dem angenommen. Die Schriftform für die Befristungsabrede ist nicht durch eine etwaige Unterzeichnung der Vertragsurkunde vor Vertragsbeginn durch den Beklagten gewahrt worden. Der Formmangel wurde auch nicht durch den nachträglichen Zugang der auch vom Beklagten unterzeichneten Vertragsurkunde beim Kläger geheilt.

30aa) Der Arbeitsvertrag der Parteien ist am dadurch zustande gekommen, dass der Beklagte das schriftliche Vertragsangebot des Klägers konkludent durch Entgegennahme der Arbeitsleistung angenommen hat.

31(1) Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem das Angebot („Antrag“) der einen Vertragspartei gemäß den §§ 145 ff. BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Sie kann nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern auch durch schlüssiges Verhalten (Realofferte und deren konkludente Annahme) abgegeben werden ( - Rn. 19; - 10 AZR 590/13 - Rn. 26). Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist ( - Rn. 36, BAGE 134, 269). Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt. Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinne verstanden, so geht der wirkliche Wille dem Wortlaut des Vertrags und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch ( - Rn. 36 mwN, aaO). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden bei der Frage, ob ein bestimmtes willentliches Verhalten eine Willenserklärung darstellt (vgl.  - Rn. 13, BAGE 148, 349).

32(2) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr., vgl.  - Rn. 32; - 5 AZR 129/16 - Rn. 20; - 7 AZR 1009/12 - Rn. 26). Das Revisionsgericht darf bei einer unterlassenen oder fehlerhaften Auslegung nichttypischer Willenserklärungen die Auslegung nur dann selbst vornehmen, wenn das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (st. Rspr., zB  - Rn. 27 mwN, BAGE 149, 144). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt ( - Rn. 20; - 7 AZR 1009/12 - Rn. 26; - 3 AZR 373/08 - Rn. 32, BAGE 134, 269).

33(3) Daran gemessen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der befristete Arbeitsvertrag sei nicht schon am mit der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Kläger geschlossen worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Übergabe der nicht unterzeichneten Vertragsurkunde an den Kläger stellt kein Angebot des Beklagten auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags dar, sondern lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsangebots (sog. invitatio ad offerendum).

34(a) Ein Antrag auf Abschluss eines Vertrags (§ 145 BGB) liegt nur dann vor, wenn die Erklärung - aus der Sicht des Adressaten - mit dem Willen zur rechtlichen Bindung abgegeben wird. Dagegen ist eine bloße Aufforderung zur Abgabe von Angeboten gegeben, wenn eine rechtsgeschäftliche Bindung erkennbar noch nicht gewollt ist, sich der Erklärende einen Vertragsabschluss also noch vorbehält (vgl.  - Rn. 12, BGHZ 179, 319).

35(b) Der Beklagte hatte die Vertragsurkunde auf der für ihn vorgesehenen Unterschriftszeile noch nicht unterzeichnet. Damit konnte noch nicht von einem endgültigen Bindungswillen ausgegangen werden. Der erforderliche Rechtsbindungswille ergibt sich auch nicht daraus, dass der Vorgesetzte des Klägers dessen Weiterbeschäftigung beantragt hatte und dass die Vertragsurkunde dem Kläger erst zehn Tage vor dem vorgesehenen Vertragsbeginn zur Unterzeichnung vorlegt wurde. Entgegen der Ansicht des Klägers spricht auch die Festlegung der Vertragsbedingungen nicht für ein bindendes Vertragsangebot. Eine solche Festlegung ist für eine invitatio ad offerendum nicht untypisch.

36(4) Das Landesarbeitsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger dem Beklagten durch Rückgabe der von ihm unterzeichneten Vertragsurkunde ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den vom Beklagten vorformulierten Bedingungen unterbreitet hat. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch verkannt, dass der Beklagte das Angebot des Klägers am durch Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes und Entgegennahme der Arbeitsleistung angenommen hat.

37(a) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, der Kläger habe die Entgegennahme seiner Arbeitsleistung nicht als Annahme seines Vertragsangebots verstehen dürfen, weil der Beklagte den Vertragsschluss unter den Vorbehalt seiner schriftlichen Annahme gestellt habe.

38(aa) Obwohl der Abschluss eines Arbeitsvertrags als solcher formfrei möglich ist, kann der Arbeitgeber den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags von der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Arbeitnehmer abhängig machen. In diesem Fall kann ein vor der Arbeitsaufnahme abgegebenes schriftliches Vertragsangebot des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer nur durch eine den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB genügende Annahmeerklärung angenommen werden. Hat der Arbeitgeber in den Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitnehmer den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags ausdrücklich unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses gestellt oder dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten angekündigt, so ist diese Erklärung ohne Hinzutreten außergewöhnlicher Umstände nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem sich aus § 14 Abs. 4 TzBfG ergebenden Schriftformgebot entsprechen will und sein auf den Vertragsschluss gerichtetes schriftliches Angebot nur durch die der Form des § 126 Abs. 2 BGB genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann (vgl.  - Rn. 14). Der Arbeitnehmer kann in Fällen, in denen der Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags von der Einhaltung der Schriftform abhängen soll, ein ihm vorliegendes schriftliches Vertragsangebot des Arbeitgebers nicht durch die Arbeitsaufnahme konkludent, sondern nur durch die Unterzeichnung der Vertragsurkunde annehmen. Nimmt der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt die Arbeit auf, entsteht zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis, weil es an der Abgabe der zum Vertragsschluss erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärungen fehlt ( - Rn. 20; - 7 AZR 1048/06 - Rn. 14). In einem solchen Fall kann dahinstehen, ob die Arbeitsaufnahme des Arbeitnehmers als ein konkludentes Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den zuvor vereinbarten Bedingungen angesehen werden kann. Hat der Arbeitgeber durch sein vor der Arbeitsaufnahme liegendes Verhalten verdeutlicht, dass er den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags von der Einhaltung des Schriftformgebots des § 14 Abs. 4 TzBfG abhängig machen will, liegt in der bloßen Entgegennahme der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers regelmäßig nicht die Annahme eines vermeintlichen Vertragsangebots des Arbeitnehmers. Dieser kann das schriftliche Angebot des Arbeitgebers dann noch nach der Arbeitsaufnahme durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags annehmen ( - Rn. 20; - 7 AZR 1048/06 - Rn. 14).

39(bb) Anders verhält es sich hingegen, wenn der Arbeitgeber kein schriftliches Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags abgibt, sondern dem Arbeitnehmer eine Vertragsurkunde zur Unterschrift vorlegt, die er selbst noch nicht unterzeichnet hat. Mit der Vorlage einer solchen Vertragsurkunde stellt der Arbeitgeber den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags weder ausdrücklich noch konkludent unter den Vorbehalt eines schriftlichen Vertragsschlusses, noch kündigt er dem Arbeitnehmer die schriftliche Niederlegung des Vereinbarten an. Er gibt keine auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung ab, die nur durch die der Form des § 126 Abs. 2 BGB genügende Unterzeichnung der Vertragsurkunde angenommen werden kann. Vielmehr fordert er den Arbeitnehmer zur Abgabe eines schriftlichen Vertragsangebots zu den in der Vertragsurkunde genannten Bedingungen auf. Während der Arbeitgeber mit einem von ihm unterzeichneten Vertragsangebot seinerseits alles zur Einhaltung des Schriftformgebots Erforderliche getan hat, ist dies bei der Übergabe eines von ihm nicht unterzeichneten Vertragsentwurfs nicht der Fall. Daher ist dieses Verhalten aus Sicht des Arbeitnehmers nicht dahingehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber dem sich aus § 14 Abs. 4 TzBfG ergebenden Schriftformgebot entsprechen will.

40Selbst wenn der Arbeitgeber ausdrücklich erklärt hat, der Arbeitsvertrag solle nicht durch Entgegennahme der Arbeitsleistung, sondern erst mit Zugang der von ihm unterzeichneten Vertragsurkunde beim Arbeitnehmer zustande kommen, ist dieser Vorbehalt unbeachtlich. Der Arbeitgeber kann die Auslegung seines Verhaltens als Ausdruck eines entsprechenden Rechtsfolgewillens nicht ausschließen. Die in Widerspruch zu seinem tatsächlichen Verhalten stehende Erklärung ist für die rechtliche Wertung, welche Erklärungsbedeutung der Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zukommt, ohne Bedeutung. Zeigt nämlich jemand ein Verhalten, das nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte nur als Ausdruck eines bestimmten Willens aufgefasst werden kann, so ist seine wörtliche Verwahrung gegen eine entsprechende Deutung des Verhaltens unbeachtlich, denn er setzt sich in Widerspruch mit seinem eigenen tatsächlichen Verhalten (sog. protestatio facto contraria) und hat durch sein tatsächliches Verhalten die Geltendmachung einer anderweitigen Auslegung verwirkt ( - zu II 1 b der Gründe;  - zu II 2 b bb der Gründe).

41(cc) Danach stand der Vertragsschluss nicht unter dem Vorbehalt der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch beide Parteien.

42(b) Der Beklagte hat das Vertragsangebot des Klägers konkludent angenommen, indem er dem Kläger bei Vertragsbeginn einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und dessen Arbeitsleistung entgegengenommen hat. Das Landesarbeitsgericht hat zwar eine Auslegung der Erklärungen des Beklagten nicht vorgenommen. Der Senat kann jedoch die Verhaltensweisen und Erklärungen des Beklagten selbst auslegen, da das Landesarbeitsgericht den erforderlichen Sachverhalt vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist. Die Auslegung ergibt, dass der Kläger die Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes und die Entgegennahme der Arbeitsleistung als Annahme seines Vertragsangebots durch den Beklagten verstehen durfte. Er hatte sich auf Aufforderung des Beklagten zu der zuständigen Personalverwaltung begeben und dort durch Rückgabe des von ihm unterzeichneten Vertragsdokuments ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags zu den von dem Beklagten vorformulierten Bedingungen abgegeben. Daher durfte er davon ausgehen, dass er seine Arbeitsleistung - vorbehaltlich einer gegenteiligen Mitteilung des Beklagten - ab dem in der Vertragsurkunde vorgesehenen Zeitpunkt, dh. dem , zu den vom Beklagten vorgegebenen Bedingungen erbringen sollte. Da der Beklagte nichts Gegenteiliges äußerte und ihn nicht an der Erbringung der Arbeitsleistung hinderte, durfte der Kläger die Entgegennahme der Arbeitsleistung ab dem als Annahme seines Vertragsangebots durch den Beklagten verstehen. Bei dieser Sachlage kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Tätigkeit mit Wissen eines zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigten Vertreters aufgenommen hat.

43bb) Die Schriftform für die Befristung des am zustande gekommenen Arbeitsvertrags ist nicht deshalb gewahrt, weil dem Kläger am die auch vom Beklagten unterzeichnete Vertragsurkunde zugegangen ist. Dabei kann zu Gunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigte Personalsachbearbeiterin A den Vertrag schon vor dem Vertragsbeginn am unterzeichnet hat. Das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG ist nicht eingehalten, da dem Kläger die schriftliche Annahmeerklärung nicht vor Vertragsbeginn zugegangen ist.

44(1) Die Wahrung der in § 14 Abs. 4 TzBfG bestimmten Schriftform erfordert den Zugang der unterzeichneten Befristungsabrede bei dem Erklärungsempfänger vor Vertragsbeginn.

45(a) Nach § 126 Abs. 2 BGB genügt eine vertragliche Vereinbarung der gesetzlichen Schriftform, wenn eine einheitliche Vertragsurkunde von beiden Parteien unterzeichnet worden ist. Von der Einhaltung dieser äußeren Form ist zu trennen, ob die Vereinbarung zustande gekommen ist. Das richtet sich nach den allgemeinen Regeln über den Abschluss von Verträgen (§§ 145 ff., 130 BGB). Danach kommt ein Vertrag unter Abwesenden, für den die gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist, grundsätzlich nur dann rechtswirksam zustande, wenn sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§ 145 ff. BGB) in der Form des § 126 BGB erklärt werden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugegangen sind ( - Rn. 14;  -). Anders verhält es sich nur dann, wenn nach § 151 Satz 1 BGB eine Annahmeerklärung entbehrlich ist.

46(b) § 14 Abs. 4 TzBfG setzt unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks neben der Einhaltung der äußeren Form auch voraus, dass die Befristungsabrede durch die schriftlich abgegebenen Erklärungen zustande gekommen ist. Das Angebot und die Annahme müssen der jeweils anderen Vertragspartei schriftlich zugehen. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG dient dazu, angesichts der besonderen Bedeutung der Befristung, die ohne weitere Erklärungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, größtmögliche Rechtssicherheit zu gewährleisten (BT-Drs. 14/626 S. 11). Dem Arbeitnehmer soll deutlich vor Augen geführt werden, dass sein Arbeitsverhältnis - anders als bei dem Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags - mit der Vereinbarung der Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch enden wird und daher keine dauerhafte Existenzgrundlage bilden kann. Außerdem dient das Schriftformerfordernis einer Erleichterung der Beweisführung. Dadurch soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt einer Befristungsabrede vermieden werden ( - Rn. 16, BAGE 119, 149; - 7 AZR 198/04 - zu B I 4 a aa der Gründe, BAGE 113, 75; - 7 AZR 106/03 - zu 2 b der Gründe, BAGE 107, 237). Mit dieser Zwecksetzung wäre es nicht vereinbar, wenn die Schriftform nicht den Zugang der schriftlichen Annahmeerklärung des Arbeitgebers hinsichtlich der Befristungsabrede beim Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn voraussetzte. Der Arbeitnehmer könnte bei Vertragsbeginn nicht erkennen, ob sein Arbeitsvertrag wirksam befristet ist oder nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt. Dies eröffnete die Möglichkeit, darüber zu streiten, ob die schriftliche Annahme im Zeitpunkt des Vertragsbeginns bereits erklärt war. Auch ein derartiger Streit sollte durch das Schriftformerfordernis verhindert werden.

47(c) Der Beklagte macht ohne Erfolg geltend, dass die Wahrung der in § 550 BGB bzw. in der Vorgängerregelung des § 566 BGB aF bestimmten Schriftform für langfristige Mietverträge nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die Einhaltung der äußeren Form voraussetzt ( - Rn. 24; vgl. auch - XII ZR 68/02 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 160, 97). Dies gilt aufgrund des unterschiedlichen Schutzzwecks für das Schriftformgebot des § 14 Abs. 4 TzBfG nicht.

48(aa) Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB dient in erster Linie dem Informationsbedürfnis eines späteren Grundstückserwerbers, dem durch die Schriftform die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich von dem Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten. Dafür genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine der äußeren Schriftform entsprechende Mietvertragsurkunde. Auch die zusätzlich mit der Schriftform des § 550 BGB verfolgten Zwecke, die Beweisbarkeit langfristiger Abreden sicherzustellen und die Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu warnen, werden danach durch die bloße Einhaltung der äußeren Form gewahrt. Die Beweisfunktion sei erfüllt, wenn die Vertragsbedingungen in der von beiden Parteien unterzeichneten Mietvertragsurkunde verkörpert seien und durch sie in ausreichender Weise bewiesen werden könnten. Der Warnfunktion sei dadurch Genüge getan, dass beide Parteien die Vertragsurkunde unterzeichnet haben ( - Rn. 25 - 29).

49(bb) Demgegenüber dient das Schriftformerfordernis für die Befristung von Arbeitsverträgen in § 14 Abs. 4 TzBfG nicht dem Schutz Dritter, sondern ausschließlich dem Schutz der Parteien. Die Vertragsparteien sollen nicht vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen gewarnt werden, vielmehr soll der Arbeitnehmer bei Vertragsbeginn durch Lesen der Vertragsvereinbarungen erkennen können, dass er keinen Dauerarbeitsplatz erhält, um ggf. den Vertragsschluss zu Gunsten anderer Angebote ablehnen zu können ( - zu B I 4 a aa der Gründe, BAGE 113, 75). Das setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn die vom Arbeitgeber unterzeichnete Vertragsurkunde über die Befristungsabrede bereits zugegangen ist. Allein die äußere Schriftform genügt auch der Beweisfunktion nicht, da es für die Wirksamkeit der Befristung bei einem Arbeitsvertrag - anders als bei einem Mietvertrag - entscheidend auf den Zeitpunkt des Zustandekommens der Befristungsabrede ankommt. Die Parteien eines langfristigen Mietvertrags können die Beurkundung eines zunächst formlos geschlossenen Vertrags jederzeit nachholen. Der Vertrag gilt dann von Anfang an als in der gesetzlich vorgeschriebenen Form abgeschlossen (vgl.  - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 97). Dagegen kann die Beurkundung einer formlos geschlossenen Befristungsabrede nicht ohne weiteres nachgeholt werden. Die Parteien können allenfalls das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis nachträglich befristen. Das setzt neben den auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichteten Willenserklärungen der Parteien voraus, dass ein die Befristung rechtfertigender sachlicher Grund ( - Rn. 12; - 7 AZR 198/04 - zu B I 4 b der Gründe, aaO) oder die Voraussetzungen einer Befristung nach § 1 Abs. 2 WissZeitVG vorliegen.

50(2) Entgegen der Ansicht des Beklagten war der Zugang der Annahmeerklärung beim Kläger auch nicht wegen Verzichts nach § 151 BGB entbehrlich. Es ist schon zweifelhaft, ob ein Verzicht auf den Zugang der Annahmeerklärung wirksam wäre. Der Formzwang für das Rechtsgeschäft beruht nicht auf einer Absprache der Parteien, sondern auf einer gesetzlichen Anordnung. Über die sich aus der Verletzung eines konstitutiven gesetzlichen Schriftformerfordernisses ergebenden Rechtsfolgen können die Vertragsparteien regelmäßig nicht disponieren ( - Rn. 17). Dies kann jedoch dahinstehen. Der Kläger hat durch die Aufnahme seiner Tätigkeit am nicht auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet. Der Kläger hat vielmehr seine Arbeitsleistung entsprechend dem vom Beklagten vorformulierten Vertragstext in der Erwartung erbracht, dass der Beklagte diese annimmt und damit sein Vertragsangebot akzeptiert.

51(3) Der Mangel der Schriftform ist nicht dadurch geheilt, dass dem Kläger die beiderseits unterzeichnete Vertragsurkunde am zugegangen ist. Das bei Vertragsbeginn nach § 16 Satz 1 TzBfG entstandene unbefristete Arbeitsverhältnis ist nicht nachträglich befristet worden, da es an den auf die Herbeiführung dieser Rechtsfolge gerichteten Willenserklärungen der Parteien fehlt.

523. Dem Kläger ist es nicht nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die fehlende Schriftform der Befristungsabrede zu berufen.

53a) Die Berufung auf einen Formmangel durch eine Vertragspartei ist nur ausnahmsweise treuwidrig. Dies kann wegen des Verbots widersprüchlichen Verhaltens der Fall sein, wenn der Vertragspartner trotz des Formmangels auf die Gültigkeit des Vertrags vertrauen durfte und die den Formmangel geltend machende Vertragspartei sich zu ihrem vorhergehenden Verhalten in Widerspruch setzt ( - Rn. 24; - 7 AZR 289/04 - zu I 3 a der Gründe, BAGE 114, 146).

54b) Es gibt vorliegend keine Umstände, welche die Rechtsausübung des Klägers als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen könnten. Der Kläger verhält sich nicht widersprüchlich. Er hat seinerseits alles Erforderliche zur Einhaltung der Schriftform getan. Die Unwirksamkeit der Befristungsabrede beruht nicht auf der Aufnahme der Tätigkeit durch den Kläger, sondern darauf, dass der Beklagte die Arbeitsleistung des Klägers entgegengenommen hat, ohne zuvor den Zugang der auch von ihm unterzeichneten Befristungsabrede beim Kläger bewirkt zu haben.

55II. Der Klageantrag zu 3. fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist auf die Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Befristungskontrollantrag gerichtet. Die Entscheidung des Senats hierüber wird mit der Verkündung rechtskräftig.

56C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2016:141216.U.7AZR797.14.0

Fundstelle(n):
BB 2017 S. 948 Nr. 17
DStR 2017 S. 12 Nr. 19
DStR 2017 S. 2752 Nr. 50
DStR 2018 S. 362 Nr. 7
JAAAG-41893