BSG Beschluss v. - B 12 KR 70/16 B

Instanzenzug: SG Lübeck Az: S 33 KR 106/11vorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Az: L 5 KR 145/14 Urteil

Gründe

1Die Beteiligten streiten in dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit darüber, ob die Beigeladene zu 1. in ihrer für das "Maklerbüro" des Klägers in der Zeit vom bis ausgeübten Tätigkeit als Immobilienmaklerin wegen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterlag. Der beklagte Rentenversicherungsträger hatte nach einer Betriebsprüfung hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. (nur) eine Feststellung des Bestehens von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung getroffen.

2Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Schleswig-Holsteinischen ist in entsprechender Anwendung von § 169 S 2 und 3 SGG als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

3Das BSG darf gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder

- das angefochtene Urteil von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder

- bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).

4Mit der Behauptung, die Berufungsentscheidung sei inhaltlich unrichtig, lässt sich die Zulassung der Revision demgegenüber - der Ausrichtung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens entsprechend - nicht erreichen.

51. Der Kläger beruft sich in seiner knappen Beschwerdebegründung vom allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Hierzu muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerwG NJW 1999, 304 und BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

6Der Kläger sieht "ungeklärte Rechtsfragen" insbesondere darin,

"dass die allgemeine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Selbständigkeit nicht ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des Maklerstandes auf den Berufszweig der Makler übertragen werden kann",

weil dabei

"die für einen Makler spezifische Sachwaltertätigkeit, seine sich aus der Natur seiner Tätigkeit ergebende besondere Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie seine besondere wirtschaftliche Funktion berücksichtigt"

werden müsse.

7Er erläutert die grundsätzliche Bedeutung der Sache damit, dass eine höchstrichterliche Entscheidung über die Selbstständigkeit bzw Nichtselbstständigkeit von Maklern bisher fehle und ein allgemeines Interesse daran bestehe, die rechtlichen Grenzen der Selbstständigkeit für den Berufszweig der Makler (Immobilienmakler, Finanzmakler, Schiffsmakler, sonstige Handelsmakler) genau herauszuarbeiten und festzulegen. Sodann beschreibt der Kläger den Personenkreis der Makler als großen Berufszweig, der verschiedene Formen der Zusammenarbeit kenne, innerhalb dieser verschiedenen Organisationsformen traditionell von selbstständiger Tätigkeit geprägt sei und sich von anderen Gewerbetreibenden unterscheide, weil Makler Rechtsanwälten ähnlich Sachwalter fremder Interessen und im Prinzip Freiberufler seien. Schließlich gründet er seine Annahme der Klärungsbedürftigkeit darauf, dass in erster Instanz teilweise unterschiedlich geurteilt worden sei und dort offenbar Rechtsunsicherheit hinsichtlich der anzuwendenden rechtlichen Grundsätze bestehe.

8Der Kläger legt mit diesem Vorbringen den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) nicht in der gebotenen Weise dar. Er bezeichnet schon keine konkrete(n), hinreichend klare(n) Rechtsfrage(n), die in einem späteren Revisionsverfahren zu beantworten wäre(n), sondern wünscht, dass das BSG in einem Revisionsverfahren - nach der Art eines Rechtsgutachtens - Fragen nach dem sozialversicherungsrechtlichen Status von Maklern abstrakt kläre.

9Der Kläger legt außerdem die Klärungsbedürftigkeit möglicher Fragen zu dem hier einschlägigen Themenkreis nicht in der gebotenen Weise dar. Hierzu genügt weder sein Hinweis, dass der sozialversicherungsrechtliche Status von Maklern in Entscheidungen der ersten Instanz unterschiedlich beurteilt werde, noch der Vortrag, über diesen sei höchstrichterlich noch nicht entschieden worden. Eine Rechtsfrage zur Statusbewertung muss auch dann als höchstrichterlich geklärt angesehen werden, wenn das Revisionsgericht sie zwar - für einzelne Berufsgruppen oder bestimmte Tätigkeitsfelder (hier: den Personenkreis der Makler) - noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung der anzuwendenden gesetzlichen Vorschrift - vorliegend des § 7 Abs 1 S 1 SGB IV - jedoch schon viele höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben. Hier kommt es dann in der Regel (lediglich) auf die Anwendung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf einen bestimmten Sachverhalt - eine bestimmte Berufsgruppe oder ein bestimmtes Tätigkeitsfeld - an, was die Klärungsbedürftigkeit nicht zu begründen vermag (vgl schon BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 10-13; - Juris RdNr 8; - Juris RdNr 16; - Juris RdNr 9). Ergeben sich hinsichtlich der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage Zweifel, muss die Beschwerde diese ausräumen. Hierzu gehört auch, die bereits vorliegende höchstrichterliche Rechtsprechung auf mögliche Hinweise zur Beantwortung der formulierten Frage hin zu untersuchen und damit Klärungsbedarf herauszuarbeiten. Letzteres versäumt der Kläger.

10Soweit der Kläger darüber hinaus auf die wegen ihrer spezifischen Sachwaltertätigkeit bestehende besondere Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Maklern hinweist, den Unterschied zu "anderen gewerblichen Berufsgruppen" hervorhebt und hiermit das Leitbild des Maklers als selbstständigem Gewerbetreibenden anspricht, wie es etwa dem Handelsrecht zugrunde liegt (vgl §§ 93 ff Handelsgesetzbuch <HGB>), begründet er auch nicht in der gebotenen Weise, warum dieses Leitbild wegen eines (strikten) Gebots der Parallelwertung - (etwa) ohne Anwendung der zu § 7 Abs 1 S 1 SGB IV richterrechtlich entwickelten Abgrenzungsmerkmale - für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung zu übernehmen wäre (vgl die zur Anwendung handelsrechtlicher "Parameter" bei der Statusbewertung von Handelsvertretern - §§ 84 ff HGB - und Frachtführern - §§ 407 ff HGB - bestehende Senatsrechtsprechung, nachgewiesen bei Bernsdorff, DB 2014, 1551, 1552 Fn 2 und 3).

11Nach alledem rügt der Kläger der Sache nach lediglich, dass das LSG bei der Beurteilung des konkreten Einzelfalls der Beigeladenen zu 1. zu einem falschen Ergebnis gelangt sei. Auf die - vermeintliche - Unrichtigkeit der Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht kann eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) jedoch nicht gestützt werden.

122. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

133. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

144. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 2, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Es war der Auffangstreitwert festzusetzen, weil Gegenstand des der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreits nicht (auch) die später erhobene Beitrags(nach)forderung des beklagten Rentenversicherungsträgers war.

Fundstelle(n):
PAAAG-38622