Gesetzgebung | Geplante Änderungen bei der Mehrwertsteuer (Kommission/Bundesrat)
Der Bundesrat hat zu diversen Vorschlägen der EU-Kommission zur
Änderung bzw. Modernisierung der Mehrwertsteuer Stellung
genommen.
Im Einzelnen geht es um folgende Vorhaben:
1. Modernisierung der Mehrwertsteuer für den grenzübergreifenden elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (B2C)
Hierzu: Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen, BR-Drucks. 728/16 vom 01.12.2016.
Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 728/16 (Beschluss) vom 10.02.2017):
Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die Mehrwertsteuer für den grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern zu modernisieren.
Er begrüßt auch die vorgesehene Aufhebung der Einfuhrumsatzsteuerbefreiung für Kleinsendungen aus Drittstaaten. Diese Befreiung führt gegenwärtig zu einer Benachteiligung von in der EU ansässigen Unternehmern.
Die mit dem Vorschlag verbundene Ausdehnung des Bestimmungslandprinzips bedarf hingegen einer sorgfältigen Prüfung. […]
Der Bundesrat hat Bedenken, für das Führen von Aufzeichnungen die Vorschriften desjenigen Mitgliedstaats anzuwenden, in dem der leistende Unternehmer ansässig ist. […]
Er bittet die Bundesregierung, in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene die vorstehenden Bedenken aufzugreifen.
2. Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer
Hierzu: Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, BR-Drucks. 729/16 vom 01.12.2017
Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 729/16 (B) vom 10.02.2017):
Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, und hier insbesondere der KMU, durch eine Minimierung der mehrwertsteuerlichen Pflichten im grenzüberschreitenden elektronischen Geschäftsverkehr zu gewährleisten.
Der Vorschlag ist Teil des Legislativpakets zur Modernisierung der Mehrwertsteuer für den grenzübergreifenden elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern (Business-to-Consumer).
Gegen dieses Legislativpaket bestehen grundsätzliche Bedenken; insoweit wird auf die entsprechende Stellungnahme des Bundesrates zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (s.o. BR-Drucksache 728/16) verwiesen.
Die Notwendigkeit der Einrichtung eines automatischen Zugangs für die Kommission auf in den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Mini-One-Stop-Shop (MOSS)-Verfahren gespeicherte Informationen vermag der Bundesrat nicht zu erkennen. […]
Vor dem Hintergrund der Steueraufsicht und der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs erscheint es dem Bundesrat nicht sinnvoll, dass behördliche Ermittlungen (Prüfungsmaßnahmen bei dem Unternehmer) grundsätzlich dem Mitgliedstaat der Identifizierung vorbehalten sind.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene die vorstehenden Bedenken aufzugreifen.
3. Mehrwertsteuersätze für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften
Hierzu: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze für Bücher, Zeitungen und Zeitschriften, BR-Drucks 732/16 vom 01.12.2016.
Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 732/16 (B) vom 10.02.2017):
Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Kommission, allen Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, die von ihnen derzeit auf Druckveröffentlichungen angewendeten ermäßigten Mehrwertsteuersätze auch auf elektronische Veröffentlichungen anzuwenden.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, im weiteren Verfahren dafür Sorge zu tragen, dass die in Artikel 1 Nummer 3 des Richtlinienvorschlags (Anhang III Nummer 6) genannten Lieferungen auch in elektronischer Form künftig dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Das Vorhaben der Kommission, den Anwendungsbereich für stark ermäßigte oder Nullsteuersätze über die in Ziffer 1 genannten Leistungen hinaus zu vergrößern, sieht der Bundesrat jedoch mit großer Sorge. […]
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene die vorstehenden Bedenken aufzugreifen.
4. Umkehrung der Steuerschuldnerschaft bei Überschreitung eines bestimmten Schwellenwerts
Hierzu: Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf die befristete generelle Umkehrung der Steuerschuldnerschaft auf Lieferungen bestimmter Gegenstände und Dienstleistungen über einem bestimmten Schwellenwert, BR-Drucks. 820/16 vom 23.12.2016.
Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drucks. 820/16 (B) vom 10.02.2017):
Der Bundesrat begrüßt die Initiative der Kommission zur Einführung einer generellen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge-Verfahren).
Die schon heute zulässigen, allerdings auf einzelne Leistungen und Branchen beschränkten Reverse-Charge-Verfahren reichen zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs nicht aus. […]
Der Vorschlag kann daher die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs erheblich erweitern, ohne dass vom Mehrwertsteuerbetrug weniger betroffene Mitgliedstaaten am generellen Reverse-Charge-Verfahren teilnehmen müssen. […]
Der Bundesrat hält eine Prüfung des vorgesehenen Schwellenwerts hinsichtlich der Höhe und des sachlichen Anknüpfungspunkts für notwendig, um die Praxistauglichkeit eines generellen Reverse-Charge-Verfahrens sicherstellen. […]
Er gibt zu bedenken, dass angesichts der restriktiven Voraussetzungen der Kreis der für die Einführung einer generellen Umkehrung der Steuerschuldnerschaft in Betracht kommenden Mitgliedstaaten zu sehr beschränkt ist. […]
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene die vorstehenden Bedenken aufzugreifen.
Quelle: Bundesrat online , TOP 77a bis 77d (il)
Fundstelle(n):
OAAAG-37500