BFH Beschluss v. - V B 87/00

Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH, begehrt den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) für Umsätze durch Überlassung von Bibliothekssoftware.

Die Klägerin hat für den deutschen Markt das ausschließliche Recht erhalten, die Bibliothekssoftware Z an Abnehmer zu lizenzieren, zu vermarkten und Veränderungen am Quell-Code der Software und an der Softwaredokumentation vorzunehmen. Sie hat die erworbene Software in die deutsche Sprache übersetzt und sie an die Bedürfnisse des deutschen Marktes angepasst. Die Software ist für alle Anforderungen in der Bibliotheksverwaltung geeignet, auf unterschiedlichen technischen Plattformen einsetzbar und netzwerkfähig. Der Benutzer kann mit ihrer Hilfe Katalogisierungs-, Ansetzungs-, Ausleihe-, Erwerbungs- und Benutzerkatalogarbeiten ausführen.

Die Klägerin vereinbarte mit ihren Kunden die Überlassung von Programmen und die Herbeiführung der Funktionsfähigkeit auf bestimmten EDV-Anlagen und Geräten. Sie übernahm auch die Wartung und Pflege der Programme.

Entsprechende Leistungen erbrachte eine Organgesellschaft der Klägerin durch Überlassung eines älteren Programms zur Automatisierung von Bibliotheken.

Weil die Klägerin keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Besteuerungsgrundlagen für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Juli 1997 und änderte diese Steuerfestsetzungen, nachdem die Klägerin daraufhin Voranmeldungen abgegeben hatte. Das FA besteuerte die Umsätze für Januar bis Juli 1997 und auch die Umsätze der Klägerin für September 1997 mit dem allgemeinen Steuersatz.

Den Einspruch der Klägerin, die ihrer Ansicht nach steuerermäßigte Umsätze nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG durch Überlassung von Software wegen Einräumung und Wahrnehmung von Rechten nach § 2 Abs. 2 i.V.m. § 69c des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) ausführte, wies das FA zurück. Mit der Klage machte die Klägerin geltend, sie sei berechtigt, Urheberrechte zu übertragen, weil sie den Quell-Code verändern dürfe. Dadurch, dass sie dem Leistungsempfänger die legale Nutzung der Software ermögliche, auf Verbietungsrechte nach § 97 UrhG verzichte und ihm die zustimmungsfreien Rechte nach § 69d UrhG (z.B. zur programmgestützten Suche in den Katalogen oder für Vorbestellungen) übertrage, erbringe sie steuerermäßigte Umsätze.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage als unbegründet ab.

Es führte zur Begründung u.a. aus, die Klägerin habe keine in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG bezeichneten Umsätze durch Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten aus dem Urheberrechtsgesetz ausgeführt, für die der Steuersatz 7 v.H. des Entgelts betrage. Bei der von ihr —ebenso wie von ihrer Organgesellschaft— vermarkteten Bibliothekssoftware handele es sich um Standardsoftware, die weltweit in Bibliotheken eingesetzt und nur an die Bedürfnisse des einzelnen Kunden angepasst, aber nicht für ihn speziell entwickelt worden sei. Unter Heranziehung der Grundsätze aus dem (BFHE 182, 423, BStBl II 1997, 372) legte das FG dar, die Klägerin habe ihren Kunden nur die zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Programms notwendigen in §§ 69d und 69e UrhG genannten Befugnisse übertragen, z.B. das Recht zum Starten des Programms, zur Bearbeitung und zur Anfertigung von Sicherheitskopien im Rahmen der Anwendung des Computerprogramms und zur dauerhaften oder vorübergehenden Vervielfältigung. Diese Rechte stünden dem Erwerber der Software und jedem berechtigten Anwender kraft Gesetzes zu, weil sie für die Benutzung —nicht aber für eine weiter gehende Verwertung— erforderlich oder zumindest nützlich seien. Einer rechtsgeschäftlichen Einräumung dieser mit dem Erwerb der Software erlangten Rechte bedürfe es nicht. Selbst wenn der Veräußerer dem Erwerber diese Rechte mit dem Eigentum am Datenträger übertragen hätte, könnte er damit nur eine unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Datenträgers erbracht haben.

Nur wenn dem Kunden über die dem berechtigten Nutzer zustehenden Befugnisse hinaus weiter gehende Rechte (wie z.B. das Recht zur Weiterentwicklung, Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung oder sonstiger Verwertung) übertragen worden seien, sei, wie der (BFH/NV 1997, 814) entschieden habe, ein nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG steuerermäßigter Umsatz vorhanden. Weiter gehende Rechte habe die Klägerin aber nicht übertragen.

Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Abweichung der Vorentscheidung von dem Beschluss des BFH in BFH/NV 1997, 814 (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—).

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die Revision ist nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der Vorentscheidung von Grundsätzen in dem Beschluss des BFH in BFH/NV 1997, 814 zuzulassen.

Insoweit genügt die Beschwerde nicht den Anforderungen, die nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO zur Darlegung der Abweichung erfüllt werden müssen. Die Klägerin bezeichnet keinen entscheidungserheblichen Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil und keinen abstrakten Rechtssatz aus der Entscheidung des BFH so genau, dass eine Abweichung erkennbar wird, weil die gegenübergestellten Rechtsgrundsätze unvereinbar sind (BFH-Beschlüsse vom II B 36/90, BFHE 161, 418; vom I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Die Klägerin behauptet eine Abweichung nur.

Abgesehen davon, liegt auch keine Abweichung des FG von der bezeichneten Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vor; denn das FG hat seiner Entscheidung die Grundsätze aus dem erwähnten Beschluss und aus dem am selben Tag ergangenen Urteil in BFHE 182, 423, BStBl II 1997, 372 zur Abgrenzung von Umsätzen durch Überlassung von Standardsoftware und Individualsoftware zugrunde gelegt. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des BFH ist das FG zu der Auffassung gelangt, dass die Klägerin keine in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG bezeichneten Leistungen erbracht habe. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO ist nicht schon deshalb vorhanden, weil das FG —wie die Klägerin meint— die Grundsätze aus dem Beschluss in BFH/NV 1997, 814 im Streitfall falsch angewendet habe. Eine etwaige unzutreffende Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall bedeutet keine Abweichung von den abstrakten Grundsätzen für die Entscheidung über eine Rechtsfrage.

2. Im Übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2001 S. 213 Nr. 2
EAAAA-65809