BFH Beschluss v. - III R 37/99

Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) brachte im Kalenderjahr 1993 (Streitjahr) das von ihm betriebene Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven in die P-GmbH als Sacheinlage ein. Im Zuge einer von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt —FA—) durchgeführten Betriebsprüfung wurde der vom Kläger berechnete Geschäftsaufgabegewinn zum erhöht. Das FA erließ dementsprechend am einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) forderte den damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger (Prozessbevollmächtigter erster Instanz) unter Fristsetzung und Hinweis auf § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Vorlage einer schriftlichen Prozessvollmacht auf. Die mit Postzustellungsurkunde zugestellte Verfügung des wurde an die auf dem Briefkopf des Klageschriftsatzes genannte Adresse des Prozessbevollmächtigten erster Instanz gesandt und am durch Niederlegung zugestellt. Eine schriftliche Prozessvollmacht der Kläger wurde gleichwohl innerhalb der Ausschlussfrist bis nicht vorgelegt. Mit Schreiben vom trug der Prozessbevollmächtigte erster Instanz vor, die Verfügung des nicht erhalten zu haben, da er für einige Zeit seinen Hauptwohnsitz nach Spanien verlegt habe. Gleichzeitig beantragte er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Am reichte der Prozessbevollmächtigte ferner auf ihn lautende Prozessvollmachten der Kläger nach. Mit Schriftsatz vom teilte er weiter auf Nachfrage des Gerichts mit, er habe am zwar eine Benachrichtigung über die Niederlegung bekommen, das Schreiben jedoch bei der Post nicht abgeholt, da für ihn nicht erkennbar gewesen sei, dass es sich um ein Schriftstück des FG gehandelt habe.

Das FG wies die Klage als unzulässig ab, da der Prozessbevollmächtigte erst nach Ablauf der gesetzten Ausschlussfrist Vollmachten der Kläger bei Gericht eingereicht habe. Die Frist zur Vorlage der Vollmacht sei wirksam gesetzt worden, insbesondere sei es für die Wirksamkeit der Zustellung nicht relevant, dass das Schreiben nicht abgeholt worden sei. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht entsprochen werden, da der Bevollmächtigte der Kläger die Ausschlussfrist schuldhaft versäumt habe. Dieses Verschulden müssten sich die Kläger zurechnen lassen. Das FG ließ die Revision nicht zu.

Mit Schriftsatz vom legte der Prozessbevollmächtigte erster Instanz gegen das Urteil des FG Revision ein. Die Revision wurde von dem nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Kläger begründet. Das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Verfügung vom eine wirksame Ausschlussfrist gemäß § 62 Abs. 3 FGO in Lauf gesetzt habe. Da der zustellenden Postbehörde bekannt gewesen sei, dass der Prozessbevollmächtigte erster Instanz seinen Hauptwohnsitz nach Spanien verlegt hatte, habe eine Zustellung nicht durch Niederlegung rechtswirksam erfolgen können. Da mit Postzustellungsurkunde zugestellte Behördenpost dem Empfänger zudem an den Hauptwohnsitz gesandt werden müsse, habe der Prozessbevollmächtigte erster Instanz auch nicht schuldhaft gehandelt. Einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte daher entsprochen werden müssen.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unzulässig. Sie war daher durch Beschluss zu verwerfen (§ 124 Abs. 1, § 126 Abs. 1 FGO).

Nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) findet abweichend von § 115 Abs. 1 FGO die Revision nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen hat. Diese Voraussetzungen, auf die das FG in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils zutreffend und umfassend hingewiesen hat, sind im Streitfall nicht erfüllt.

Die Revision ist auch nicht als zulassungsfreie Revision i.S. des § 116 FGO statthaft, da die Kläger in der Revisionsbegründung keinen der in § 116 Abs. 1 FGO abschließend aufgeführten schweren Verfahrensfehler schlüssig gerügt haben. Das Vorbringen der Kläger, das FG habe § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO falsch angewandt oder jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähren müssen, gehört nicht zu den Gründen für eine nach § 116 Abs. 1 FGO zulassungsfreie Revision. Soweit es sich dabei nicht ohnehin um eine bloße Sachrüge handelt, könnte ein derartiger Mangel allenfalls im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden (vgl. hierzu , BFH/NV 1999, 187, m.w.N.). Denn die Kläger gehen in ihrem Vortrag von einer vorhandenen und nicht von einer fehlenden Bevollmächtigung ihres Prozessvertreters vor dem FG aus. Sie rügen also nicht i.S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO, dass sie vor dem FG nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen seien, sondern behaupten das Gegenteil (vgl. Beschlüsse des erkennenden Senats vom III R 80/87, BFH/NV 1988, 321, und vom III R 68/88, BFH/NV 1989, 377).

Das Rechtsmittel kann auch nicht in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden. Hiergegen sprechen —abgesehen von grundsätzlichen Erwägungen (s. , BFH/NV 1998, 992)— auch die im Streitfall gewählten Formulierungen. Denn die Kläger haben sich nicht erst um die Zulassung eines Rechtsmittels gegen das FG-Urteil bemüht, sondern sich unmittelbar gegen dieses gewandt: In ihrem Revisionsantrag vom haben die Kläger die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das FG beantragt. Sie haben diesen Antrag —trotz des Hinweises auf die mögliche Unzulässigkeit des Rechtsmittels im Beklagtenschriftsatz vom — in ihrem Erwiderungsschriftsatz vom nochmals bekräftigt.

Fundstelle(n):
BFH/NV 2000 S. 1125 Nr. 9
PAAAA-65558